Nach elf Jahren Wartezeit öffnen sich endlich wieder die Tore zur Hölle. Wir haben Diablo 4 bereits durchgespielt und klären im Test, ob sich die lange Wartezeit gelohnt hat.
Es gab wohl nie eine bessere Zeit, um Diablo-Fan zu sein. Diablo 3 schießt nach jahrelangen Updates mit Season 28 aus allen Rohren, Diablo 2 steht dank der gelungenen Ressurected Neuauflage in voller Blüte und selbst Diablo Immortal ist eine solide, wenn auch nicht unumstrittene Mobile-Alternative.
Und dann erscheint zu allem Überfluss nach schier unvorstellbar langer Wartezeit tatsächlich Diablo 4. Und schon einmal vorweg: Das Warten hat sich gelohnt!
Worum geht es in Diablo 4?
Zugegeben, die wenigsten werden Diablo für die Story spielen. Das bedeutet aber nicht, dass Blizzard sich bei der überaus düsteren und makaberen Inszenierung keine Mühe gegeben hätte. Statt des namensgebenden Höllenfürsten steht diesmal Schurkin Lilith im Mittelpunkt. Die Tochter Mephistos ist mitverantwortlich für die Erschaffung Sanktuarios, also dem Menschenreich von Diablo, das immer wieder als Kriegsschauplatz für den ewigen Konflikt zwischen Himmel und Hölle herhalten muss.
Im offiziellen Trailer könnt ihr euch einen Überblick über die Story verschaffen:
Liliths Einfluss dringt tief in das Herz der Menschen ein und setzt damit ihre dunkelsten Tendenzen frei. Bereits zum Spielbeginn präsentiert sich Diablo 4 von seiner trostlosesten und brutalsten Seite. Lang vorbei ist die Zeit, als der Grafikstil von Diablo 3 als kindgerecht und comichaft verschrien wurde.
Erzählt wird die Geschichte dieses Mal wieder in einem Mix aus Render-Videos in gewohnt hoher Blizzard-Qualität und Ingame-Zwischensequenzen, die ebenfalls absolut überzeugen können. Das ist auch gut so, denn durch die fantastische Inszenierung wird der Geschichte ein gewisses Gewicht verliehen. Schließlich steht mit Lilith eher ein Nebencharakter der Diablo-Lore im Mittelpunkt, wodurch sich die Handlung teilweise wie ein Spin-Off statt wie ein neuer Teil der Kernreihe anfühlt.
In der zweiten Hälfte der insgesamt sechs Story-Akte kommen eingefleischte Diablo-Fans aber natürlich dennoch voll auf ihre Kosten, zumal das Hauptspiel nur den Auftakt der Geschichte darstellt und wenig Zweifel darüber zulässt, dass diese in zukünftigen Erweiterungen weitererzählt wird.
2 + 3 = 4? Das Beste aus beiden Welten
Die Vorgänger Diablo 2 und 3 haben ganz eigene Stärken und Schwächen. Diablo 4 versucht hingegen, das Beste aus beiden Teilen zu vereinen.
So verfügt jede Klasse wie in Diablo 2 über einen komplexen Talentbaum, der eine große Build-Vielfalt ermöglicht. Im Endgame spielt die Suche nach passenden Items wieder eine große Rolle, statt wie in Diablo 3 eines der vorgefertigten Sets zusammenzustellen und im Anschluss nur noch Paragonstufen zu grinden.
Demgegenüber hatte Diablo 3 dank des Abenteuermodus im Endgame die Nase vorn, eine Stärke, die Diablo 4 noch weiter ausbaut. Ob Albtraum-Dungeons, Kopfgelder, Events, Weltbosse, Nebenquests, PVP-Gebiete oder Höllenflut, immer gibt es etwas zu tun.
Zwei weitere Stärken, die aus Diablo 3 übernommen wurden, sind das allgemeine Gameplay-Gefühl und die Seasons. Jeder Schlag ist wuchtig, jeder Zauber fühlt sich mächtig an, der Sound knirscht und scheppert überzeugend – Die Kämpfe in Diablo 4 fühlen sich einfach gut an. Darüber hinaus wurden sie gegenüber Diablo 3 angenehm entschleunigt. Es spielt durchaus eine Rolle, wo ihr euch im Kampf positioniert, welche Gegner ihr zuerst ausschaltet, welchen Flächenangriffen ihr ausweicht und welche Talente ihr auswählt, statt wie im Vorgänger mit einem einzigen Schlaf ganze Gegnergruppen zu dezimieren.
