Hypes um Bitcoin & Co. lockt dubiose Anbieter an, die nur auf das große Geld aus sind. Woran erkennt ihr betrügerische Seiten und Betreiber?
Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether sind uns alle ein Begriff, auch verrückte Spaßwährungen wie Dogecoin oder Whopper-Coin haben ihren Weg in den Mainstream gefunden. Dadurch dass Zahlungsanbieter wie Mastercard und Paypal als auch Großinvestoren wie Blackrock mittlerweile den Bitcoin unterstützen, zeigt dass Krypto mehr als nur ein Hobby von Finanzenthusiasten und Techniknerds ist.
Doch gerade die steigende Bekanntheit und Beliebtheit ziehen auch immer wieder fragwürdige Anbieter an. Oftmals versprechen sich Betrüger mit Shitcoins und Schneeballsystemen schnellen Gewinn mit unerfahrenen Nutzern.
Solche Scams haben in der Vergangenheit durchaus funktioniert wie der Fall mit Onecoin 2017 gezeigt hat. Nach zwei Milliarden Euro Einnahmen von Anlegern war die Gründerin Ruja Ignatova auf einmal spurlos verschwunden. Das Geld der Anleger? Unwiederbringlich verloren. Bereits der Umstand, dass der Onecoin angeblich auf einer privaten statt auf einer dezentralen und öffentlichen Blockchain basierte, hätte möglicherweise stutzig werden lassen sollen.
Was steckt hinter PlatinCoin?
Eine weitere Kryptowährung, die von sich reden macht, ist PlatinCoin (PLC). Hier scheiden sich die Geister. Während Stiftung Warentest und Bafin ausdrücklich vor einer Investition warnen, gibt es gleichzeitig angeblich zufriedene Nutzer. Eine fehlende Erlaubnis zur Erbringung von Finanzdienstleistungen steht einem günstigen Kaufpreis und anfangs steigenden Kursverläufen gegenüber. Mittlerweile ist auch der PlatinCoin dramatisch abgestürzt und pendelt sich irgendwo bei 0,20 bis 0,30 Euro ein. (Stand 08.08.2022)
Wenn man sich die offizielle Website von PlatinCoin anschaut, stößt man nur auf die Firma „Platin Genesis Asia Limited“ mit Sitz in Hongkong. Im Impressum wird kein Geschäftsführer oder ein anderer Ansprechpartner genannt. Innerhalb weniger Jahre ist der Firmensitz von der Schweiz über Dubai nach Hongkong gewandert.
Wie funktioniert das?
Im Gegensatz zu klassischen Coins, die durchs Mining („Schürfen“) auf rechenstarken PCs entstehen, müssen Anleger eine spezielle Software nutzen, welche die Coins „mintet“. Wohlgemerkt, in der offiziellen Kryptoszene heißt es eigentlich „minen“ und nicht „minten“.
Für die Nutzung der App „Power Minter“ sowie das Halten der Coins werden den Anlegern bis zu 30 Prozent Rendite jährlich in Platincoins versprochen.
Wie genau die Software die neuen PlatinCoins hervorbringt, geht aus der Website nicht hervor. Dafür kann man schon einmal tief in die Tasche greifen, um ein Minting-Paket zu erwerben: Bis zu 10.000 Euro kostet die teuerste Stufe.
Während die etablierten Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum jeweils ein umfassendes Whitepaper von 9 bis zu 35 Seiten aufweisen, wo die komplexe Technologie schlüssig zusammengefasst wird, bietet PlatinCoin ein einseitiges Tech-Dokument (Deckblatt ausgeklammert). Die großgedruckten Überschriften machen dabei fast ein Drittel des Inhalts aus und auch dieser sagt nichts Konkretes aus.
Welche Risiken birgt der Coin?
Mit Transparenz kann PlatinCoin nicht gerade punkten und gerade das ist doch das Argument für Kryptowährungen. Zusätzlich zu den Warnungen von offiziellen Stellen gibt es auch eindeutig rote Flaggen aus technischer Sicht.
PlatinCoin kann nicht direkt für Fiat-Geld (also Euro, Dollar etc.) erworben werden und wird bei keiner der großen Kryptobörsen gehandelt. Gerade einmal kleinere Börsen, die wiederum kein eigenes Impressum besitzen, listen die Coin, wie beispielsweise BitGlobal und Coinsbit (jedoch nur noch den Nachfolger PLCU).
Darüber hinaus häufen sich negative Bewertungen im Google Play Store zu den Apps „PLC Farm“ und „PLC Wallet“, es wird von Einlogg-Problemen als auch fehlendem Kundensupport berichtet. Die sehr guten 5-Sternerezensionen klingen dagegen wie Werbebots mit ihren 30 Prozent Rendite und dem „ganz sicheren passiven Einkommen“. Das Ganze liest sich zu zwielichtig, um hier mit gutem Gewissen Geld zu investieren.
Wer hat PlatinCoin erfunden?
Hinter der Währung steckt der Russlanddeutsche Alex Reinhardt, der mit eigener Website und seinem Instagram-Profil ein möglichst seriöses Auftreten bezwecken will. Bevor er PlatinCoin startete, wird er mit SwissCoin in Verbindung gebracht. Eine gescheiterte Kryptowährung, die auf einem Schneeballsystem basierte. Wenn da nicht langsam die Alarmglocken klingeln...
Auch PlatinCoin finanziert sich mit sogenannten Multi-Level-Marketing-Systemen (MLM), indem Kleinanleger Provisionen für das Weiterempfehlen erhalten. Das geht gut, solange Neukunden kommen, ansonsten bricht das System zusammen.
Zuständigkeiten wechseln dann auch regelmäßig. War die Firma PLC Group AG erst noch in der Schweiz gelistet, zog sie später nach Dubai und hieß kurzerhand Platin Genesis DMCC. Mittlerweile wird als Unternehmen die Platin Genesis Asia Limited im Impressum geführt.
Im Juli 2019 hat der PlatinCoin seinen Höhepunkt bei knapp 40 Euro, nun dümpelt der Kurs bei knapp 30 Cent vor sich hin. Aber keine Sorge, es gibt mittlerweile einen Nachfolger: Den PLC Ultima. Die Website ist genauso aufgebaut wie beim Vorgänger – beim Whitepaper hat man dazugelernt und nun 17 Seiten aufgesetzt. Wie genau die Technologie dahinter funktioniert, wird auch nur oberflächlich behandelt. Übrigens, die Firma dahinter sitzt nun in Zypern.
Was sind Warnsignale?
Woran erkennt ihr nun, dass es sich um eine unseriöse Kryptowährung handelt?
Die deutlichsten Warnsignale, bei denen eure Alarmglocken schrillen sollten, sind:
- Zusatzsoftware wird benötigt, muss heruntergeladen und/ oder gekauft werden
- Provisionszahlungen für angeworbene Kunden
- unvollständiges Impressum
- nur an kleinen, unbekannten Börsen gelistet
- Firmensitz wechselt oft an Übersee-Standorte, Briefkastenfirma
- kein aussagekräftiges Whitepaper
- Versprechen von enorm hohen, jährlichen Renditen
Gerade bei unrealistischen Renditeversprechen solltet ihr hellhörig werden, das gilt nicht nur für Kryptowährungen. Fehlende Transparenz bei der Technologie als auch Systeme, die sich nur auf Weiterempfehlungsmarketing stützen, sind Anzeichen für einen möglichen Betrugsversuch.
Teilweise sind unseriöse Anbieter, Plattformen und Währungen auf manchen Blacklists geführt, Platincoin dagegen ist dort nicht gelistet.
Was bedeutet das für euch? Investiert als Anleger besser in Coins, die auf den großen und bekannten Handelsplattformen vertreten sind und ein detailliertes Whitepaper enthalten.