Laut der 20-Sekunden-Regel muss man auf Autobahnen nicht sofort rechts einscheren, sondern kann auf der mittleren oder linken Spur noch eine Weile weiter fahren. Stimmt das? Und was ist mit dem Rechtsfahrgebot, das ja das Gegenteil besagt? Muss ich mich nun an die 20-Sekunden-Regel oder das Rechtsfahrgebot halten?
Was ist die 20-Sekunden-Regel?
Die 20-Sekunden-Regel besagt: Autofahrer müssen auf (auf zweispurigen Autobahnen) auf die rechte Spur wechseln, wenn sie dort mit dem gleichen Tempo 20 Sekunden lang weiterfahren könnten. Das würde im Umkehrschluss bedeuten: Wenn euer nächster Überholvorgang absehbar ist, braucht ihr nicht sofort auf die rechte Spur wechseln, sondern könnt auf der linken Spur weiterfahren. Stimmt das wirklich?
Muss ich mich an die 20-Sekunden-Regel halten?
Nein. Die 20-Sekunden-Regel steht nicht in der Straßenverkehrsordnung (StVO). Allerdings steht dort in § 2 StVO das sogenannte Rechtsfahrgebot:
- Fahrzeuge müssen (…) von zwei Fahrbahnen die rechte .
- Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit.
Das bedeutet, Autofahren müssen zu jeder Zeit möglichst weit rechts fahren – und nicht erst, wenn sie dort mit gleichem Tempo 20 Sekunden lang weiterfahren könnten. Wenn Autofahrer im Straßenverkehr erst noch langsam bis 20 zählen würden, um die 20-Sekunden-Regel abzuschätzen, würde ihre Aufmerksamkeit außerdem von der Straße abgelenkt.
Rechtsfahrgebot wegen 20-Sekunden-Regel missachtet – was nun?
Wenn ihr wegen der 20-Sekunden-Regel das Rechtsfahrgebot nicht einhaltet, „weil da vorne ja noch einer war, den ihr noch überholen wolltet“, kann es ein Bußgeld von bis zu 80 Euro sowie einen Punkt in Flensburg geben. Da die 20-Sekunden-Regel in keinem Gesetz festgehalten ist, könnt ihr damit nur schwer vor der Polizei argumentieren. Das Rechtsfahrgebot hingegen steht ausdrücklich in § 2 der Straßenverkehrsordnung. Fahrt ihr also auf den linken beiden Spuren mit verminderter Geschwindigkeit, behindert ihr den von hinten kommenden Verkehr. Damit verleitet ihr zu gefährlichen Fahrmanövern ungeduldiger Verkehrsteilnehmern – diese agieren dann zwar ebenfalls falsch, doch diese Aktionen hättet ihr durch Einhalten des Rechtsfahrgebotes verhindern können.
Grundsätzlich sollten sich Autofahrer immer an das Rechtsfahrgebot halten und sich der Situation entsprechend angemessen verhalten. Die richtige Verhaltensweise kann je nach derzeitiger Straßenlage anders aussehen. Im Streitfall entscheiden die Gerichte und die können sowieso jeden Einzelfall bewerten wie sie wollen.
- Die 20-Sekunden-Regel entstand nur, weil das Oberlandesgericht (OLG) in Celle so in einem bestimmten Fall im Jahre 1968 entschieden hatte.
- 21 Jahre später besagte das OLG Düsseldorf, dass die vom OLG Celle aufgestellte Regel nur für zweispurige Straßen gelte. Bei drei Spuren sei dagegen die Dauer des möglichen Weiterfahrens mit gleicher Geschwindigkeit erheblich größer zu bemessen.
- Und das nächste Gericht wird vielleicht wieder anders entscheiden.