Mit dem packenden Biopic „Straight Outta Compton“ über die legendäre Crew N.W.A brachte Regisseur F. Gary Gray im vergangen Jahr endlich den Hip Hop zurück in den Mainstream. Auch wenn der Film sein Publikum spaltete, so führte er uns allen doch schmerzhaft vor Augen, wie sehr uns Hip Hop und Gangster-Rap in den letzten Jahren im Kino gefehlt haben. Gerade vor dem Hintergrund seiner reichhaltigen und spannenden Geschichte ist die aktuelle Abwesenheit des Hip Hop-Films äußerst bedauerlich. Wir blicken zurück und beschwören die vergessenen Geister einer kleinen Subkultur, die zu einem globalen Phänomen wurde. Hier sind jene zehn Hip Hop-Filme, die man unbedingt gesehen haben sollte.
Style Wars (1983)
Wo besser beginnen als am Anfang. „Style Wars“ gilt gemeinhin als der erste Hip Hop-Film überhaupt. Und das spürt man in jeder Sekunde des Films. Die ursprüngliche Energie, die in diesem archaisch zusammengeflickten Stück Film steckt, schäumt bei Schauen regelrecht über.
Handwerklich ist „Style Wars“ heute allerdings kaum noch genießbar. Doch das spielt bei diesem essentiellen Zeitdokument auch keine große Rolle. Immerhin tauchen in diesem Film Fab 5 Five und Grandmaster Flash neben weiteren, wichtigsten Ikonen der Graffito-Kunst auf. Wer es mit dem Hip Hop ernst meint, muss das Ding einmal gesehen haben.
Dave Chappelle’s Block Party (2004)
Man, ist das schon wieder lange her, dass der Stand-up Comedian Dave Chappelle in den Medien allgegenwärtig war. Seine wohl wichtigste Hinterlassenschaft hat 2016 jedoch nichts an Reiz verloren. „Dave Chappelle’s Block Party“ ist ein Konzertfilm der ganz besonderen Art.
Auf dem Höhepunkt seines Schaffens startete der Komiker eine kleine US-Tour durch´s Land und lud dabei alle Hip Hip-Größen ein, die er selbst für cool genug befand. Zum Glück hatte Chappelle einen ziemlich guten Geschmack, was uns diesen enorm viel gute Laune verbreitenden Streifen voller einmaliger Auftritte schenkte. Dabei waren damals unter anderem Kanye West, Mos Def, Erykah Badu, The Roots und die fucking Fugees!
Boyz N the Hood (1991)
Der Mainstream-„Ghetto-Film“ schlechthin. John Singletons eindringlich inszeniertes Drama über das Heranwachsen in South Central L.A. spaltete Amerika seinerzeit wie kaum ein anderer Film über das kontroverse Thema. Ein Film, der gleichzeitig geliebt und gehasst wurde. Auf der einen Seite standen zwei Oscar-Nominierungen und der große Respekt für die mitreißenden Darstellungen von Laurence Fishburne, Ice Cube und Cuba Gooding Jr.
Auf der anderen Seite stand der Vorwurf einer Romantisierung von Gewalt und Elend im Film. Eine Kritik, die sich um ein Vielfaches verschärfte als es 1992, also kurz nach Erscheinen des Films, zu den fruchtbaren Ausschreitungen in Los Angeles kam.
This is the Life (2009)
Wer heute Hip Hop sagt, hat sofort eine „Gangsta“-Attitüde im Kopf. Dass das so ist, das hat natürlich mit dem popkulturellen Siegeszug des Gangster-Raps in den 90er Jahren zu tun. Und mit der Niederlage der dazugehörigen Gegenbewegung. Das offene Mikrofon des „Good Life Cafe“ in L.A. war das Epizentrum dieser alternativen Gestalt des Hip Hop. Wer hier auftrat, der durfte nicht einmal fluchen.
Die 2008er Dokumentation “This is the Life“ von Ava DuVernay ist eine leidenschaftlich produzierte Chronologie dieser gescheiterten (?) Version des Hip Hop. Mehr Liebe für das Thema wird man wohl kaum finden. Zu den in der Doku Interviewten gehören: Myka 9, P.E.A.C.E. von Freestyle Fellowship, Chali 2na, Cut Chemist von Jurassic 5, Medusa, Abstract Rude, Pigeon John, 2Mex, Chillin Villian Empire und Busdriver.
Slingshot Hip Hop (2008)
Manchmal ist der beste Blick auf einen altbekannten Gegenstand einer aus einer komplett neuen Perspektive. Die kleine Doku „Slingshot Hip Hop“ leistet in dieser Hinsicht erstaunliches. Hier begibt sich eine Gruppe von Palästinensischen Kids auf die Suche nach einer Alternative zum Steinewerfen – und findet Hip Hop.
