Noch nie standen die Zeichen günstiger, um auf Linux zu wechseln. Hervorragende Open-Source-Software wie LibreOffice, Audacity oder der VLC Media Player, die man ohnehin schon oft in Windows nutzt, macht es möglich. Selbst Photoshop lässt sich unter Linux installieren. Wir zeigen im Linux-Ratgeber unsere Top-Software-Empfehlungen für Linux.
Wenn ihr genug von Windows 10 habt oder bereits zu Linux gewechselt seid: Diese Software solltet ihr auf jeden Fall ausprobieren, sofern sie für eure Distribution verfügbar ist. Wir benutzen als Grundlage Linux Mint 18.3 und fangen erst mal mit kreativen Programmen an wie Photoshop, Premiere und Co. Danach kommen Büro-Tools und danach System-Programme, die einem das Leben erleichtern. Aber auch unter Ubuntu funktionieren die meisten Programme.
Hinweis: Je nach gewähltem Theme in Linux (und den Programmen) sind die Programmfenster entweder dunkel oder heller.
1. Photoshop in Linux mit „PlayOnLinux“
Photoshop CS6 funktioniert schon recht lange auch unter Linux. Dafür installiert ihr euch das Tool Playonlinux. Das ist eine Software-Umgebung, in der in Linux auch Installationen von Windows-Programme ausgeführt werden können. Eine Anleitung zur Installation findet ihr hier:
- Anleitung: Photoshop in Linux installieren
Für professionelle Anwender kann es allerdings zu Kompatibilitätsproblemen kommen, wenn ihr in Photoshop den Grafikprozessor zur Bildberechnung aktiviert oder andere Schriftarten oder Erweiterungen installieren wollt. Hier hilft Ausprobieren.
Installation: Über die Anwendungsverwaltung (Linux Mint)
2. Premiere-Alternative mit „OpenShot Video Editor“
Adobe Premiere haben wir unter Linux nicht zum Laufen bekommen. Allerdings gibt es dafür den OpenShot Video Editor.
Vorweg: Professionelle Anwender finden in OpenShot Video Editor nicht den vollen Funktionsumfang. Wer aber hin und wieder ein Video schneiden möchte, um Übergänge und Effekte einzufügen, der sollte sich das recht intuitive Programm mal anschauen.
- Sehr einfach: Eine einfache Blende erzeugt ihr, indem ihr in der Zeitachse einen Clip leicht überlappend über einen anderen Clip in der gleichen Video-Ebene zieht.
- Umgewöhnungsbedürftig: Klickt mit der rechten Maustaste (Kontextmenü) auf Videodateien in der Zeitleiste, um Effekte wie „Einblenden, Ausblenden“ zu aktivieren.
Installation: Gebt in einem Terminal folgende Befehle nacheinander ein.
sudo add-apt-repository ppa:openshot.developers/ppa
sudo apt-get update
sudo apt-get install openshot-qt
Zwar gibt es auch Kdenlive, als Adobe-Premiere-Nutzer hat mich Kdenlive anfangs aber mehr verwirrt als geholfen.
3. Tonaufnahmen mit „Audacity“
Bereits in Windows bekannt: Audacity ist ein sehr gutes Programm, um Audioaufnahmen aller Art zu erstellen oder zu bearbeiten. Rauschunterdrückung oder Noisegates sind kein Problem, da sich fehlende Funktionen über Plugins nachrüsten lassen.
Installation: Über die Anwendungsverwaltung (Linux Mint)
4. Bildschirm- und Streaming-Aufnahmen mit „OBS Studio“
Wer Let's Plays macht (über Steam gibt es auch in Linux Spiele), kann diese mit der Software OBS Studio aufnehmen. Dazu definiert man eine sogenannte Leinwand und bestimmt dort, welchen Bereich man genau aufnehmen möchte. Man kann auch nur ein bestimmtes Fenster oder Spiel aufnehmen.
