Vier Stunden durften wir in Kingdom Come Deliverance 2 hineinschnuppern. Fazit? Euch erwartet vielleicht ein Spiel, über das ihr noch lange reden werdet.
Kingdom Come Deliverance ist ohne Frage eines der besten Mittelalter-Rollenspiele, die ihr bis heute spielen könnt. Es ist nie perfekt gewesen, mit seinen Bugs, dem extrem anspruchsvollen Kampfsystem und Gameplay-Mechaniken, an die ihr euch erst einmal gewöhnen müsst.
Aber da ist immer etwas gewesen, dass KCD von anderen Rollenspielen unterschieden hat: Mit seinem Ultra-Realismus-Ansatz, einem extrem offenen und verzweigten Gameplay sowie den immersiven Survival-Mechaniken hat Warhorse Studios erstes RPG eine Nische getroffen für all jene Mittelalter- und Rollenspiel-Fans, die sich so tief wie möglich in eine Welt saugen lassen wollen.
Kingdom Come Deliverance 2 muss und soll sich also gar nicht neu erfinden. Immerhin warten Fans eher darauf, erneut in eine so ausgeklügelte Mittelalter-Welt hineinzufallen – nur vielleicht ohne derart viele Bugs, ohne teils frustrierenden Kampf und mit einem klitzekleinen Schubs in Richtung Benutzerfreundlichkeit.
Nachdem ich es nun vier Stunden anspielen durfte, kann ich eines sagen: KCD 2 erfindet sich zum Glück auch überhaupt nicht neu, sondern setzt leidenschaftlich auf die alten Stärken und versucht gleichsam, die Schwächen des ersten Teils abzumildern.
Mittelalter-Bromance, in die ich mich wieder schnell verliebt habe
Es gibt nichts Besseres, als nach einem stressigen Arbeits- oder Schultag nach Hause zu kommen, die Beine hochzulegen und sich in der gewohnten Umgebung so richtig auszuruhen. Kingdom Come Deliverance 2 fühlt sich ab der ersten Minute genauso an: wie eine Rückkehr ins vertraute Heim, das zufälligerweise im europäischen 15. Jahrhundert verankert ist. Wer den ersten Teil kennt, wird sich schnell wieder zurechtfinden.
Darum geht es: Der zurückhaltende, traumatisierte Heinrich ist wieder an eurer Seite, begleitet von Nobelmann Hans, mit dem Heinrich schon im ersten Teil allerlei Abenteuer erlebt hat. Über die ersten Stunden im Spiel werdet ihr sofort zurück in die ungleiche Freundschaft geworfen – eine richtige Mittelalter-Bromance, die irgendwie noch sympathischer und teils spaßiger wirkt, als im ersten Teil.
Sir Hans Capon ist auf einer diplomatischen Mission unterwegs und Heinrich soll ihn dort als sein Untergebener beschützen. Doch die beiden und ihr Gefolge geraten in einen Hinterhalt, während das ganze Land ohnehin von feindlichen Invasoren gebeutelt wird. Der rechtmäßige König Böhmens steht vor dem Fall, während sein Bruder Sigismund nach dem Thron greift – und Heinrich sowie Hans finden sich alsbald mitten im Chaos des Krieges und der Intrigen wieder.
KCD 2 schafft es hier wie schon im ersten Teil, sofort die richtige Atmosphäre zu treffen und die Charaktere mit Schwung in euer Herz zu katapultieren. Zwischen den realistischen Entbehrungen des Mittelalters, den wunderschönen böhmischen Wäldern und den komplexen Gameplay-Systemen, in die ihr anfangs eingeführt werdet, macht KCD 2 gleich zu Beginn eines klar: Hier erwartet euch eine charaktergetriebene Story über Freundschaft, Trauma und Heinrichs Weg zu sich selbst – und das zu einer der unruhigsten Zeiten im Mittelalter des damaligen Böhmens. Wie auch schon der erste Teil hat sich KCD 2 bei etlichen Details und auch der Story an historischen Ereignissen orientiert.
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Kingdom Come Deliverance 2 hat an genau den richtigen Stellschrauben gedreht
Sprechen wir über das Schlachtross im Raum: Kingdom Come Deliverance 2 hat sich das Feedback vieler Fans zu Herzen genommen und am Kampfsystem geschraubt. Ich kann mir vorstellen, dass das ein ganz schöner Balance-Akt war – und nach nur vier Stunden im Spiel habe ich natürlich kein finales Fazit für euch.