Was auf dem Papier nach didaktischem Arthouse-Kino über den ewigen Kreis der Gewalt klingt, ist tatsächlich eine ungemein packende und aufwühlende Aufstiegsstory und eine der eindringlichsten Pop-Parabeln zum Israelisch-Palästinensischer Konflikt. Hip Hop ist ein globales Phänomen. Was das eigentlich bedeutet, zeigt „Slingshot Hip Hop“ besser als jeder andere Film.
Ghost Dog: Way of The Samurai (1999)
Ist “Ghost Dog“ überhaupt ein Hip Hop-Film? Ist er nicht vielmehr ein Wu Tang-Film? Oder ein Samurai-Noir-Streifen? Oder vielleicht ist er einfach ein typischer Jim Jarmusch-Film, der sich eben bei der Hip Hop-Kultur bedient? Ganz ehrlich – uns ist das egal.
Unser Bauchgefühl sagt uns, dass dieser Film einfach auf diese List gehört. Und das nicht nur aufgrund des wahrscheinlich besten Hip Hop-Soundtracks (von RZA), den es je gegeben hat.
Hustle & Flow (2005)
In puncto Authentizität gewinnt „Hustle & Flow“ keinen Blumentopf, da sind wir uns hoffentlich alle einig. Das hier ist ein urbanes Märchen. Doch es ist DAS Märchen der Hip Hop-Kultur schlechthin. Vom Hustler zum Rap Star. Eine hoffnungslos romantisierte Aufstiegssaga, die uns vom Pimp zum Platten-Papst führt und die dabei auftauchenden Klischees umarmt, statt sie zu vermeiden. Ein Film, der in erster Linie durch Terrence Howards tolle Performace, die fette Musik und das handwerkliche Gespür des Regisseurs Craig Brewer getragen wird. „Hustle & Flow“ is not keeping it very real, aber manchmal macht genau das eben auch sehr viel Spaß.
Beat Street (1984)
Was passiert mit aufkommenden Subkulturen? Genau - sie werden am Ende in schlechten Hollywoodfilmen stümperhaft karikiert. „Beat Street“ war so ein Film. Schon 1984 sahen die Produzenten das kommerzielle Potential in der sich rasant verbreitenden Hip Hop-Szene und gaben die ersten Projekte, die sich mit der Subkultur auseinandersetzen, direkt in Auftrag. Natürlich war das Ergebnis ganz großer Mumpitz.
Und doch brachte „Beat Street“ die Musik und die dazugehörigen Rituale einem breiten Mainstream-Publikum näher. Aus heutiger Sicht macht der Film als Film kaum noch viel her, doch die musikalischen Momente sind immer noch großes Kino. Mit dabei: Grandmaster Melle Mel, Furious Five, Afrika Bambaataa & The Soul Sonic Force.
8 Mile (2002)
Was haben wir alle gelacht als bekannt wurde, dass es einen „Eminem“-Film geben würde, in welchem sich der Rapper zu allem Überfluss auch noch selbst mimen würde. Da stand ein peinlicher Reinfall an, der Eminems-Karriere beenden würde, das war allen klar. Doch je mehr Details zum Film in Umlauf gebracht wurden, desto stiller wurden seine Kritiker.
Am Ende lieferte “L.A. Confidential“-Regisseur Curtis Hanson einen sofortigen Klassiker ab, der die für den Hip Hop essentielle Underdog-Story überaus clever auf Eminem anzuwenden wusste. Dass der Film einen der besten Showdowns aller Zeiten, ja aller Genres liefern konnte, dürfte dabei auch geholfen haben.
Juice (1992)
Ernest Dickerson Debutfilm aus dem Jahr 1992 hat einen erstaunlich langen Atem. Zumindest wenn man die Vielzahl von ähnlich gelagerten Ghetto-Dramen aus dieser Zeit berücksichtigt. Im Fahrwasser von „Boys N The Hood“ schossen Komödien und Dramen, die sich den Themen junger, schwarzer Großstadt-Amerikaner auseinandersetzten, wie Pilze aus dem Boden. Erinnern kann sich heute kaum noch jemand an diese Filme.
Nur „Juice“ blieb relevant. Zum Teil ist das natürlich der Tatsache geschuldet, dass hier ein gewisser Tupac Shakur mitspielt. Doch „Juice“ hatte mit seiner lockeren und entglorifizierenden Haltung gegenüber dem Gangster-Life-Style auch sonst ziemlich viel unter der Haube.