- Vorteil: Es wird gleichzeitig eure Stimme (Mikrofon) und auch der Ton des Fensters / Spiels aufgenommen, sofern ihr nichts anderes einstellt.
- Nachteil: Wer FRAPS oder FastStone Capture gewohnt ist, muss sich etwas umgewöhnen.
Installation: Gebt in einem Terminal folgende Befehle nacheinander ein.
sudo add-apt-repository ppa:obsproject/obs-studio
sudo apt-get update
sudo apt-get install ffmpeg
sudo apt-get install obs-studio
5. Chrome-Ersatz mit „Chromium“
Chromium ist die Open-Source-Version des Browsers Chrome. Ihm fehlen lediglich einige Codecs und er hat ein blaues statt buntes Logo. Ansonsten funktioniert Chromium nahezu gleich. Wer also lieber mit Chrome statt Firefox unterwegs ist, wird in Chromium einen neuen Freund unter Linux finden.
Installation: Über die Anwendungsverwaltung (Linux Mint)
6. PDFs trennen und zusammenfügen mit „Pdfshuffler“
Ich brauchte unter Windows 7 mindestens zwei Programme, um PDFs kostenlos erstellen, trennen, neu anordnen, drehen oder mehrere PDF-Dateien zusammenfügen zu können, namentlich PDFsam und FreePDF. In Linux erledigt das Pdfshuffler, und zwar schneller und intuitiver als ich es gewohnt bin.
Tipp: Um Dateien in PDF-Dokumente umzuwandeln / zu erstellen kann man unter Linux Mint 18.3 die Druckfunktion auswählen und In Datei drucken auswählen. Dann bestimmt man nur den Speicherort und fertig.
Installation: Über die Anwendungsverwaltung (Linux Mint)
7. Screenshots erstellen mit „Shutter“
Standardmäßig nutzt Linux Mint das Programm „Bildschirmfoto“ für Screenshots. Dazu genügt es, wenn man die zugehörigen Tastenkombinationen beherrscht wie „Druck“-Taste oder „Alt + Druck“-Taste.
Allerdings kann Shutter mehr:
- Ganzen Desktop, bestimmtes Fenster oder bestimmte Auswahl als Screenshot speichern.
- Screenshots erst nach einer bestimmten Zeit aufnehmen (für Menü-Screenshots).
- Profile erstellen für unterschiedliche Anwendungsgebiete.
- Screenshots in Tabs organisieren.
Installation: Über die Anwendungsverwaltung (Linux Mint)
8. Mehr Einträge in der Zwischenablage mit „Clipit“
Standardmäßig speichern Betriebssysteme nur einen markierten Text-Eintrag in der Zwischenablage. Clipit kann per konfigurierbarer Tastenkombination eine Liste mit den letzten, kopierten Einträgen öffnen. Dadurch könnt ihr schnell viele Einträge in die Zwischenablage speichern und an anderer Stelle nacheinander auch schnell wieder einfügen.
- Vorteil: Ihr könnt auch „statische Einträge“ bestimmen, die dann immer in der Liste ganz unten angezeigt werden und nie gelöscht werden.
Installation: Über die Anwendungsverwaltung (Linux Mint)
9. Speicherplatzbelegung anzeigen mit „QDirStat“
Unter Windows möchte man manchmal große Dateien finden, um Speicherplatz freizugeben. TreeSize Free erledigte das sehr gut. In Linux kann man das ebenso mit dem Programm QDirStat.
Nach dem Start wählt ihr den Ordner aus, den ihr scannen wollt. Danach zeigt euch das Tool an, welche Dateien darin den meisten Speicherplatz belegen. Darunter seht ihr eine grafische Anzeige der Speicherplatzbelegung. Über den Navigationsbaum könnt ihr Dateien und Ordner bei Bedarf auch gleich löschen.
