Häufig liest man den Spruch „Carpe diem“ als Status, auf Grußkarten oder im Poesiealbum. Auch im Internet-Zeitalter erfreut sich der uralte lateinische Spruch nach wie vor großer Beliebtheit, um die Lücke neben dem Punkt „Lebensmotto“ auf sozialen Netzwerken und Dating-Seiten zu füllen. Aber was heißt „Carpe diem“ eigentlich? Übersetzung, Bedeutung und wo der Spruch herkommt, erfahrt ihr hier.
Das geflügelte Wort als Lebensmotto zu nutzen, mag nicht unbedingt von Kreativität zeugen, aber sollte doch die Lebenseinstellung der Person beschreiben. Oft wissen diejenigen, die „Carpe diem“ als Lebensmotto nutzen, aber selbst gar nicht, was es genau bedeutet, da die gängige deutsche Übersetzung verschieden ausgelegt werden kann.
„Carpe diem“ – Übersetung und Bedeutung
„Carpe diem“ ist Lateinisch und bedeutet übersetzt „Genieße den Tag“ oder wörtlich übersetzt sogar „Pflücke den Tag“. In Deutschland hat sich jedoch vor allem die Übersetzung „Nutze den Tag“ etabliert, welche jedoch falsch verstanden werden kann.
In der ursprünglichen Bedeutung des Dichters Horaz (*65 v. Chr. – † 8 v. Chr.) ging es darum, nicht zu sehr über den folgenden Tag nachzudenken und das Hier und Jetzt voll zu genießen. Mit der missveständlichen Übersetzung „Nutze den Tag“ kann aber genau das Gegenteil verstanden werden, nämlich: Das man den Tag nicht unbedingt genießen, sondern möglichst viel an ihm erledigen beziehungsweise schaffen soll.
Von der Bedeutung ist „Carpe diem“ aber eigentlich näher an dem aus der Jugendsprache verbreiteten YOLO oder dem afrikanischen Sprichwort Hakuna Matata dran, als an einem Aufruf zum Pflichtbewusstsein.
„Carpe diem“ – Herkunft
Die wahre Bedeutung des Satzes ergibt sich aus seiner Herkunft: Der Ode „An Leukonoë“ des Dichters Quintus Horatius Flaccus (kurz Horaz), welche er um 23 vor Christus verfasst hat. Wie man aus der wortwörtlichen Übersetzung von Hans Zimmermann erkennen kann, geht es nicht darum, den Tag mit möglichst vielen Aufgaben zu füllen, sondern ihn zu genießen:
Du frage nicht, es zu wissen ist nicht gut, welches Ende mir, welches dir
die Götter geben werden, Leuconoe, und du sollst auch nicht Babylonische
Orakelspiele versuchen. Wieviel besser, was auch immer sein wird, zuzulassen,
sei es, daß noch viele Winter, sei es daß Iupiter uns den letzten zuerteilt hat,
der jetzt an widerstrebenden bricht an Klippen das Meer,
das Tyrrhenische: Sei weise! Läutere den Wein, und mit kurzer Erwartungsfrist
schneide die lange Hoffnung zurück! Schon während wir reden, ist neidisch entflohen
die Zeit: Pflücke den Tag, so wenig wie möglich glaubend dem folgenden!