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176.000 Euro für Snake? Ich hab mir die deutsche Spieleförderung angeschaut und will nur schreien

Deutschlandflagge und Sack voller Euroscheine vor einem Hintergrund, der eine Skizze des Spiels Modern Snake zeigt.
Deutschland zahlt viel Geld für Spiele, doch was bekommen die Gamer? (© IMAGO / CHROMORANGE/ Getty Images – Derek Brumby/ kr3m. media GmbH/ Bearbeitung: GIGA)
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Wer in Deutschland ein Videospiel entwickeln will, der kann Hilfe vom Staat bekommen. Das resultiert in gewaltigen Ausgaben und trotzdem haben deutsche Gamer keine Ahnung, wofür sie da zahlen. Meine Erfahrung mit der Computerspielförderung hat mich verzweifeln lassen.

Ein Kommentar von Martin Hartmann

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Was ist mit der deutschen Computerspielförderung los?

Die deutsche Computerspielförderung ist dieses Jahr für ein paar scheinbar absurde Projekte in die Kritik geraten. Spiele wie Modern Snake (Fördersumme: 176.776 Euro) und Flight Sim (Fördersumme: 370.326 Euro) lösen auch bei mir Kopfschütteln aus. Warum fließt so viel Geld in ein Browsergame in HTML 5 und eine 2D-Flugsimulation mit dem Look eines Flash-Games? Ich habe mir die geförderten Spiele also etwas näher angeschaut und gemerkt: Das wahre Problem der Computerspielförderung ist viel grundlegender.

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Was ist die Computerspielförderung?

Seit 2019 gibt es in Deutschland die sogenannte Computerspielförderung. Deutsche Entwicklerstudios können dadurch bis zu 50 Prozent ihrer Entwicklungskosten vom Staat gestellt bekommen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) will dadurch unter anderem hier ansässige Unternehmen fördern und Fachkräfte sichern und aufbauen (Quelle: BMWK).

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Aktuell wird allerdings gar nichts gefördert. Die Fördermittel für 2023 und 2024 wurden schnell ausgeschöpft und erst 2025 soll es weitergehen. Da wir in Deutschland demnächst auch eine neue Regierung haben werden, ist die Zukunft des ganzen Projekts noch etwas ungewisser. Ich sage: Die Förderung soll bleiben, doch es muss sich einiges ändern!

Welche Spiele werden gefördert?

Das BMWK stellt netterweise eine komplette Liste aller geförderten Spiele zur Verfügung. Mir ist schnell aufgefallen: Die Liste ist nur etwas besser als nutzlos. Sie verrät kaum etwas zu den Spielen. Ein Screenshot würde mich schon freuen, manchmal ist es nur eine Skizze. Infos wie Release-Datum oder -Plattform sind offenbar rein optional. In einigen Fällen stimmt nicht einmal der Name, der beim BMWK hinterlegt ist. Verlinkungen zum Entwickler gibt es auch nicht, die manchmal sogar gar keine eigene Website haben. Kurz gesagt: Die Suche auf dieser Website ist eine frustrierende Qual!

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Auch Modern Snake kann hier nur eine krude Zeichnung vorzeigen, die nicht gerade wirkt, als würde das Geld gut genutzt werden. Dieser Eindruck täuscht aber: Laut Entwickler kr3m. media GmbH muss die Beschreibung schon mit dem Antrag zur Förderung abgeben werden, bevor die Entwicklung überhaupt starten darf. Die hässliche Skizze würde also nicht dem fertigen Spiel entsprechen.

Gleichzeitig hätten Entwickler auch gar nicht die Möglichkeit, diese später noch anzupassen. Viele Studios würden diesen Teil darüber hinaus absichtlich vage halten, um der Konkurrenz nicht schon zu viele Informationen zum eigenen Produkt zu geben.

Auf unsere Anfrage hin, erklärt das BMWK hingegen, dass Entwickler „maßgebliche Neuigkeiten“ in den Projektsteckbrief einfließen lassen können und sollen. Videos oder Verlinkungen sind dagegen nicht erwünscht.

Die Beschreibungen für Handball 4 You - Der Handballmanager (Fördersumme: 187.467 Euro) und Battle Castles (Fördersumme: 155.940 Euro) sind zwei Beispiele für besonders spärliche Beschreibungen:

Computerspielförderung verlangt Innovation und Kreativität

Nachdem mich die Liste der Spiele zur Verzweiflung gebracht hat, habe ich mir mal angeschaut, was die Spiele denn machen müssen, um gefördert zu werden. Eine wichtige Hürde ist der Kulturtest. Der verlangt eine grobe Verbindung mit deutscher oder europäischer Kultur und dass ein wesentlicher Anteil der Entwicklung in Deutschland und von Menschen mit Wohnsitz in Deutschland durchgeführt wird.

