Nach Until Dawn und Man of Medan krabbelt Little Hope aus Supermassive Games‘ Horrorkiste, inklusive kleiner, ekliger Puppen, schreiender Geister sowie einer Gruppe von jungen Erwachsenen, die sich den Grauen einer verlassenen Stadt im Nebel stellen müssen. Und auch einem nicht ganz fertigen Spiel, wenn wir einmal ehrlich sind: Bereit für eine Geistergeschichte?
Was ist The Dark Pictures: Little Hope?
Nach dem berühmt-berüchtigten Until Dawn kletterte Entwickler Supermassive Games weiter hinab in den Horror-Abgrund und kündigte schließlich die The Dark Pictures Anthology an, eine Reihe von kleineren, halbwegs zusammenhängenden Schockern nach dem Prinzip von Until Dawn. Nur, dass jeweils andere Gruselgeschichten erzählt werden. Man of Medan ist die erste davon und ertränkte sich vor einem Jahr selbst im GIGA-GAMES-Test. Die neue Hoffnung ist Little Hope, die zweite Geschichte in der Reihe und mit einer gänzlich anderen Schauerprämisse: Ein Professor und seine Studenten landen nach einem Busunglück in der verlassenen Stadt Little Hope, angefüllt mit kichernden Kindern, die im Nebel verschwinden und brutalen Ungeheuern, denen es mit Quick-Time-Events zu entweichen gilt. Könnte das etwa mit der Hexenverfolgung zu tun haben, die im 17. Jahrhundert in Little Hope stattfand?
Es muss nur eine Nacht überlebt werden, doch das nicht bloß im Hier und Jetzt: Little Hope spielt auf zwei bis drei Zeitebenen, und was eben wie eine recht bekannte Story klang, wird im Spiel durch mehrere interessante Ideen zu einem bunten Potpourri aufgepeppt. Dazu kommen neben dem Singleplayer zwei weitere Koop-Modi: Der Shared-Story-Modus, in dem ihr mit Online-Freunden gemeinsam durch das Grauen der Stadt schleicht – und der Movie-Night-Modus, bei dem bis zu fünf Personen im Couch-Koop über eine Entscheidung abstimmen dürfen. Perfekt für Halloween, wenngleich die Online-Variante sinnvoller in Anbetracht der momentanen Situation ist.
Test-Fazit mit Stärken und Schwächen
The Dark Pictures: Little Hope schwankt zwischen Teenie-Trash-Spaß, einer zuweilen doch mitreißenden Story und einem originellen, aber miserabel umgesetzten Ende, das mit spitzen Fingernägeln am finalen Eindruck entlangschürft. Wenn ich an den Schocker denke, so geht mir als allererstes das Wort „Schade!“ durch den Kopf. Doch wenn ihr kein zweites Until Dawn erwartet und Grusel-Spaß für Zwischendurch sucht, ist es Little Hope wert, einen Blick von euch abzukriegen.
Stärken von The Dark Pictures: Little Hope
- Mitreißende und originelle Story
- Aufregender Twist in der Geschichte, den es herauszufinden gilt
- Englische Sprachausgabe lohnt sich!
- Shared-Story-Modus wie auch Movie-Night-Modus sehr spaßig
- Ansprechende Grafik
- Diese Jump-Scares!
Schwächen von The Dark Pictures: Little Hope
- Deutsche Sprachausgabe ist – leider – der Horror
- Bitte spielt auf Englisch!
- Verwirrend umgesetztes Ende: Was ist hier passiert?
- Einige Verzweigungen der Geschichte bleiben ungeklärt
- Taschenlampensteuerung ungeschickt
- Diverse Bugs, die mit Day-1-Patch verschwinden sollten
Eine unterhaltsame, originelle Reise
The Dark Pictures: Little Hope lädt wie auch Until Dawn und Man of Medan nicht zum typischen Horror-Spektakel ein, vielmehr ist der Monsterball gespickt mit kniffligen Quick-Time-Events, haarsträubenden Entscheidungen und der steten Drohung, dass ihr jeden Charakter jederzeit verlieren könntet. Und, oh boy, diese Prämisse wird auch eingehalten: Schon innerhalb der ersten Minuten lernt ihr, dass durchaus einfach alle sterben könnten. Während eure Charaktere, die ihr im Singleplayer-Modus alle immer wieder steuern dürft, einen Schritt nach dem anderen in jene monströse, neblige Welt des Schreckens wagen, kribbelt euer Bauch vor Anspannung: Wann werdet ihr angegriffen? Wie könnt ihr entkommen? Was müsst ihr tun, damit eure Favoriten die Horrorshow überleben?
