Seit dem ersten Trailer zu Assassin’s Creed Shadows wird Yasuke heiß diskutiert. Doch den schwarzen Samurai gab es wirklich. Wie nah er an der Realität ist, haben bei einem Besuch des Samurai-Museums Berlin untersucht. Im Video erfahrt ihr, was wir herausgefunden haben.
Transkript des Videos
Hinweis: Das Interview wurde zum Zweck besserer Lesbarkeit leicht editiert.
Wie realistisch ist Assassin's Creed Shadows wirklich? Gab es Yasuke wirklich? Wir haben bei Alexandra Weber, der Kuratorin vom Samurai-Museum Berlin nachgefragt.
Alexandra: Yasuke ist wahnsinnig umstritten. Er war ja auch schon Gegenstand anderer Spiele. Nioh ist da zum Beispiel zu nennen. Es gab Bücher über ihn, Anime-Serie und dergleichen. Er ist definitiv ein sehr spannender Charakter. Und er hat wirklich existiert – seine Existenz ist definitiv belegt. Aber diese Schriftquellen sind unglaublich vage und auch sehr, sehr begrenzt.
Alex: Welche Details sind denn belegt? War er zum Beispiel ein Samurai?
Alexandra: Das ist natürlich die große, spannende Frage. Belegt ist: Wir haben eine Aufzeichnung von den Jesuiten, dass er an Oda Nogunaga übergeben wurde.
Dann ist noch ein Gerücht belegt, dass er eventuell als Tono, also als Fürst, bezeichnet werden und diesen Titel erhalten sollte. Ob das letztendlich geschehen ist, kann keiner sagen, darüber gibt es keine Aufzeichnungen.
Und dann haben wir noch Oda Nogunagas Tod, Yasuke stand da schon nicht mehr unter seinem Schutz. Es liegen Aufzeichnungen aus einem Tagebuch vor, in denen beschrieben wird, dass Akechi Mitsuhide, der Widersacher von Oda Nobunaga, Yasuke gefangen nahm. Er ließ Yasuke aber frei, weil er ein Tier sei, das nichts wisse oder verstehe und mit der ganzen Sache nichts zu tun habe. Dann wurde Yasuke höchstwahrscheinlich wieder an die Jesuiten übergeben.
Und jetzt zur großen Frage: War er ein Samurai?
Was ist ein Samurai in dieser Zeit? Ein Krieger mit einem bestimmtem Status. Der Samurai-Begriff, wie wir ihn heutzutage nutzen und verstehen, hat sich als Status erst in der Edo-Zeit etabliert. Er bedeutet ja auch Dienen, also einem Herrn dienen. Wer diente wem zu dieser Zeit? Das waren ganz wilde Zeiten. Wir haben hier keinen historischen Beleg, dass er Samurai war.
Alex: Man merkt also, es ist doch wieder alles viel komplizierter als gedacht. Einerseits: Ja. Yasuke gab es wirklich, das ist belegt. Andererseits gibt es etliche Lücken in der überlieferten Biografie. Und genau deshalb ist dieser Charakter auch so spannend – um Geschichten mit ihm zu erzählen.
Es gibt ja inzwischen viele Bücher, Serien, auch andere Videospiele, wie Nioh 1 und 2, die sich mit Yasuke auseinandersetzen. Weil wenn es nur wenig Belege gibt, was dieser Mann in seiner Lebenszeit gemacht hat, gibt das natürlich den Autoren dieser Stories viel mehr Freiheit, ihre eigenen Geschichten zu erzählen. Und genau das macht Assassin's Creed Shadows auch.
Braucht es historische Genauigkeit?
Alex: Gäbe es denn deiner Meinung nach andere Personen, die sich angeboten hätten, aus deren Sicht man so eine Story hätte erzählen können?
Alexandra: Wenn man sich dann beispielsweise so berühmte Persönlichkeiten wie Toyotomi Hideyoshi aussucht. Er wäre auch sehr prädestiniert, ist von ganz unten nach ganz oben aufgestiegen. Das ist natürlich eine ganz spannende Geschichte, aber auch hier ist dann natürlich die Gefahr groß, irgendwelche Details dann falsch zu machen.
Eventuell hätte man auch Kato Kiyomasa nehmen können, ein sehr berühmter Samurai, der zu der Zeit ja dann auch Toyotomi Hideyoshi unterstand. Aber auch hier wieder ist dann natürlich die Recherche dann das A und O, um sich dann nicht irgendwo zu verrennen.
Keine dieser Serien oder Games können historisch perfekt sein. Das wäre dann natürlich auch fürs Gameplay langweilig und immer ist eine Prise Kreativität mit dabei. Man kann auf vieles vertrauen, aber der Teufel steckt ganz oft im Detail. Das, was einem Laien vielleicht gar nicht auffallen würde, fällt den Wissenschaftlern und Experten vielleicht sofort ins Auge und lässt an einigen Stellen schmunzeln.
Jetzt diskutieren alle zum Beispiel über das Thema Yasuke, aber es diskutiert beispielsweise niemand, ob Oda Nobunaga wirklich solch einen Rüstungstypus getragen hat. Das ist eben auch ein sehr interessantes Bild, was sich etabliert hat und verfestigt hat und für gegeben hingenommen wird, dass Oda Nobunaga eine westliche Rüstung besaß. Dafür gibt es schriftlich tatsächlich keine Belege. Es wird ihm aber immer zugeschrieben.
Wahrscheinlich der Erste, der ihn so dargestellt hat, war Kurosawa in einem seiner Filme und seitdem hat sich dieses Bild so festgesetzt. Die Rüstung, die er im Spiel trägt, die auch im Trailer kurz zu sehen war, ist tatsächlich eine Mischung aus einer Replika-Rüstung und einer Rüstung, die Tokugawa Ieyasu gehört hat, die höchstwahrscheinlich aus Europa stammt.
Auch die Rüstung von Yasuke: Da gibt's im Trailer eine Szene, wo man Yasuke sieht, von hinten, er hat den Helm auf, er hat seine volle Montur an und dann nimmt er plötzlich die Maske runter. Das geht in dieser Geschwindigkeit gar nicht, weil man erstmal den Knoten vom Helm damit lösen muss. Und das sind so kleine Details, die dann doch zum Amüsieren einladen.
Alex: Und dann ist es doch irgendwie entlarvend, wenn genau in dem Moment, wenn ein schwarzer Charakter spielbar ist, plötzlich dieses Realismus-Fass aufgemacht wird und dem Spiel vorgeworfen wird, es hätte sein angebliches Realismusversprechen irgendwie gebrochen. Kann es sein, dass es in dieser Debatte vielleicht gar nicht um Realismus geht, sondern um was ganz anderes?