Deutschland, deine „Blockbuster“. Was hierzulande im Lichtspielhaus funktioniert, ist für gestandene Cineasten schon mehr als erstaunlich. Immer wieder wird nämlich der Stereotyp der dümmlichen Komödie bemüht, um das hiesige Publikum zu beglücken. Der aktuelle Kinoerfolg nach diesem Schema kommt noch im Januar zu Netflix – muss das sein?!
Ein Kommentar von Sven Kaulfuss.
Deutsche Kinoproduktionen sind selten innovativ, meist spielen immer wieder die üblichen Verdächtigen in aberwitzigen Komödien, deren überschaubarer Handlungsstrang heutzutage von den Fähigkeiten der künstlichen Intelligenz à la ChatGPT mit Leichtigkeit überflügelt wird. Ein höheres Denkvermögen ist schlichtweg nur hinderlich.
Traurig, aber wahr: „Chantal im Märchenland“ ab 29. Januar bei Netflix
Herausragende Produktionen wie beispielsweise die Neuverfilmung von „Im Westen nichts Neues“ sind da eher die ganz große Ausnahme. Die Regel sind eben jene belanglosen Komödien und deren noch schlechteren Fortsetzungen. Warum macht man dies? Weil es einfach funktioniert.
Vor über zehn Jahren zerrte „Fack ju Göhte“ über 5 Millionen Zuschauer in die deutschen Kinos. Zugegebenermaßen hatte die Komödie von Bora Dagtekin sogar einen gewissen Charme. Den unnötigen Fortsetzungen aus den Jahren 2015 und 2017 konnte man dies schon weniger nachsagen. Mit „Chantal im Märchenland“ kam dann noch ein Spin-off im letzten Jahr in die Kinos, das niemand wirklich verlangt hatte. Dennoch reichte es am Ende für Einnahmen von über 27 Millionen Euro – verantwortlich dafür waren über 2,7 Millionen Kinobesucher (Quelle: InsideKino).
Wer dieses „Highlight“ der deutschen Kinolandschaft im letzten Jahr verpasst hat, der kann dies ab dem 29. Januar bei Netflix nachholen. Der Streaming-Dienst schnappt sich die zauberhafte Chantal und zeigt den Kinohit seinen Millionen von Abonnentinnen und Abonnenten. Jede Wette: Der Film wird die Streaming-Charts erobern – traurig, aber wahr.
Der Film hält, was der Trailer verspricht – dies ist kein Kompliment:
Nicht nur meine Meinung
Ich stehe natürlich nicht alleine mit meiner Aversion gegen diese Art des deutschen Films. Schon die niederschmetternde IMDb-Bewertung von nur 4,6 Punkten verheißt nichts Gutes und ist eigentlich ein deutliches Warnsignal. Auch der bekannte und geschätzte Filmkritiker Robert Hofmann, der normalerweise gerne diplomatisch seine Meinung verfasst, muss dann doch klipp und klar formulieren:
„Chantal im Märchenland“ ist im Grunde genau das, was die, aus meiner Sicht, belanglosen Trailer schon zeigen. Eine langweilige Schenkelklopferhumor-Komödie, die auf Krampf versucht eine Wannabe-Beauty-Influencering in die Märchenwelt zu katapultieren, um dort den Rollenklischees den Kampf anzusagen. Gespickt mit geupdateter Jugendsprache, versucht sich der Film in der Zielgruppe zu verjüngen, was lächerlich wirkt, wenn die Erzählstruktur extrem verstaubt wirkt und besagte Zielgruppe von den Streamern inzwischen deutlich vielschichtigere Figuren gewohnt ist und selbst in den dämlichsten Komödien dort zumindest etwas Fallhöhe kreiert wird (Quelle: Letterboxd).
Viel mehr muss ich dem nicht hinzufügen. Am Ende bekommt halt jedes Land die Kinohits, die es auch verdient. Deutschland, gute Nacht!
Ein würdiger Platz für „Chantal im Märchenland“: