Sich unfreiwillig biegende Smartphones, Empfangsprobleme, explodierende Akkus – in der Smartphone-Geschichte gab es viele eklatante Aufreger. Wir werfen einen Blick zurück und präsentieren die 10 größten Skandale der Smartphone-Branche.
Update: Dieser Artikel wurde ursprünglich im Oktober 2016 publiziert. Wir haben uns entschlossen, ihn auf den Stand des Jahres 2017 zu bringen und neu zu veröffentlichen. Insbesondere die Themen „Galaxy Note 7“ und „OnePlus“ wurden aktualisiert. Viel Spaß!
Inhalt
- Platz 10.: Wie dem Galaxy Note 5 ein S Pen stecken blieb
- Platz 9.: Ein nerviger Steppke und hysterische Hausfrauen stellen das Galaxy S4 vor
- Platz 8.: Snapdragon 810: Wie ein Smartphone-Chip zum Hitzkopf wurde
- Platz 7.: Benchmark-Schummeleien bei Samsung, HTC und LG
- Platz 6.: Cyanogen: Wie ein ambitioniertes Community-Startup an Egos und Schlammschlachten zerschellte
- Platz 5.: OnePlus: Gründerjahre im Fettnäpfchen
- Platz 4.: Das HTC ThunderBolt als Fehlstart für LTE
- Platz 3.: Liegt ein iPhone 4 in einer Bar … und hat Empfangsprobleme
- Platz 2.: Bendgate: Warum ist das iPhone 6 Plus krumm?
- Platz 1.: Apples Klage-Tsunami gegen Samsung
- Platz 0.: Das Samsung Galaxy Note 7
Smartphone-Skandale Platz 10: Das Samsung Galaxy Note 5 und der steckengebliebene Stylus
Im deutschsprachigen Raum hat dieser Lapsus zwar nicht so hohe Wellen geschlagen, da Samsung das Galaxy Note 5 in unseren Gefilden nicht offiziell herausbrachte. Verblüffend war dieser Mangel aber dennoch: Offenbar wurde schlicht übersehen, dass der S-Pen-Stylus des Galaxy Note 5 aus dem Jahr 2015 im Gerät steckenblieb, wenn man ihn falsch herum in die dafür vorgesehene Öffnung hineinsteckte. Mit dem nötigen Fingerspitzengefühl und Geduld ließ sich der „S Pen“ zwar auch wieder herausziehen; wer es jedoch mit Gewalt versuchte, riskierte einen permanenten Schaden.
Wie die Qualitätssicherung ein solches Problem übersehen konnte, ist uns schleierhaft und kann schon fast als „Foreshadowing“ für das ein Jahr später noch wesentlich kapitaler in die Binsen gegangene Note-7-Desaster gewertet werden. Immerhin: Samsung korrigierte den Fehler, ab Ende Januar 2016 bekam das Note 5 veränderte Hardware mit einem neuen Auswurfmechanismus, dank dem der Stift nicht mehr steckenbleiben konnte.
Bild: 9to5Google
Smartphone-Skandale Platz 9: Die bizarre Produktpräsentation des Samsung Galaxy S4
Samsungs Top-Smartphone für das Jahr 2013 war das Galaxy S4. Trotz der unbestrittenen Stärken des Geräts machte Samsung jedoch auch diverse Fehler. Abgesehen von der vielfach kritisierten Verarbeitung und der „Featuritis“ des Modells, war wohl die Produktpräsentation in New York das Lowlight. Mit dem steppenden Steppke Jeremy teaste Samsung das Event auf die nervigstmögliche Art an.
Auf der Bühne in der Radio City Music Hall präsentierte Samsung das Gerät dann auch noch vollkommen over the top. Singende, tanzende Musical-Darstellerinnen setzten das Galaxy S4 unter anderem bei der Hausarbeit in Szene, gackerten in Sektlaune herum und zeigten, wie die (in der Realität selten funktionierenden) Air-View-Gesten frisch lackierte Fingernägel schonen sollten. Samsung selbst hat das Video von der Produktpräsentation nicht mehr online, bei YouTube kann man sich das Event aber noch in seiner Gänze anschauen.
