25 Jahre GIGA heißt auch 25 Jahre intensive Gaming-Erfahrungen. Wir haben uns im Kollegenkreis umgehört, was sie vor einem Vierteljahrhundert so gespielt haben. Die Ergebnisse sind teils recht überraschend.
Stellt euch vor, es ist 1998 und ihr spielt ein Videospiel …
Wenn ihr sagt: „Vor ein paar Jahren habe ich Game XY total gerne gespielt! Das ist immer noch unter meinen Top 10!“, ist euch dann auch bewusst, dass dieses Spiel vielleicht schon ein paar Jahre mehr auf dem Buckel haben könnte? Das Spielejahr 1998 war auch das Jahr, in dem GIGA aus der Taufe gehoben wurde.
Wir haben mal rumgefragt, was unseren Kolleginnen und Kollegen aus jener Zeit in Erinnerung geblieben ist und wie sie es heute betrachten. Ob sie sich im Angesicht dieser Nostalgie alt fühlen, wollten die meisten aber nicht so recht verraten …
Diablo: Chefredakteur Claudio ist im Herzen ein Schwarzromantiker
Das Spielejahr 1998 brachte uns Half-Life, StarCraft, Metal Gear Solid und viele andere ikonische Spiele. An mir gingen die weitgehend vorüber, denn 1998 verbrachte ich fast ausschließlich in einem dunklen, sich immer tiefer windenden Kellergewölbe unter der Kirche von Tristram.
Das erste Diablo, von dem ich hier spreche, war eine Offenbarung. Die düstere Atmosphäre, die Horden von mehr oder weniger leicht wegzuschnetzelnden Höllenbruten und die ewig motivierende Jagd nach immer besserer Ausrüstung waren für mich der Inbegriff von Spielspaß. Und daran hat sich mit Diablo 2, Diablo 3 und jetzt Diablo 4 nichts geändert.
Als alter langjähriger Fan der Reihe freut es mich natürlich besonders, dass der erste Teil auch im aktuellen Ableger durchscheint – sei es durch die Überraschungsauftritte des Butchers oder in Form einzigartiger Items wie dem Windmacht-Bogen oder der Harlekinskrone. Das wird mir ganz blutig ums Herz.
F-Zero X: SEO-Experte Marco mag es bis heute rasend schnell
F-Zero X ist für mich auch heute noch eines der besten Rennspiele überhaupt, weil es besonders gut gealtert und zeitlos ist. Vom völlig abgedrehten Charakter-Design, das sich Nintendo heute so nicht mehr trauen würde, über den brutalen und schnellen Metal-Soundtrack, bis hin zu einem umwerfenden Geschwindigkeitsgefühl, das ich so in kaum einem anderen Rennspiel erlebt habe.
Zwar war F-Zero X optisch nicht gerade ein Hingucker, dafür wurden 30 Autos auf der Strecke trotz Geschwindigkeiten von über 1.000 km/h immer flüssig dargestellt. Die Framerate war auch kein Problem, wenn vier Spieler gleichzeitig vor dem N64 und einem geteilten Bildschirm saßen.
Ich trauere dieser grandiosen Serie wirklich hinterher und würde mir von Nintendo wünschen, einen ähnlich kompromisslosen Stil noch einmal zu etablieren.
Metal Gear Solid: Senior-Redakteur Chris betrat Neuland
Ich habe Metal Gear Solid erstmals im Jahr 2000 gespielt und die Tactical Espionage Action gehört bis heute zu den prägendsten Spielerlebnissen meines Lebens. Dass ein Videospiel mir seine Geschichte so filmisch und mitreißend präsentieren kann, war für mich damals ein Novum. Viele kritisieren Producer Hideo Kojimas Hang zu überbordenden Zwischensequenzen, ich habe aber jede Sekunde gefeiert. Die ganze Story ist zwar großer Quatsch, aber auch geil und voller Referenzen an das Hollywood-Kino der damaligen Zeit.
Ich erinnere mich an schweißnasse Hände nach den großartigen Bosskämpfen gegen Revolver Ocelot und Psycho Mantis oder wie mir fast die Synapsen geplatzt sind, als ich doch mal im echten Leben auf die Rückseite der Spielverpackung schauen soll, um eine bestimmte Codec-Sequenz herauszufinden. Metal Gear Solid hat mit diesen und anderen Gameplay-Ideen Meilensteine gesetzt, das Medium Videospiel an sich weiterentwickelt und gehört daher zu Recht zu den besten Spielen 1998.
Resident Evil 2: Nochmal Chris, weil er sich auch gerne ins Hemd macht
1999 habe ich mir Resident Evil 2 aus dem USA-Urlaub mitgebracht, weil es damals in Deutschland indiziert war. Nach meinen Erfahrungen mit dem ersten Teil war ich super gespannt, wie es in Resi 2 weitergeht. Alleine das Cover mit dem Zombie-Auge, das mich anstarrt, machte mir schon Angst vor dem, was mich wohl erwarten würde. Nachdem ich in Resident Evil 1 noch in einem abgeschiedenen Herrenhaus unterwegs war, brach im zweiten Teil nun die Hölle los und ich musste mich durch Raccoon City während der Zombie-Apokalypse kämpfen.
Die Fortsetzung war dabei in allen Belangen nochmal ein Stückchen besser. Eine Atmosphäre zum Schneiden, abwechslungsreiche Locations, viele Rätsel und eine Geschichte, die ich aus zwei verschiedenen Perspektiven erleben kann, machen Resident Evil 2 zu einem der besten Teile der gesamten Reihe.