Installation: Gebt in einem Terminal folgende Befehle nacheinander ein.
sudo add-apt-repository ppa:nathan-renniewaldock/qdirstat
sudo apt-get update
sudo apt install qdirstat
10. Passwörter aufbewahren mit „Keepassx“
Für jede Webseite und jeden wichtigen Dienst benötigt man heutzutage ein Konto mit Benutzernamen und Passwort. Da man nicht immer das gleiche Passwort nutzen sollte, hilft unter Windows Keepass, um alle Passwörter langfristig in einer speziellen Datei zu speichern und zu organisieren.
In Linux geht das genauso mit Keepassx. Der Passwort-Safe kann ausgewählte Nutzerdaten wie gewohnt per Tastenkombination (Standard „Strg + V“) auch automatisch einfügen, sodass man sich das Tippen beim Login spart.
Ihr müsst euch dann nur noch das eine Passwort merken, mit der eure Passwörter in Keepassx geschützt sind.
Vorteil:
- Wenig benutzte Passwörter nie mehr vergessen.
- Logins automatisiert in Webseiten einfügen.
- Offline-Speicherung. Kein Hochladen in die Cloud.
Installation: Über die Anwendungsverwaltung (Linux Mint)
11. CDs brennen mit „Brasero“
Während man bei Windows CDBurnerXP kennt, gibt es für Linux Brasero. Das ist ein recht einfaches und gutes Programm, mit dem ihr Audio- und Daten-CDs/DVDs brennen könnt. Auch ISO-Abbilder brennt euch die Software auf einen Rohling. 1:1-Kopien sind ebenfalls möglich.
Installation: Über die Anwendungsverwaltung (Linux Mint)
12. Spiele zocken mit „Steam“
Wer eine Steam-Bibliothek hat, kann sich Steam auch unter Linux installieren. Wenn ihr in der Spieleliste oben STEAMOS + LINUX auswählt, seht ihr, welche Spiele ihr aus eurer Datenbank auch unter Linux installieren und spielen könnt.
Installation: Über die Anwendungsverwaltung (Linux Mint)
13. Mamas PC-Probleme aus der Ferne lösen mit „TeamViewer“
Auch TeamViewer gibt es für Linux. Darüber könnt ihr euch beispielsweise mit dem PC eurer Mutter verbinden, um ihr bei PC-Problemen zu helfen. Ihr seht dann ihren Desktop und könnt dort Einstellungen vornehmen.
Installation:
- Öffnet diese offizielle TeamViewer-Webseite.
- Ladet die Ubuntu-Debian-Installationsdatei herunter.
- Moderne Rechner nutzen 64-Bit. Falls euer Rechner schon älter ist, kann es sein, dass ihr die 32-Bit-Version benötigt.
- Installiert die DEB-Datei mit einem Doppelklick und folgt den Anweisungen.
14. System-Backup mit „Timeshift“
Ab Linux Mint 18.3 ist Timeshift vorinstalliert und es ist wohl das beste Backup-Programm, das ich je gesehen habe. Timeshift kann beispielsweise jeden Tag automatisch ein Backup von eurem System machen. Falls ihr irgendwann euer Linux-System unbrauchbar macht oder eine Einstellung nicht wieder so hinbekommt, wie sie mal war, kommt Timeshift zum Einsatz. Ihr wählt den letzten Sicherungspunkt aus und stellt ihn wieder her. Ihr benötigt dafür keine Live-CD (es sei denn, euer System bootet nicht mehr). Linux erledigt das Ganze aus dem Betriebssystem heraus und startet danach einfach neu.
- Unsere Anleitung zeigt, wie ihr mit Timeshift Backups erstellt.
Am Anfang öffnet sich der Assistent, der euch fragt, wie oft ein Backup gemacht werden soll (monatlich, wöchentlich, täglich, stündlich) und wie viele Sicherungspunkte aufbewahrt werden sollen.
Standardmäßig wird euer Home-Ordner (Eigene Dateien) nicht mitgesichert. Das ist gut so, weil ihr sonst auch eure eigenen Dateien und Programmeinstellungen auf einen früheren Zustand zurücksetzen würdet und das ist in der Regel nicht gewollt. Ihr könnt das aber in den Einstellungen bei Bedarf ändern.