Besonders in den US-Medien wurde Samsung vorgeworfen, sexistische Stereotypen zu bedienen. Und selbst, wenn man sich diesem Vorwurf nicht umfänglich anschließt, weil die Inszenierung bewusst überzogen war und die ja nun mal tatsächlich sexistischen Fünfzigerjahre in den USA referenzierte, kommt man nicht umhin festzustellen, dass dieses Event deplatziert und für ein Smartphone komplett unangemessen war.
Smartphone-Skandale Platz 8: Hitzeprobleme im Snapdragon 810
Anfang 2015 wollte Qualcomm gleich in doppelter Hinsicht Boden gutmachen. Zum einen mit einer Achtkern-CPU, zum anderen mit 64-Bit-Kompatibilität, um Software effizienter ausführen und Arbeitsspeicher von 4 GB und mehr ansprechen zu können. Zwar hatte der Konzern mit dem Snapdragon 615 bereits ein entsprechendes Modell am Markt, das war jedoch in der Leistungs-Mittelklasse positioniert. Aus Sicht des Marktes war der Snapdragon 810 ein Sachzwang: Obwohl Qualcomms High-End-SoCs Snapdragon 801 und 805 ausreichend Leistung für aktuelle Geräte boten, zeigte insbesondere Apple im Vorjahr, dass 64-Bit ein Verkaufsargument in der Zukunft sein wird. Dementsprechend kamen Anfang 2015 die ersten Geräte mit dem Snapdragon 810 auf den Markt, einem Achtkern-Chip mit 64-Bit-Unterstützung, der theoretisch neue Leistungshöhen erklimmen konnte …
… was in der Praxis zumeist aber ein hehres Ziel blieb. Denn der Snapdragon 810 wurde schnell warm, um nicht zu sagen: heiß. Zumindest, wenn man ihn belastete, aber dafür sind High-End-SoCs ja nun einmal auch da. Die Hitze zeigte sich in aufwändigen Games, aber auch schon bei der ersten Einrichtung, wenn Apps CPU-intensiv optimiert werden mussten, beim Laden des Akkus oder der Aufnahme von 4K-Videos. Ein wichtiger Grund dafür dürfte gewesen sein, dass Qualcomm nicht wie zu 32-Bit-Zeiten auf eigene CPU-Kerndesigns wie den hochoptimierten Krait setzte, sondern aus Zeitgründen die weniger optimierten Referenzkerne von ARM eins-zu-eins übernahm – mutmaßlich, weil man schnell mit Apple gleichziehen wollte.
Mit dem Chip ausgestattete Geräte wie das LG Flex 2 und HTC One (M9) gerieten in den Ruf, fast schon zum Braten von Spiegeleiern geeignet zu sein – oder den Takt und damit die Leistung viel zu schnell herabzusenken, wenn kritische Temperaturen erreicht wurden.
Sony integrierte daher ins Xperia Z5 gar zwei Heatpipes für den S810 und Samsung verzichtete sogar zum ersten Mal seit 5 Jahren darauf, einige Varianten seiner Flaggschiff-Smartphones mit Qualcomm-SoC auszustatten. Stattdessen trumpfte Samsung 2015 auf und brachte seine Eigenentwicklung Exynos 7420 in die Galaxy-S6-Serie und das Note 5, die wesentlich besser performten – bei geringerer Hitzeentwicklung. Qualcomm konterte zwar noch mit einer Revision „v2.1“ des Snapdragon 810, offenbar beschränkten sich die Änderungen jedoch auf Software-Optimierungen und Hilfe für die Gerätehersteller bei der Integration. Einige Hersteller wie OnePlus beim OP2 takteten den Prozessor zudem herunter, die Probleme verschwanden jedoch nie komplett. In der Folge brachte Qualcomm Mitte 2015 mit dem Snapdragon 808 außerdem einen Sechskerner auf den Markt; dessen Leistung lag aber wiederum „nur“ etwa auf dem Niveau des Snapdragon 801, in einigen Bereichen sogar darunter.