Wie sich Diablo 4 spielt, könnt ihr euch im Gameplay-Trailer ansehen:
Die Seasons aus Diablo 3 sind außerdem ein guter Indikator, wie es in den kommenden Monaten und Jahren mit Diablo 4 weitergehen wird. So soll jede Season einen einzigartigen Gameplay-Kniff bieten und auch das Balancing der Klassen und Builds langfristig korrigieren. Bereits in den bisherigen Beta-Phasen hat man bei Blizzard demonstriert, bereit dafür zu sein Anpassungen vorzunehmen, wenn bestimmte Spielstile zu schwach oder zu mächtig ausfallen.
Schließlich besteht genau darin einer der größten Reize in Diablo: Euren ganz eigenen Build und Spielstil zu entwickeln und dann die passenden Items finden, um das Maximum herauszuholen.
Offene Fragen
In unserer Testversion konnten wir zwar das gesamte Spiel mit allen Endgame-Inhalten durchspielen, dennoch gibt es nach wie vor eine Reihe Features, zu der noch kein endgültiges Urteil möglich ist. Schließlich ist Diablo 4 ein Online-Spiel mit Shared World und bietet obendrein einen Battle Pass. Wie sich der Battle Pass und die Multiplayer-Inhalte in den Spielfluss integrieren werden, lässt sich erst ab dem Launch beurteilen.
Das Gleiche gilt für das Handeln mit Gegenständen. Während das komplett offene Trading in Diablo 2 das eine Extrem darstellt, spielt es in Diablo 3 seit der Abschaltung des berüchtigten Auktionshauses praktisch gar keine Rolle mehr. Auch in dieser Hinsicht will Diablo 4 einen Mittelweg gehen, dessen Auswirkungen erst in ein paar Wochen vollständig eingeschätzt werden können.
Allen bisherigen Informationen zufolge wird Diablo 4 aber keine Pay-2-Win-Elemente beinhalten. Alle Inhalte des Battle Pass, die sich auf den Spielfluss auswirken, etwa XP-Boosts, sind ausschließlich Teil des kostenlosen Tracks und müssen freigespielt werden. Die Premium-Inhalte des kostenpflichtigen Tracks sollen hingegen Transmogs und andere, kosmetische Elemente beinhalten. Die Sorge darüber, wie aggressiv der Battle Pass und weitere Shop-Inhalte im laufenden Spiel beworben werden, ist vor allem angesichts der jüngsten Erfahrungen mit Diablo Immortal aber dennoch berechtigt.
Unklar ist auch, ob einige der technischen Mängel noch per Day-One-Patch behoben werden. Das elende Rubber Banding der Beta stellte zwar kein Problem mehr dar, trotzdem kam es gerade in den Städten immer wieder zu Lags und Framerate-Einbrüchen. An einer Stelle ist das Spiel außerdem komplett abgestürzt.
Test-Fazit
Das Warten hat sich gelohnt, denn Diablo 4 schafft es, die alten Stärken der Reihe in ein zeitgemäßes Gewand zu hüllen. Jede der fünf Klassen lässt sich auf mehrere unterschiedliche Builds spezialisieren, mit dem Druiden und der Jägerin kehren zwei alte Bekannte zurück, die Inszenierung ist ebenso düster wie beeindruckend, die Endgame-Aktivitäten sind umfangreich und vielfältig und auch der Wechsel zur Open World fügt sich organisch in den Spielfluss ein.
Sollte es zum Start also zu keinem technischen Totalausfall kommen, hat Diablo 4 den ersten Schritt erfolgreich gemeistert und das ist erst der Anfang, schließlich soll das Spiel noch über Jahre hinweg gepflegt und erweitert werden.
Die erste Season startet im Juli, hoffentlich bleibt so genug Zeit, um etwaige Balance-Schwierigkeiten und technische Probleme zu lösen. Wer das Spiel also nicht vorbestellen will, um sich einige Tage Vorabzugang zu sichern, hat damit auch keinen Nachteil für das bevorstehende Rennen an die Spitze der Ranglisten.
Diablo 4 erscheint am 6. Juni für PlayStation 4 und 5, Xbox Series, Xbox One und Microsoft Windows PC. Vorbesteller der Deluxe Edition können bereits am 2. Juni ihr Abenteuer starten.
Wertung
“Diablo 4 vermischt gekonnt die Stärken der Vorgänger zu einem zeitgemäßen Gesamtpaket. Mit diesem Spiel werdet ihr jahrelang Spaß haben.”