Immer wieder taucht das Darknet in der Berichterstattung auf, wenn es um illegale Waffen, Drogen, Kinderpornografie oder Foren von Terroristen und Amokläufern geht. Es existiert offenbar ein dunkles Netz neben dem normalen Internet, in dem sich vornehmlich Kriminelle treffen. Das ist allerdings nicht ganz richtig, wie wir euch hier aufzeigen wollen.
Das Darknet ist ein Teil des Tor-Netzes, dessen Hauptzweck darin besteht, Menschen auf der ganzen Welt einen anonymisierten und sicheren Zugang zu allen Seiten des Internets zu bieten. Natürlich nutzen auch Kriminelle diese „Sicherheit“, um ihre Geschäfte abzuwickeln – und nur diesen Teil des Tor-Netzes nennt man dann Darknet.
Übrigens hat das Darknet mit dem ebenfalls immer wieder sensationsheischend hervorgekramten „Deep Web“ nichts zu tun. Mehr Infos dazu gibt’s hier: Deep Web – So kommt ihr in den geheimen Teil des Internets.
Darknet-Zugang: So einfach kommt ihr rein!
Die Grundvoraussetzung für den Abruf von Darknet-Seiten ist ein Zugang ins Tor-Netzwerk.
- Unter Windows, MacOS oder Linux geht das am einfachsten mit dem Tor-Browser-Bundle. Das ist ein komplettes Paket aus einem angepassten Firefox-Browser und den nötigen Zugangstools für das Tor-Netzwerk. Ihr könnt es auch auf einem USB-Stick installieren und überall nutzen.
- Für Android gibt es den quelloffenen Proxy Orbot, mit dem ihr ins Tor-Netzwerk kommt und dabei auch euren Standard-Browser nutzen könnt.
- Unter dem Namen Onion-Browser finden iPhone- und iPad-User im App Store einen speziellen Browser, mit dem sie letztlich auch Zugang zum Darknet finden können.
All diese Hilfsmittel bringen euch aber erst einmal nur ins Medium, in dem sich das Darknet versteckt – in das Tor-Netzwerk. In diesem Netzwerk gibt es ein anderes Adressenformat, als man es im normalen Internet gewohnt ist. Während ihr mit www.giga.de auf diese Seite kommt, sind die Adressen dort kryptischer und enden auf „.onion“. Das bezieht sich auf die Zwiebelschalen-artige Struktur des Netzes, in dem unzählige Schichten übereinander liegen, um die Nutzer abzusichern.
Das Video erklärt in wenigen Schritten den Darknet-Zugang:
Darknet-Inhalte finden – erschreckend einfach
Die Sache mit dem Darknet ist die: Einerseits wird alles versteckt, weil man mit seinen illegalen Aktivitäten ja nicht auffliegen will. Andererseits muss man die Darknet-Seiten aber auch finden, weil es in vielen Fällen um einen Haufen Geld geht. Dementsprechend gibt es natürlich Anlaufstellen, wo man die Links zu vielen Seiten findet.
Beispiele:
- Unter wikitjerrta4qgz4.onion findet ihr „The Hidden Wiki“, eine Seite mit „Onion-Links“.
- Die Seite „Torlinks“ erreicht ihr unter der Adresse torlinkbgs6aabns.onion.
Neben reichlich Links, die tatsächlich zum Darknet gehören, findet ihr hier aber auch Seiten mit sicheren Messengern, E-Mail-Dienste, Chatrooms und anonyme Hosting-Dienste. Wie schon erwähnt, ist das Darknet nur ein Teil des Tor-Netzes. Es gibt auch Seiten, die vielleicht das NSA zum Darknet zählen würde, wie etwa die Seiten der Whistleblower von WikiLeaks. Ihr findet sie unter torlinkbgs6aabns.onion/#political.
In speziellen Foren diskutieren Spanier über den Rechtsmissbrauch der Gerichte, während Schweden und Finnen über Bitcoins diskutieren. Niederländer tauschen sich über Fußball aus und die Tschechen haben eine eigene WikiLeaks-Seite.
Was davon Darknet ist, dürfte immer eine Sache der Perspektive sein. Viele der Themen dort – vom holländischen Fußball mal abgesehen – haben keinen Platz im „öffentlichen Internet“, weil sie dort sofort von verschiedenen Seiten torpediert werden – was im Fall von Drogen, Raubkopien und Waffen ja OK wäre. Aber viele politische und geheimdienstliche „Unregelmäßigkeiten“ wären ohne diesen Platz immer noch im Verborgenen und Millionen von Menschen könnten sich ohne Tor-Netz und Darknet-Foren nicht frei im Netz mit Informationen versorgen.
Auch die bekannte „anonyme Suchmaschine“ DuckDuckGo hat eine Adresse im Tor-Netzwerk: Unter 3g2upl4pq6kufc4m.onion könnt ihr nach Informationen suchen und bekommt dabei in der Regel normale Internet-Adressen genannt, die ihr nun anonym besuchen könnt.
Tor- und Darknet-Linklisten sind wichtig
Natürlich ist es nicht OK, dass sich die Kriminellen und Terroristen im Darknet verstecken können, während ihr sie über solche Linklisten aber leicht findet. Das ist „der Preis der Freiheit“ im Tor-Netzwerk. Doch generell sind solche Listen sehr wichtig. Denn die dort aufgezählten Seiten sind nicht rund um die Uhr erreichbar. Oft genug laufen sie auf privaten Rechnern irgendwo in einer Wohnung und sie sind nur so lange online, wie der Rechner an und im Netz ist.
Dementsprechend ändern sich die Adressen vieler Seiten auch immer wieder und dann findet man sie nur über solche Linklisten – und oft genug stimmen nicht einmal diese.
Wie sicher seid ihr im Darknet?
Wer die Nachrichten zu diesem Thema verfolgt, wird in letzter Zeit eher über Darknet-Märkte und -Foren gelesen haben, die geschlossen wurden und deren Betreiber man gefasst hat. Nicht nur der Buchautor Yasha Levine zweifelt die Anonymität und Sicherheit des Tor-Netzes an. In seinem Buch „Surveillance Valley“ behauptet er sogar, das Netz sei zu fast 100 Prozent mit Geldern von US-Organisationen finanziert worden – unter anderem vom State Department.
Und sich hinter dem Tor-Netz zu verstecken nutzt wenig, wenn die Verfolger irgendwelche identifizierbaren Spuren finden. Angeblich hat der BND eine Möglichkeit zur Überwachung des Netzwerkes gefunden und bis es dort ankam, war es vermutlich schon ein paar Jahre bei NSA und CIA in Benutzung. Vor einer globalen Überwachung von Tor warnte schon 2014 das Portal Netzpolitik.org. Auch der Fernsehsender „Das Erste“ berichtete in dem Jahr darüber.
Angesichts der immer wieder erfolgenden Verhaftungen und dem Sterben bekannter Darknet-Seiten, kann man davon ausgehen, dass längst nicht mehr alles so anonym und „dark“ ist, wie manch einer es gerne hätte. Das ist schlimm für Menschen, bei denen die Suche nach freien Informationen lebensgefährlich sein kann, aber gut für die Sicherheit aller Opfer von Drogen, Waffen, Kinderpornografie und Hacks. Solange aber jeder Tor weiterhin für der Sicherheit letzten Schluss hält, wird es zum Beispiel für Chinesen hinter der Zensurmauer immer gefährlicher.