Erst 2016 konnte Qualcomm wieder mit einem Spitzenchip überzeugen: Der Snapdragon 820 hat nur noch vier Kerne, ist aber dank der selbstentwickelten Kryo-Plattform so optimiert, dass er für Monate an der Spitze der Rangliste aller Mobil-SoCs lag. Wichtig vor allem: Der Chip bleibt so kühl, wie es sich gehört. Was lernen wir daraus? Ein übereilter Marktstart ist gefährlich und mehr Kerne sind nicht zwingend gleichbedeutend mit mehr Leistung.
Smartphone-Skandale Platz 7: Benchmark-Schummeleien bei Samsung, HTC, LG, Cyanogen und anderen
Ein Skandal, der 2014 Wellen geschlagen hat, waren die speziell auf hohe Leistungswerte in Benchmarks hin „optimierten“ Geräte-Firmwares von Samsung, HTC, LG und anderen Herstellern.
Um zu verstehen, was passiert ist, muss man etwas über die grundsätzliche Funktionsweise von Smartphones wissen. Die CPUs erreichen nämlich das im Datenblatt angegebene Leistungsniveau nur in den seltensten Fällen. Andernfalls würden die Geräte Strom verschwenden und heiß werden. Stattdessen regelt der sogenannte CPU-Governor die Taktfrequenzen von GPU (Grafikeinheit) und CPU (Hauptprozessor) dynamisch herauf, herunter und schaltet sogar ganze Kerne ab – je nachdem, wie viel Leistung gerade gefordert ist. Um nun in den für eine technologieaffine Zielgruppe besonders wichtigen Benchmarks gut dazustehen, programmierten einige Hersteller einen besonderen Modus in ihre Geräte ein: Sobald dieser erkannte, dass bestimmte Benchmark-Tools liefen, liefen alle Prozessor- und Grafikkerne immer „auf Hochtouren“, also mit allen Kernen aktiv und mit vollem Takt für CPU und GPU.
Pikant: Diese Trickserei wurde erkannt, weil die Namen der APK-Dateien der beliebtesten Benchmark-Tools „hardgecodet“ in Samsungs Programmcode gefunden wurden. Hersteller, die auf solche „Optimierungen“ verzichteten, kamen in den Benchmarks trotz ähnlicher Komponenten zumeist schlechter weg – Leistungsunterschiede von 10 bis 20 Prozent waren die Regel.
Kritiker warfen ein, dass das so gepimpte Leistungsniveau sonst praktisch nie erreicht wird und damit auch das Leistungspotenzial im Alltag nicht widerspiegelt. Schlimmer noch: Weil die automatischen Mechanismen zur Herabregelung der Takte bei zu hohen Temperaturen („Throttling“) außer Kraft waren, riskierte man bei langen Benchmark-Sitzungen zumindest theoretisch auch Schäden an den Hardware-Komponenten. Futuremark warfen seinerzeit alle Geräte aus ihren 3Dmark-Benchmark-Toplisten, denen diese Praxis nachgewiesen werden konnte – und das waren einige: Vom Samsung Galaxy S4 und Note 3 über das HTC One und One mini bis hin zum LG G2.
Nach der öffentlichen Kritik verzichtete zumindest Samsung auf solche Methoden und patchte die Optimierungen auch aus den Firmwares bestehender Geräte heraus. HTC hingegen machte weiter und verteidigte die Vorgehensweise als legitim. Das Team der CyanogenMod integrierte einen solchen Benchmark-Booster sogar nachträglich. Die Benchmark-Spezialisten von AnTuTu brachten mit dem (heute nicht mehr gepflegten) AnTuTu X außerdem eine Variante ihres Benchmarks auf den Markt, die nicht so leicht beschummelt werden konnte.
Smartphone-Skandale Platz 6: Cyanogen
Die Geschichte von Cyanogen hätte ein Paradebeispiel für die Macht der Community und einer guten Idee sein können. Stattdessen zerstörten große Egos, miese Kommunikation und anhaltende Schlammschlachten beide.
Es fing damit an, dass Steve „Cyanogen“ Kondik aus Seattle mehr Leistung aus seinem T-Mobile G1 herauskitzeln wollte. Das erste Android-Smartphone auf dem freien Markt bot die Möglichkeit, das Betriebssystem zu modifizieren, da der Code quelloffen verfügbar war – zum damaligen Zeitpunkt ein Novum. Kondiks „CyanogenMod“ schlug ein wie eine Bombe, schnell gesellten sich weitere Coder und Bastler um das Projekt, portierten die Arbeit auf weitere Geräte und brachten Android in einer puren Fassung und oft neueren als von den Herstellern vorgesehenen Versionen auf viele Dutzend Geräte. Millionen von Gerätebesitzern in aller Welt flashten „CM“ und goutierten damit die Arbeit des losen Entwicklerbundes.
2013, nach einer zwischenzeitlichen Anstellung in Samsung Mobiles Software-Abteilung, entschied sich Kondik dann zu einem mutigen Schritt: Das Projekt sollte professionell werden und als Geschäftsidee für ein Unternehmen herhalten. Als Wagniskapital-finanziertes Startup wollte Cyanogen seine komplette Android-basierte Firmware an Hersteller lizenzieren – mitsamt eines Großteils der zusätzlichen Features und Erweiterungen, die Dutzende Open-Source-Entwickler in den Jahren zuvor eingebracht hatten. An dieser Stelle gab es den ersten Knatsch: Nicht alle an CyanogenMod beteiligten Devs wollten den Schritt in die Kommerzialisierung mitgehen. Auch wenn die Firma Cyanogen Inc., kurz CYNGN, viele in der Vergangenheit am Projekt Beteiligte anstellte, fühlten sich andere von der Tatsache vor den Kopf gestoßen, dass gewinnorientierte Firmen von den Früchten ihrer ehrenamtlichen Arbeit profitieren wollten. Guillaume „XplodWild“ Lesniak kehrte seinerzeit als einer der prominentesten Devs Cyanogen den Rücken – und nahm seine ursprünglich für Cyanogen entwickelte Kamera-App Focal gleich mit.
Ein CEO mit kritischen Aussagen
CEO von Cyanogen, Inc. wurde Kirt McMaster, der in den kommenden Jahren mit einigen Aussagen von sich reden machte, die nicht nur wenig diplomatisch waren, sondern aus PR-Perspektive schlichtweg kontraproduktiv. So äußerte McMaster, dass man Android von Google befreien und dem Konzern mit einem eigenen App-Store, einem speziell entwickelten Ökosystem und Services „eine Kugel durch den Kopf jagen“ wolle – daraufhin kooperierte Cyanogen ausgerechnet mit Geldgeber Microsoft, um deren Dienste und den Sprachassistenten Cortana zu integrieren. Cyanogen schummelte außerdem bei den Nutzerzahlen und gab großspurig bekannt, dass Samsung und Apple im Jahr 2020 im Smartphone-Markt nichts mehr zu sagen hätten. Nun ja …
Zum Kotau kam es auch mit dem ersten großen Kooperationspartner OnePlus. Trotz der durchaus offen gehaltenen Kooperation beider Unternehmen unterschrieb OnePlus kurze Zeit nach dem OnePlus-One-Launch im Jahr 2014 einen Vertrag mit dem indischen Hersteller Micromax für das bei uns unbekannte Smartphone Yureka Yu. Der Haken daran: Cyanogen sicherte Micromax zu, Cyanogen OS in Indien exklusiv verwenden zu dürfen. Als nun OnePlus mit dem One den einträglichen indischen Markt betreten wollte, erwirkte Micromax eine einstweilige Verfügung gegen den Launch des OnePlus One, weil dieses die Exklusivitätsvereinbarung zwischen Yureka und Cyanogen brach.
OnePlus war selbstverständlich „not amused“, es kam zum endgültigen Bruch zwischen OnePlus und Cyanogen, die Kirt McMaster gewohnt markig mit der Stoßrichtung „Ohne uns wäre OnePlus nichts“ kommentierte. Seitdem entwickelt OnePlus sein eigenes Oxygen OS, das in vielerlei Hinsicht starke Ähnlichkeit zu Cyanogen OS aufweist und unter anderem von Leuten entwickelt wird, die zuvor für den CM-Fork Paranoid Android verantwortlich waren.
