Der Begriff „Whataboutism“ taucht in letzter Zeit immer häufiger im Internet auf. Dabei handelt es sich um einen Vorwurf, der nicht selten alle weiteren Diskussionen abwürgt. GIGA möchte euch erklären, welche Bedeutung das Wort „Whataboutism“ hat und warum das dahintersteckende Prinzip Teil unserer Verfassung ist.
„Aber Max darf auch bis eins bleiben!“ Diese Art des Argumentierens ist es, die sich hinter dem „Whataboutism“ verbirgt. Das trifft auch auf die übliche Elternantwort zu „Und wenn Max von einer Brücke springt, springst Du dann hinterher?“ Um was es eigentlich dabei geht, hat sich zu einer ziemlich kindischen Diskussionskultur entwickelt, die aber auch einen Funken Richtiges enthält.
Im Video erklären wir euch noch andere „Internet-Begriffe“:
Was bedeutet „Whataboutism“?
„What about…?“ lässt sich in diesem Fall mit „(und) was ist mit…?“ übersetzen. Daraus wurde das Kunstwort „Whataboutism“ geschaffen, um damit auszusagen, dass es sich um eine bestimmte Geisteshaltung handelt.
- Es geht darum, einen Vorwurf sofort zurückzuwerfen, indem man so etwas sagt wie „Aber selber!“.
- Manchmal findet sich „Whataboutism“ auch in Forderungen: „Wenn Meier das darf, muss man es Krause auch erlauben!“
Hier ein paar mehr oder weniger fiktive Beispiele für „Whataboutism“:
- In einer Diskussion wirft man einem Politiker Versagen vor. Sofort kommt als scheinbare Verteidigung eine Antwort wie „Aber der Politiker der anderen Partei hat 1995 mal an einer Drück-Tür gezogen!“. Bei dieser Form des „Whataboutism“ will man eine Aktion mit einer ähnlichen Aktion gegenrechnen.
- „Wir zahlen zehntausenden Asylanten den Unterhalt und gleichzeitig können Hartz-IV-Empfänger sich kein Auto leisten!“ Hier werden Sachverhalte miteinander verglichen, die nichts miteinander zu tun haben. Würde man in diesem Fall Asylsuchende nicht finanzieren, hätten die anderen immer noch nicht mehr Geld.
In der Regel geht es beim „Whataboutism“ um Ablenkung von der (eigenen) Schuld. Indem man sagt „Aber der andere hat ja auch…“, will man den Vorwurf entkräften. Das hat viel mit „Framing“ zu tun, weil hier mit künstlich geschaffenen Zusammenhängen manipuliert und gewertet wird.
Gibt es so etwas wie „legalen Whataboutism“?
Wie eingangs schon erwähnt, findet sich eine gewisse Art des „Whataboutism“ in unserer Verfassung. Ich rede vom „Gleichheitsgrundsatz“. In Artikel 33, Absatz 1 des Grundgesetzes steht, dass jeder Deutsche die gleichen Rechte und Pflichten hat. Was also für den einen gilt, muss auch für den anderen gelten.
Daraus lässt sich ableiten, dass manche dieser Vergleich der Art „Wenn der das darf, will ich das auch!“, durchaus berechtigt sind. Nach diesem Prinzip arbeitet zum Beispiel unsere Rechtsprechung, wenn sie sogenannte „Präzedenzfälle“ zitiert: Wenn ein Gesetz für einen Fall auf eine bestimmte Weise ausgelegt wurde, muss das auch für einen vergleichbaren Fall gelten.
Das ändert aber nichts daran, dass der übliche „Whataboutism“ schlichtweg falsch ist: Etwas Schlechtes wird nicht richtiger oder verzeihlicher dadurch, dass jemand anderes das auch schon mal getan hat.