Spannend wird es bei der letzten Anforderung: Gestalterische, kreative und technologische Innovation. Hier muss das Studio nachweisen, dass ein Spiel in irgendeinem Bereich besonders kreativ oder innovativ sein wird. Das reicht von der Erzählstruktur, dem Setting, über das Gameplay bis zur Verwendung von Technologien für die Entwicklung (Quelle: BMWK).

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Wieder packt mich die Frustration, denn ich muss mich fragen, wie konsequent diese Regeln durchgesetzt werden. In der Beschreibung zu Modern Snake steht, dass sich das Spiel vom Snake-typischen Raster verabschiedet und auf dem Bildschirm noch andere Schlangen unterwegs sind – ähnlich wie bei Slither.io. Flight Sim verweist dagegen auf „realistische Physiksimulation“ trotz simpler Grafik. Ist das schon genug?

Laut Entwickler kr3m. media GmbH war das Unternehmen damit zufrieden, dass Modern Snake für gängige Endgeräte erscheinen soll, Online-Multiplayer bietet und KI-gesteuerte Schlangen besitzt. Das BMWK selbst gibt an, dass die Anträge von einem „fachkundigen Personal“ beurteilt werden.

Die Spieleförderung ist intransparent und frustrierend

Mich durch die Projekte und Regeln der Computerspielförderung zu wühlen, macht nicht gerade Spaß. Es bleibt der Eindruck, dass die deutsche Förderung ein gewaltiges Problem mit Transparenz hat. Wer auf hässliche Screenshots mit spärlichen Beschreibungen blickt und dann gewaltige Summen an Förderbeiträgen sieht, der wird sich im ersten Moment fragen, ob das BMWK hier nicht über den Tisch gezogen wurde und die Entwickler gerade einen Cocktail auf den Bahamas schlürfen. Mit der Realität hat das natürlich nichts zu tun.

Dieser Eindruck schadet trotzdem der gesamten Förderung und vor allem den vielen tollen Spielen, die mit ihrer Hilfe entstanden oder noch am Entstehen sind. Ich mache den Entwicklern auch gar keinen Vorwurf. Modern Snake kann ein gutes Spiel werden, doch anhand der Website des BMWK würde man darauf nie kommen. Meiner Meinung nach ist ein deutsches Slither.io zwar nicht sonderlich innovativ, aber das ein Problem der Bewertung des Ministeriums und nicht der Entwickler.

Das muss 2025 besser laufen!

Wenn die deutsche Computerspielförderung nächstes Jahr wieder loslegen soll, müssen sich meiner Meinung nach zwei Dinge ändern:

  1. Strengere Auswahl der Spiele: Der Kulturtest muss angepasst werden oder zumindest Zähne zeigen. Wenn Kreativität und Innovation schon ein Teil des Tests sind, dann sollten sie mit klarer Linie verfolgt werden. Der Topf an Fördergeldern ist immerhin endlich – wird ein Spiel gefördert, geht ein anderes womöglich leer aus.
  2. Bessere Informationen: Besucher der Website müssen darüber informiert werden, welche Spiele genau gefördert werden und warum. Im Idealfall bekommt jedes Spiel im Laufe der Entwicklung eine eigene Produktseite, ähnlich zum Steam-Store, auf dem Screenshots und Trailer hochgeladen werden können. Wenn ein Entwickler nicht so viel verraten will, dann hat er eben Pech gehabt. Nach dem Release folgen dann Links zu den jeweiligen Plattformen, sodass jeder, der durch die BMWK-Website stöbert, sofort sehen kann, was sein Geld ermöglicht hat.

Die Computerspielförderung ist eine tolle Idee. Es gibt fantastische Spieleentwickler in Deutschland und die Förderung kann dazu beitragen, dass neue dazukommen und Arbeitsplätze gesichert werden. Das ist vor allem jetzt relevant, da große Studios sich lieber selbst schrumpfen.

In seiner jetzigen Form macht die Förderung aber keinen Spaß, sich mit den vielen guten Projekten zu beschäftigen und lädt stattdessen zur Kritik und Häme ein. Das muss nicht sein und kann leicht behoben werden.

Zum Abschluss noch ein paar Vorzeigebeispiele für gute Spiele, die mit Hilfe der Computerspielförderung entstanden sind und jetzt auf Steam verfügbar sind. Da wären Die Abenteuer von Lily & Leo (Fördersumme: 112.183 Euro), Closer the Distance (Fördersumme: 58.861 Euro) und World Splitter (Fördersumme: 138.630 Euro). Auch bei denen handelt es sich um sehr kleine Indie-Games, doch die positiven Steam-Bewertungen sprechen dafür, dass hier gut investiert wurde.

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