Cyanogen selbst bastelte noch für einige Zeit Firmwares für einige kleine Partner – die Spanier von bq, das britische Unternehmen Wileyfox, den hierzulande als Alcatel firmierenden Konzern TCL und die Lenovo-Tochter ZUK. Eine Marktmacht, mit der man am Stuhl von Google sägen wollte, sah freilich anders aus.
Nach internen Zerwürfnissen mit Steve Kondik räumte Kirt McMaster im Oktober 2016 den Chefposten bei Cyanogen, 20 Prozent der Angestellten wurden entlassen. Die Firma gab zunächst bekannt, ihren Fokus zu ändern – hin zu mehr Services, APIs und das eigene MOD-Framework. Im Dezember wurde dann auch Steve Kondik endgültig „gegangen“, er machte in dem Zuge noch Stimmung gegen Kirt McMaster, der aus seiner Sicht die Schuld an den Problemen der Firm getragen habe. Und wer nun denkt, dass das nun endgültig genug Skandal gewesen wäre, irrt. Zu Weihnachten kündigte die Open-Source-Mannschaft rund um CyanogenMod an, künftig unter dem weniger belasteten Namen LineageOS weiter zu arbeiten, woraufhin die Rumpffirma Cyngn den Zugriff auf die Serverinfrastruktur komplett kappte.
In der Folge lebt LineageOS das geistige Erbe von CyanogenMod weiter, laboriert aber immer noch an der geringeren Bekanntheit des Projekts. Die Firma CYNGN hat den Fokus gewechselt und arbeitet angeblich an autonomen Fahrzeugen, im Sommer räumte McMaster auch den Vorstandsposten. McMaster gründete daraufhin das Unternehmen Nere, das Produkte im Bereich der Bionik entwickeln möchte. Steve Kondik wiederum bastelt bei Facebook an Virtual Reality herum. Blickt man auf die Szene des Android-Moddings, scheint die goldene Zeit der Custom Firmwares vorüber zu sein. Den besten Intentionen von CYNGN zum Trotz dürften die anhaltenden Skandale rund um das Unternehmen ein erheblicher Faktor dafür gewesen sein.
Smartphone-Skandale Platz 5: OnePlus und viele Fettnäpfchen
OnePlus ist ein Unternehmen, das sich gerne als modernes Smartphone-Startup geriert; auch wenn mit BBK ein solventer internationaler Geldgeber hinter dem Unternehmen steht. Der Erfolg, die internationale Berichterstattung und die durchaus guten Smartphones geben der Firmenstrategie recht, trotzdem war insbesondere die Anfangszeit des Unternehmens geprägt von Skandalen und Aufregern, die wir hier der Einfachheit halber zusammenfassen: Zunächst einmal war das erste Smartphone der Firma, das OnePlus One, im Prinzip kein eigenes Gerät, sondern ein nur leicht modifiziertes Oppo Find 5.
Okay, das juckte seinerzeit niemanden, weil das One konkurrenzlos preiswert war – wenn man es denn bekommen konnte. Denn dank des in der Community unisono gehassten Invite-Systems gab OnePlus seine Smartphones zunächst nur in geringen Mengen heraus. Das führte dazu, dass ebenjene Invites, auf Deutsch: das Recht, das OnePlus One überhaupt zu kaufen, bereits für dreistellige Eurosummen auf eBay gehandelt wurde. Dazu kamen Qualitätsmängel, insbesondere beim Display, das häufig einen gelben unteren Rand („Yellow Tint“) aufwies, Gewährleistungsansprüche wurden teilweise gar nicht bearbeitet und obendrein machte die PR-Abteilung mit sexistischen Marketing-Stunts Negativ-Schlagzeilen. Und schließlich war da noch der Clinch mit dem Software-Partner Cyanogen, auf den wir bereits eingegangen sind.