Der Kampf mit dem Schwert ist zunächst etwas einfacher, obgleich sich an den Gameplay-Mechaniken selbst nicht viel verändert hat. Ihr müsst weiterhin jeden Schlag ausrichten und zeitlich richtig parieren. Das Ganze fühlt sich aber flüssiger an und weniger ungnädig, obwohl euer Geschick in späteren Kämpfen sicherlich stärker herausgefordert wird.
Wer darüber nachdenkt, sich jetzt nochmal den ersten Teil zu kaufen und zu spielen, bevor der zweite erscheint, sollte am besten vorab unseren Testbericht lesen:
Aber auch dafür hat Warhorse Studios eine Lösung gefunden: Mit dem Streitkolben oder der Axt braucht ihr sehr viel weniger Finesse und könnt mehr oder weniger einfach draufhauen. Und falls ihr nach dem Bogenschießen in KCD 1 schweißtreibende Albträume bekommen habt, dürft ihr jetzt auf die einfachere Armbrust umschwenken.
Anstatt das Kampfsystem weniger komplex zu gestalten, überlässt Warhorse also euch die Wahl: Wollt ihr euch mit einem Schwert so richtig reinhängen, könnt ihr das. Möchtet ihr aber nicht so viel Zeit in schwierige Kämpfe stecken, dürft ihr dem wenig komplexen Draufhauen frönen.
Derweil erwarten euch außerhalb des Kampfes wieder komplexe RPG- und Survival-Mechaniken: Braut Tränke minutiös nach Rezept, versucht Figuren in einem detaillierten Dialog- und Überredungs-System zu überzeugen, stehlt, betrinkt euch, verliert all euer Geld beim Würfeln und achtet darauf, dass ihr weder verhungert noch das Schlafen vergesst.
Übrigens wurde auch das Schlossknacken überarbeitet und ist jetzt einfacher. Kingdom Come Deliverance 2 macht also insgesamt einen äußerst guten ersten Eindruck: Hier gibt es mehr vom Guten und weniger anstrengende Passagen, die den Gesamteindruck des ersten Teils getrübt haben.
Eine Quest, unzählige Wege: Das schaffen nur wenige RPGs
Während einer Diebstahl-Quest in Kuttenberg – einer riesigen Mittelalter-Stadt, die nicht nur historisch genau nachgebaut wurde, sondern auch von etlichen NPCs bevölkert wird – ist mir vor allen Dingen eines aufgefallen: Es gibt nicht nur unzählige Möglichkeiten, ans Ziel zu kommen, sondern dazu noch verzweigte Story-Stränge, die sich aufeinander auswirken.
Je nachdem, wie ihr euch verhaltet, könnt ihr ganze Missionen übersehen oder verlieren. Ihr könnt bei einigen Quests wohl auch versagen und müsst dann mit den Konsequenzen leben. Insgesamt scheint KDC 2 zu versuchen, euch so viele Freiheiten zu gewähren, damit sich ein Spieldurchlauf von einem anderen stark unterscheidet.
Das birgt aber natürlich auch ein paar Gefahren: Bugs schleichen sich am allerliebsten in jene Spiele ein, die so viel Freiheit aufgrund ihrer Reaktivität bieten. Wenn jeder NPC seinem persönlichen Alltag folgt und sich mehrere komplexe Systeme im Spiel die Hand geben, führt das einfach sehr oft zu kleinen und größeren Fehlern, die nicht vorhersehbar sind. Das zeigen auch Spiele wie The Elder Scrolls 5: Skyrim oder Baldur’s Gate 3.
Insgesamt ist es beeindruckend, wie viel Warhorse Studios in Kingdom Come Deliverance 2 umzusetzen versucht. Und das hat in der Preview nicht nur ziemlich gut geklappt, sondern sah grafisch auch fantastisch aus. Na ja, bis auf ein paar etwas teilnahmslose Gesichtsausdrücke vielleicht und den ein oder anderen Bug. Etwa habe ich erlebt, wie das Kriminalitäts-System in Kuttenberg nicht so funktioniert hat, wie es sollte. Nach mehreren Verbrechen sollte mich eigentliche jede einzelne Stadtwache in Kuttenberg suchen – doch niemand von ihnen hat mich angesprochen. Andernfalls hätte ich die Quest wahrscheinlich auch nicht sofort geschafft.
Da es sich aber hier um eine Preview handelt und der Release des RPGs noch einige Monate auf sich warten lässt, muss das nichts heißen.
Ich glaube, dass KCD 2 ein richtiger Genuss für jene Spieler werden kann, die sich gern in komplexe Welten vertiefen und gute Charakter-Stories mögen. Hier wartet hoffentlich ein Mittelalter-Highlight auf euch, das am 11. Februar 2025 für PC, PS5 und Xbox Series erscheinen soll.