Im Rahmen unseres Themenspecials, werfe ich mich für die Lokalisierung von Filmen, Serien und Videospielen in die Bresche und verteidige mit deutscher Nüchternheit die oft großartige Arbeit von Synchronstudios.
Disclaimer: Dies ist meine persönliche Meinung, die Du Dir allerdings auch nicht so zu Herzen solltest. Wir kennen uns wahrscheinlich nicht und daher kann ich Dich auch nicht persönlich angreifen. Ich bin einfach nur ein wenig angesäuert von tauben Fürsprechern des Originaltons – vor allem, wenn damit sowieso nur die englische Sprache gemeint ist. Also immer schön ruhig Blut und eine Diskussion über Deine Erfahrungen ist ausdrücklich erwünscht!
Unter Cineasten und Serienjunkies gibt es den durchaus populären Standpunkt, dass eine deutsche Synchronfassung so etwas wie Blasphemie gegenüber dem Original darstellt. In deutscher Sprache wäre das Werk nur noch lahm und der komplette Inhalt unkenntlich. Fun Fact: Das Gleiche wird meist auch über heimische Produktionen gesagt. Womöglich mögen also einige einfach nur Deutsch als Sprache nicht. Oder etwas versöhnlicher formuliert, sie lieben vielmehr das Fremde bei internationalen Filmen und Serien. Englisch aber über den Klee zu loben – nicht anderes meint ja Originalton häufig – ist eine maßlose Überhöhung der englischen Sprache.
Ich will an dieser Stelle jedoch keine Lanze für deutsche Produktionen brechen, sondern lediglich für lokalisierte Fassungen an sich. Eine Synchronisierung ist nicht per se schlechter als das Original, eine gute Synchronisierung kann für den Einzelnen sogar besser sein. Ich gebe allerdings zu, dass es ein paar ganz schwere Aussetzer gibt. Fast jeder Film mit Arnold Schwarzenegger strahlt etwa in deutscher Sprache eine Ernsthaftigkeit aus, die im Original selten gewollt war. Tatsächlich gehören aber Dialekte oder ein besonderer Akzent zu den großen Hürden für eine gute Synchronisierung. Trotzdem liegt genau hier auch die Chance, etwas besser zu machen.
Eine Verständnisfrage
Das Problem am Originalton ist, dass für Dich viele Informationen schwerer verständlich sind, wenn es nicht Deine Muttersprache ist. Du musst den Dialekt schließlich nicht nur verstehen, sondern auch noch wissen, wofür er steht. Und Gleiches gilt für Metaphern und regionale Eigenheiten. Nicht alles davon lässt sich in die eigene Sprache übertragen. Hat sich ein Team aber wirklich Gedanken über die Synchronisierung gemacht, kann das helfen, das Werk besser zu verstehen. Und das gilt vor allem für jene, die selbst mit englischen Untertiteln Mühe haben, dem Inhalt zu folgen. In dem Alter als ich beispielsweise The Day of the Tentacle gespielt habe, war ich froh, dass es eine solch hervorragende Sprachausgabe gab.
Natürlich besteht darin immer auch die Gefahr, etwas zu verfälschen. Ein Klassiker wie Casablanca wurde durch die ursprüngliche Lokalisation massiv verändert und funktioniert ganz anders. Politisch ungewollte Inhalte wurden früher manchmal ausradiert. Die Synchronisierung ist dann keine Bereicherung, sondern wird fast schon zur Zensur und das gilt es auch zu kritisieren. Immerhin hast Du aber fast immer die Möglichkeit, Dir den Film trotzdem im Originalton anzuschauen. Echte Zensur wäre es, wenn das Original verboten wäre. Und das ist auch nicht, was ich meine.
Granatenstark, Hoschi!
Umgekehrt kann ein lahmes Original genauso auch verbessert werden. Die Sprüche in Bill und Ted's verrückte Reise durch Zeit sind oft cooler in Deutsch. Auf die großartige deutsche Fassung der Filme von Bud Spencer & Terrence Hill will sicher auch niemand mehr verzichten. Und selbst Filme wie The Big Lebowski, Das Leben des Brian oder Fight Club haben eine großartige Synchronisierung bekommen, die sich hinter dem Original nicht zu verstecken braucht. Und stell Dir mal vor, Du müsstest auf „Probier's mal mit Gemütlichkeit“ aus dem Dschungelbuch verzichten und hättest stattdessen nur „The Bare Necessities“ wie im englischen Jungle Book.