Immerhin: Wir reden heute noch über OnePlus. Das liegt zum einen daran, dass der Konzern aus seinen Fehlern lernt, zum anderen daran, dass die Smartphones zwar nicht mehr konkurrenzlos toll, aber immer noch ziemlich gut sind – wie man zuletzt in unserem Test zum OnePlus 5 sehen konnte. So ganz ohne Drama geht es dann aber doch nicht, zuletzt machte OnePlus mit einem Datenschutzskandal Negativschlagzeilen. Zur Produktverbesserung sammelte OnePlus in der eigenen Android-Variante OxygenOS jede Menge Daten von den Nutzern, inklusive der Telefonnummern, Seriennummer, IMEI und MAC-Adressen verbundener WLANs. Die Daten lassen schlimmstenfalls eindeutig zuordenbare Rückschlüsse auf den Standort jedes einzelnen Nutzers zu. OnePlus-Chef Carl Pei hat angekündigt, dass man in Zukunft defensiver Daten sammle, seine Nutzer besser informiere und eine Möglichkeit schaffen werde, die Datensammelei abzuschalten.
Smartphone-Skandale Platz 4: HTC ThunderBolt – schnell (entladen) wie der Blitz
Der Slogan des ersten in der Breite verfügbaren LTE-Smartphones überhaupt lautete (sinngemäß übersetzt) „Es ist nicht dein Traum-Handy, es ist das Handy danach“ – was sich in seiner Doppeldeutigkeit negativ bewahrheiten sollte.
Dabei waren die Voraussetzungen durchaus günstig: Das HTC ThunderBolt basierte auf dem populären HTC Desire HD und sollte den beeindruckenden Datendurchsatz vom nagelneuen LTE-Netzwerk des US-Providers Verizon Wireless demonstrieren. Doch der Teufel lauerte in zahlreichen Details. Nicht nur, dass HTC und Verizon nach der Demonstration auf der CES Anfang Januar 2011 mehr als drei Monate brauchten, um das Gerät auf den Markt zu bringen. In der Verkaufsversion fehlten dann auch Features, mit denen das Gerät ursprünglich beworben wurde – insbesondere die Möglichkeit, plattformübergreifende Videoanrufe per Skype durchzuführen, was seinerzeit ein absolutes Novum gewesen wäre.
Schließlich, und das war wohl das Schlimmste, war das HTC Thunderbolt ein Akkufresser, wie man ihn damals und auch danach wohl nicht mehr gesehen hat. Das lag neben dem mit 1.400 mAh zu kleinen Akku auch an dem damals noch nicht im SoC integrierten LTE-Modem. So hielt ein vollgeladenes Gerät selbst bei geringer Nutzung mitunter nur drei Stunden durch – insgesamt wohlgemerkt, nicht bezogen auf die Screen-on-Time. Nutzer berichteten, dass ihr Telefon an der Strippe im Auto hing und dabei trotzdem noch Strom verlor. Dass das Gerät diverse Bugs hatte und die Updates auf Android 2.3 Gingerbread und 4.0 Ice Cream Sandwich noch ewig auf sich warten ließen, sind vor diesem Hintergrund fast schon Randnotizen. In einem Satz: Das HTC ThunderBolt war ein Fiasko und eine Strafe für mutige Early Adopter – sogar Apple-Mitgründer Steve Wozniak bezeichnete das ThunderBolt übrigens als das „schrecklichste“ Smartphone, das er je besessen hatte. Kurios: HTC entschuldigte sich 2013 öffentlich für das ThunderBolt.
Smartphone-Skandale Platz 3: Der Bar-Leak und das „Antennagate“ beim iPhone 4
Sie halten es falsch. Steve Jobs‘ berühmte Worte „You're holding it wrong“, die es sogar ins Urban Dictionary geschafft haben, galten einem Nutzer, der sich bei ihm per E-Mail über die Empfangsqualität seines iPhone 4 beschwerte. Nach einer schnell zunehmenden Zahl an Beschwerden und immer mehr Medienberichten, wonach das iPhone 4 signifikant schlechteren Empfang hatte und sogar Gespräche abbrachen, konnte Jobs das Problem aber nicht mehr negieren. Ein Skandal, der später als Antennagate in die Annalen der Smartphone-Geschichte eingehen sollte, nahm seinen Anfang.