Little Hope glänzt mit eben dieser kontinuierlichen Spannung, ebenso wie andere Entscheidungsspiele à la Detroit: Become Human oder eben Until Dawn damit ihre Folterwerkzeuge wetzen. Sicherheit gibt es nie, und gemeinerweise wachsen euch einige der Figuren auch noch ans Herz – von denen euch übrigens mindestens eine bekannt sein dürfte: Student Andrew wird von Will Poulter über Motion-Capturing ins Spiel geholt; Poulter spielt unter anderem in Midsommar, Black Mirror: Bandersnatch und der Maze-Runner-Reihe mit.
Insbesondere die Story hat es mir angetan: Wenn auch zuweilen klischeebehaftet und an einigen Ecken trashig, verbindet Little Hope auf originelle Art die Gegenwart mit zwei anderen Zeitebenen: Little Hope in den 70ern und – viel wichtiger – Little Hope am Ende des 17. Jahrhunderts, als in der Stadt etliche Frauen und Männer der Hexenverfolgung zum Opfer fielen. Die Zeitreisen sind keineswegs nur kleine Video-Sequenzen, nein, ihr könnt selbst Dinge in der Vergangenheit ändern ... oder doch nicht? Ein rätselhaftes Mädchen verbindet die Welten, und ihr Geheimnis aufzudecken ist der spannendste Moment im Spiel. Bravo, würde ich gerne sagen, und doch muss ich mit einem anderen Wort enden: Aber...
... wäre da nicht alles andere
Während die verzweigte Story wie auch die bösen Entscheidungen Little Hope zu einem spaßigen Gruselabenteuer gedeihen lassen, sind es technische Ungereimtheiten und das Ende – was ich nicht spoilern werde, natürlich – welche Supermassive Games‘ Potpourri an guten Ideen vermiesen.
Die deutsche Sprachausgabe scheint direkt von der Hölle ins Spiel gefallen zu sein, denn nicht nur ist sie hölzern – sie gibt euch anfangs auch das Gefühl, die Charaktere im Spiel wären allesamt schlecht geschrieben und unsympathisch. Das sind sie nicht! Auf den Schock des holprigen Anfangs hin habe ich die englische Version ausprobiert und siehe da: So viel besser. Der Unterschied der beiden Versionen erscheint mir derart eklatant, dass ich davon abraten würde, das Spiel überhaupt auf deutsch zu versuchen. Schade.
Und das ist nicht alles: Kleinere Bugs ließen mir auf der PS4 Pro keine Chance, einige der Quick-Time-Events zu schaffen; allerdings glaube und hoffe ich, diese Fehlerchen werden mit dem Day-1-Patch behoben. Woran sicherlich nicht mehr gewerkelt wird, ist aber das Ende – der größte Minuspunkt, der mich persönlich wütend und verwirrt zurückgelassen hat.
Keine Angst, ich werde das Ende nicht inhaltlich spoilern. Bezüglich des Gameplays jedoch scheint etwas Böses das Finale heimzusuchen, ein gemeiner, unerklärlicher Trick, der euch trotz nahezu perfekten Durchgang einfach so in den Rücken sticht. Ihr möchtet so spielen, dass alle überleben? Möchtet gute Entscheidungen treffen und alle Quick-Time-Events nahezu fehlerlos überstehen? Nun, das habe ich. Dachte ich. Bis mir plötzlich alles genommen wurde, in den letzten Sekunden des Spiel und über eine Mechanik hinweg, die mir zuvor nicht einmal erklärt wurde.
Das Überleben aller hängt nicht nur von euren Entscheidungen, den Quick-Time-Events oder der Story ab, nein: Es hängt vornehmlich davon ab, welche Eigenschaften ihr bei den einzelnen Figuren entsperrt habt. Was okay wäre, hätte euch das Spiel darauf hingewiesen. So jedoch hinterlässt es einen bitteren Nachgeschmack, trotz des sonst inhaltlich gelungenen Endes.
Little Hope scheint die neue Hoffnung nach Man of Medan zu sein, das immerhin nur mittelmäßig aufgrund von Bugs und Steuerung abschneiden konnte. Nun, eine neue Hoffnung ist Little Hope nicht – eher im Gegenteil, leider, denn wenngleich die Story mit Originalität und Kreativität überrascht, so schrumpft die Freude am Spiel für einige kurz vor dem Abspann. Schade.
The Dark Pictures: Little Hope dauert etwa vier bis fünf Stunden, bis ihr einen Durchlauf geschafft habt. Erscheinen soll das Horror-Adventure am 30. Oktober 2020 für PC, PS4 und Xbox One.
Wertung
“Der Horror in The Dark Pictures: Little Hope wird euch in seine knochigen Finger bekommen, technische Ungereimtheiten und Fehlentscheidungen im Gameplay allerdings auch.”