Übrigens hilft ein Blick nach Übersee, um zu erkennen, dass ein Originalton nicht immer hilfreich ist. In den USA werden ausländische Filme fast nie synchronisiert, sondern nur mit Untertiteln versehen. Das führt aber auch dazu, dass diese Filme dort nur eine Nische abdecken. Viel häufiger passiert es, dass der Film mit amerikanischen Schauspielern einfach neu gedreht wird. Der Überflieger Tony Erdmann beispielsweise soll nun mit Jack Nicholson in der Hauptrolle produziert werden. Amerikaner wollen nämlich mitnichten lieber den Originalton, wie gern behauptet wird. Und da lobe ich mir doch die Synchronisierung statt der kompletten Neuinterpretation.
Lästige Sparzwänge
Bei Spielen wäre die Entscheidung eigentlich noch einfacher. Es gibt zumindest nicht die gleichen Probleme bei der Synchronisierung wie beim Film. Software passt heute die Lippenbewegung an den Ton an und macht es so leichter, Lippensynchronität herzustellen. Es ist nicht wie bei französischen Filmen, bei denen Du sofort siehst, dass sie synchronisiert sind. Games leiden allerdings viel öfter unter einer insgesamt schlechten Vertonung beziehungsweise Übersetzung.
Übersetzungsfehler kommen in der Games-Branche häufig dadurch zustande, dass gespart wird oder die Arbeiten unter Zeitdruck durchgeführt wurden. Wenn Entwickler bis zur letzten Minute an einem Spiel arbeiten, bedeutet das manchmal auch für die Lokalisierung jede Menge Stress. Um alles zu schaffen, werden die Dialoge für die Sprachausgabe daher oft bereits zu einem Zeitpunkt aufgenommen, an dem das Spiel noch nicht fertig ist. Das Team der Lokalisierung und Synchronsprecher muss also mit unfertigem Material arbeiten und kann manchmal nur ahnen, worum es in einer Szene geht.
Bekannt, bewährt, erfahren?
Und dann spielt natürlich der Synchronsprecher selbst eine wichtige Rolle. Manchmal werden passende Sprecher genommen. Manchmal hören wir immer wieder dieselbe Stimme. Bei Filmen und Serien ist das schon lästig. Doch selbst Gaming-Bereich gibt es inzwischen schon Typen wie Nolan North. In Deutschland haben wir den Vorteil, dass es wirklich viele, sehr gute Sprecher gibt und die Auswahl somit größer ist. Eine echte Sicherheit ist das aber auch nicht. Zuletzt mussten meine Ohren bluten, als ich Dishonored 2 gespielt habe, weil die Stimmen einfach so gar nicht passten – da nützt auch die Stimme von Bruce Willis nichts.
Aber es gibt auch genau solche Beispiele, bei denen Du vielleicht die deutschen Sprecher sympathischer findest als im Original. Marge Simpson war für viele so ein Fall. Mit Elisabeth Volkmann hat sie aber auch wirklich eine großartige Stimme bekommen. Im Games-Bereich gehört beispielsweise inFamous und durchaus auch Uncharted zu den guten Beispielen. In den USA gibt es inzwischen einen Trend, Prominente für Animationsfilme und Spiele einzusetzen. Weil diese Leute nicht dafür ausgebildet wurden, ist das Ergebnis zum Teil arg mittelmäßig, selbst wenn es das Original ist.
Warum ich eine gute Lokalisierung bevorzuge
Was ein guter Synchronsprecher und ein gutes Lokalisierungsteam leisten kann, das kann eben kein Laie. Deswegen ist der Originalton der japanischen Spiele oft beliebter als die englische Version – die Sprecher sind Profis und geübt durch die vielen Anime, die ebenfalls vertont werden müssen. Gleiches gilt für The Witcher 3, das im polnischen Original besser ist, weil sich die Macher ordentlich reingekniet haben. Wird diese Arbeit in Deutschland ernst genommen und mit entsprechender Sorgfalt durchgeführt, dann ist auch das Ergebnis stimmig.
Auf den Originalton zu pochen, finde ich aber dämlich – insbesondere bei Videospielen, bei denen alle Versionen gleichermaßen synchronisiert werden müssen und es viel bessere Möglichkeiten gibt, Inhalte lokal anzupassen. Wer stumpf darauf pocht, will wahrscheinlich nur cooler wirken als der Rest. Aber vielleicht formuliere ich es etwas diplomatischer: Es gibt Spiele, Filme und Serien mit schlechter und solche mit großartiger Synchronisierung. Wirklich „echt“ kann zwar nur das Original sein, aber das sagt nichts über die tatsächliche Qualität aus. Auf eine gelungene Lokalisierung lasse ich mir jedenfalls nichts kommen.