Jobs erklärte auf einer eigens einberufenen Apple-Pressekonferenz zwar zerknirscht, dass die Anzeigestärke von Konkurrenz-Smartphones gänzlich anders konfiguriert sei, dass das iPhone 4 hochzufriedene Nutzer habe und die Anzahl derer, die unter Empfangsproblemen leiden, weniger als 1 Prozent betrage und damit deutlich unter dem iPhone 3GS liege. Trotzdem lancierte Apple ein Programm, dank dem jeder iPhone-4-Besitzer eine kostenlose Hülle oder einen Bumper bekommen durfte – mit denen die Empfamgsprobleme tatsächlich passé waren. Alternativ durfte jedermann das iPhone 4 zurückgeben und sein Geld zurückerhalten.
Der Launch des iPhone 4 stand aber auch in anderer Hinsicht unter keinem guten Stern. Im Vorfeld des großen Präsentations-Events hatte ein betrunkener Apple-Entwickler sein Gerät in einer Bar liegen lassen. Das US-Techblog Gizmodo bekam das Smartphone in die Finger, verriet genüsslich alle Details vorab … und wurde daraufhin auf immer und ewig von allen Apple-Events ausgeladen.
Smartphone-Skandale Platz 2: Das „Bendgate“ beim iPhone 6 Plus
Mit dem iPhone 6 Plus brachte Apple im Herbst 2014 zum ersten Mal ein so genanntes Phablet auf den Markt – ein Smartphone mit großem 5,5-Zoll-Display. Dieser Schritt brachte Apple viel Applaus ein, der jedoch flugs in Spott und Häme umschlug.
Schon kurz nach dem Marktstart gab es erste Berichte, nach denen Nutzer, die das Smartphone in der Gesäßtasche trugen, was nicht unüblich bei so großen Geräten ist, und sich versehentlich darauf setzten, plötzlich ein verbogenes iPhone 6 Plus in der Hand hielten. Ein Video des YouTubers Unbox Therapy, das mittlerweile 70 Millionen Views gesammelt hat, illustrierte das Problem bildgewaltig.
Schuld war das Gehäuse aus Aluminium, das an der Stelle der Lautstärkebuttons einfach nicht stabil genug war: eine ungeplante Sollbruchstelle, wenn man so will. Apple saß das Problem mehr oder weniger aus und gab lapidar in einer Pressemitteilung zu Protokoll, dass in den ersten sechs Tagen nach Verkaufsstart nur 9 Kunden wegen eines gebogenen iPhone an den Konzern herangetreten seien. Im Netz kursierten jedoch schnell hunderte Meldungen zu verbogenen iPhones. So ganz negieren konnte Apple das Problem also nicht und verstärkte für den Nachfolger iPhone 6s (Plus), ohne dies an die große Glocke zu hängen, die Aluminiumverkleidung.
Smartphone-Skandale Platz 1. Samsungs „Plagiate“ und Apples Klagewelle
Als Samsung sein Galaxy S auf den Markt brachte, fühlte sich Apple stark an sein iPhone erinnert – bezogen auf Hard- wie Software. Auch Samsungs erstes Tablet „Galaxy Tab“ hatte Apple zufolge zu starke Ähnlichkeit und Verwechslungsgefahr mit dem iPad. Steve Jobs war sowieso schon angefressen von der Existenz Androids und hatte Google daher den „thermonuklearen Krieg“ erklärt, mit dem Ziel der Zerstörung des Mobil-OS. Nicht ausschließlich, aber vor allem Samsung wurde daher seit 2011 mit Klagen wegen verletzter Patente und kopierter Geschmacksmuster auf der ganzen Welt überzogen. Apple konnte nicht alle, aber viele davon gewinnen, erwirkte einige zeitweilige Verkaufsverbote und Samsung wurde im wohl wichtigsten Prozess in den USA zum Schluss mit der Strafsumme von 548 Millionen US-Dollar belegt.