Timeshift sichert euer System im Hintergrund. Ihr habt keinen Wartungsaufwand - perfekt!
Installation: In Linux Mint 18.3 bereits vorinstalliert (sonst Anwendungsverwaltung)
15. Daten-Backup mit „Grsync“
Ein Backup eurer persönlichen Dateien legt ihr an, indem ihr sie einfach auf eine andere (externe) Festplatte kopiert. Grsync kann das automatisch und noch mehr: Bei nochmaligem Backup werden nur die neuen Dateien gesichert, sodass der Vorgang nicht wieder so lange wie beim ersten Mal dauert. Ihr könnt auch einstellen, dass Dateien aus dem Zielverzeichnis gelöscht werden, wenn sie im Quell-Verzeichnis nicht mehr vorhanden sind.
Im Reiter Zusatzoptionen solltet ihr vorher Als Systemverwalter ausführen einstellen, damit der Vorgang quasi als Administrator ausgeführt wird. Ansonsten kann es zu Problemen kommen, wenn ihr nicht die nötigen Rechte zum Kopieren einer Datei besitzt.
- In unserer Anleitung zeigen wir, wie ihr mit Grsync Backups erstellt.
Installation: Über die Anwendungsverwaltung (Linux Mint)
16. PC-Informationen anzeigen mit „Hardinfo“
Auch auf Linux-Rechnern könnt ihr euch anzeigen lassen, was eigentlich für Hardware im PC verbaut ist. Ähnlich wie Speccy unter Windows erledigt das in Linux das Tool Hardinfo.
Hardinfo zeigt euch entweder eine Übersicht oder einzelne Informationen an zu Prozessor, Arbeitsspeicher, Betriebssystem, Auflösung, Kernel, Dateisysteme, Nutzer, USB-Geräte, Drucker, Akku, Sensoren, Festplatten etc.
Hinweis: Im Startmenü taucht Hardinfo nach der Installation als „System Profiler and Benchmark“ auf.
Installation: Über die Anwendungsverwaltung (Linux Mint)
17. Prozesse anzeigen und verwalten mit „Htop“
Das Programm Htop ist schon etwas „nerdig“: Es zeigt die laufenden Prozesse in einem Terminal an. Außerdem könnt ihr nach bestimmten Prozessen filtern und Prozesse beenden. Ihr könnt in Linux zwar auch so Prozesse anzeigen, beenden und killen, Htop kann aber noch mehr und zeigt beispielsweise die Arbeitsspeicherbelegung und die CPU-Auslastung eurer Prozessorkerne an.
Was die Htop-Anzeigen alles bedeuten, ist hier anschaulich erklärt (Englisch).
Installation: Über die Anwendungsverwaltung (Linux Mint)
18. Fehlende Programme in Linux nutzen mit „Virtualbox“
Falls euch trotzdem noch irgendwelche Windows-Programme fehlen, weil es sie in Linux nicht gibt, dann könnt ihr unter Linux beispielsweise Windows 10 in Virtualbox installieren. Dann startet ihr in Linux euer Windows 10 in einem Fenster und installiert die Programme, die euch fehlen.
Installation: Über die Anwendungsverwaltung (Linux Mint)
Mein Fazit
- Was Software und (einige) Spiele angeht, braucht sich Linux nicht mehr hinter Windows zu verstecken.
- Fehlende Programme lassen sich heute fast immer in Playonlinux oder Virtualbox-Umgebungen installieren, sodass man auf nichts verzichten muss.
- Linux Mint macht es Windows-Umsteigern da mittlerweile sehr einfach.
- Vor ein paar Jahren sah das noch ganz anders aus.
- Durch Linux konnte ich meinen Workflow sogar verbessern und einfacher gestalten.
- Außerdem habt ihr die volle Kontrolle über Updates. Stichwort – An alle: Hört mit den schei* Updates auf! (Kommentar).