Das mag nach viel klingen, für einen gigantischen Konzern wie Samsung sind das im Verhältnis zum Gesamtumsatz jedoch Peanuts. Die Medienaufmerksamkeit dürfte Samsung sogar genützt haben: So konnten sich die Südkoreaner im Zuge der Prozesse ironischerweise als ernsthafte Konkurrenz zu Apple positionieren und präsentierten sich, vor allem in den USA, in Werbeclips zusätzlich als frische Alternative zum iPhone. Mit bekanntem Erfolg.
Platz 0: Die spontanen Selbstentzündungen des Samsung Galaxy Note 7
Einen zusätzlichen Platz 0, aber nicht als Bonus unter „ferner Liefen“, sondern als Platz 0 im Sinne von „Ground Zero“ müssen wir in unserer Auflistung dem Debakel um die sich spontan selbst entzündenden Akkus des Galaxy Note 7 einräumen. Denn dieser Skandal ist eben nicht einer unter vielen. Er hat eindeutig eine neue, bislang nicht dagewesene Qualität. Man mag die vorangegangenen Skandale bewerten, wie man will, letztlich ging es aber immer um Animositäten zwischen Personen, Firmen oder Probleme, die „nur“ die korrekte Funktionsweise der genannten Smartphones betrafen. Das Galaxy-Note-7-Desaster ist hingegen eine reale Gefahr für Leib und Leben von Nutzern und Angehörigen.
Dass Samsung es selbst mit den ausgetauschten Geräten nicht geschafft hat, dieses Problems Herr zu werden, ist nur das Sahnehäubchen. Und auch die Konsequenzen sind so drastisch, dass das sonst sicher etwas zu freimütig verwendete Suffix „-gate“ in Anlehnung an die Watergate-Affäre durchaus seine Berechtigung hätte.
Zu den Schäden, die aus der Entwicklung des Gerätes, den Kosten für Rohstoffe, Produktion und Werbung/PR, dem Rückruf und die Demontage von immerhin mehreren Millionen Geräten kommen, gesellen sich zweifelsohne noch Schadensersatzforderungen hinzu, wenn Menschen und Eigentum tatsächlich zu Schaden gekommen sind. Kaum bezifferbar ist der Imageschaden und die indirekte Stärkung der Konkurrenz durch den Wegfall des Galaxy Note 7 aus dem Mobilfunkmarkt.
Branchenanalysten schätzten den Schaden für Samsung auf 17 Milliarden US-Dollar, aber der langfristige Schaden für das Image von Samsungs Mobilfunkabteilung lässt sich kaum abschätzen. Das fehlerhafte Note 7 wurde weit über Branchenmedien heraus besprochen, hat es in Deutschland unter anderem in die Tagesschau und alle relevanten Nachrichtenmedien geschafft, im Internet kursieren unzählige Witze, Meme und sogar eine GTA-Mod, in der man das Note 7 anstelle von Sprengstoff verwenden kann, um Chaos anzurichten. Menschen, die nicht allzu tief mit der Materie befasst sind, fragten sich, ob auch ihr Samsung-Gerät betroffen ist, selbst wenn es sich nicht um das Galaxy Note 7 handelt. In Flugzeugen und auf Kreuzfahrtschiffen ist die Nutzung des Note 7 mittlerweile verboten.
Treppenwitz der Geschichte: Für Smartphone-Geeks besonders bitter ist die Tatsache, dass das Galaxy Note 7 – abgesehen von dem gefährlichen Akkudefekt – ein fantastisches Gerät ist, wie unser Test zum Samsung Galaxy Note 7 bewies.
In der Folge mauserte sich Samsung jedoch zum Saulus zum Paulus: Die Akkus für neue Geräte der Koreaner werden penibel geprüft, damit solche Probleme nicht wieder auftreten. Im Zweifel baut Samsung heute Geräte, die etwas weniger dichte, dafür sicherere Akkus besitzen. Der Note-7-Nachfolger Galaxy Note 8 räumte im Test wieder eine Bestnote ab, und das ganz ohne explosive, aber ungewollte Zusatzfeatures. Einziger großer Kritikpunkt: Die geringe Akkuleistung. Nun, man kann eben nicht alles haben.