Heart of Darkness: Video-Redakteur Maxi griff zur Plasma-Kanone
Heart of Darkness spiegelt perfekt wider, wie sich Gaming Ende der 90er für mich angefühlt hat. Meine Freunde im kleinen Dorf und ich hatten jeweils unsere Spielestapel, aber die kannten wir natürlich schon auswendig. Taschengeld war knapp und somit war jedes neue Spiel eine Sensation, die möglichst groß zelebriert wurde.
So auch Heart of Darkness. Wir saßen zu fünft vor der dicken TV-Röhre im Keller und diskutierten, wann der Controller weitergegeben werden musste. Ehrlich gesagt hat das Spiel massig Schwachstellen. Grafisch hinkt es hinterher und die Spielfigur steuert sich, als stünde sie in Honig. Jede Cutscene fühlte sich trotzdem wie eine Belohnung an. Die atmosphärischen Umgebungsgeräusche erfüllten ihren Zweck: Wir waren im Spiel versunken und nahmen die Erfahrung so, wie sie auf uns zukam. Es passierte schließlich nicht oft, dass wir ein neues Spiel in die Finger bekamen!
Half-Life: Social-Media-Redakteur Alex führt ein halbes Leben in vollen Zügen
1998 war ich zugegeben noch ein bisschen zu jung, ein paar Jahre später konnte ich dann aber endlich selbst Half-Life ausprobieren und mich davon überzeugen, warum das Spiel so eine Revolution für das Ego-Shooter-Genre war. Denn was vor Half-Life kaum jemand für möglich gehalten hat, war, dass Shooter auch Geschichten erzählen können. So erscheint Protagonist Gordon Freeman morgens ein bisschen spät zur Arbeit in der Forschungsstation Black Mesa, die nach einem missglückten Experiment von Aliens überrannt wird. Als Held wider Willen, muss Gordon die Invasion nun abwehren.
Verblüffend war daran aber, dass sich diese Story nicht im Handbuch oder in einer Zwischensequenz abspielt, sondern direkt vor meinen Augen. Skript-Sequenzen, Dialoge und cleveres Level-Design erzählen eine Geschichte aus der Ego-Perspektive, sowas gab es vorher noch nie! Wer heutzutage Call of Duty oder andere bombastisch inszenierte Singleplayer-Shooter spielt, darf sich dafür beim 25 Jahre alten Half-Life bedanken. Ganz zu schweigen von dem Einfluss, den Mods wie Counter-Strike auf die Zukunft des Gaming haben sollten.
Ocarina of Time: Stellvertretender Chef-Red. Micky ist insgeheim ein Zipfelmützenzwerg
Ich habe mir auf dunkelsten Importwegen ein Nintendo 64 aus den USA besorgt, weil ich es nicht mehr erwarten konnte. Was ich darauf dann gespielt habe (Super Mario 64, Pilotwings 64) war zwar „anders“, jedoch für mich noch nicht die Offenbarung, die ich mir erhofft hatte.
Diese Lücke sollte erst The Legend of Zelda: Ocarina of Time füllen. Plötzlich war sie da, die spieltechnische Revolution. Viele sagen, dass Super Mario 64 der absolute Meilenstein sei, der den perfekten Übergang von 2D- zu 3D-Umgebungen markiert. Das mag in vielerlei Hinsicht auch so sein, aber OoT brachte etwas mit, was ich zuvor in den damals noch recht detailarmen 3D-Welten vermisste: Atmosphäre und Stimmung. Das Land Hyrule zu erforschen, das ich bis zu diesem Zeitpunkt nur von oben und von der Seite betrachten durfte, in dem ich plötzlich aber jeden Stein umdrehen konnte, hat mich nachhaltig geflasht.
Fun Fact: Viele Jahre später durfte ich selbst am Remake für Nintendo 3DS arbeiten und musste im Zuge dieses Projekts feststellen, dass das Original in manchen Aspekten gar nicht mal so gut gealtert ist. Die traurige Framerate, die steifen Animationen, die teils gruseligen Gesichter der Figuren, der vermaledeite Wassertempel, der die Schwächen der In-Game-Kamera offenbarte und natürlich das allgegenwärtige “Hey, listen!“ sind Dinge, die ich nicht mehr brauche. Ein Wegbereiter war das Spiel allemal und hat mich damals auch einfach umgehauen.
Parasite Eve: Und nochmal Micky, weil er auch gerne die Macht über die Menschheit hätte
Ein Rollenspiel, das man locker nach zwölf bis 15 Stunden durchgespielt hat, das nicht in einer mittelalterlichen Fantasy-Welt sondern in New York Ende der 90er angesiedelt ist, dessen Gegner irgendwie aussehen, als wären sie aus Resident Evil ausgebüchst und das ein abgefahrenes SciFi-Horror-Setting hat? Ja, ich bin dabei! Was mich aber letzten Endes wirklich endlos fasziniert hat, war der Plot von Parasite Eve. Stellt euch vor, unsere Mitochondrien, also die Kraftwerke jeder Körperzelle, entwickeln sich schneller als der Rest des Körpers, erlangen ein eigenes Bewusstsein und haben keinen Bock mehr auf die Menschheit. Der Feind sitzt in jedem von uns drin und hält uns am Leben, bis er entscheidet, uns zu töten oder zu einem Batzen Zellmaterial zu verwandeln, der zu ganz neuen Lebensformen verschmilzt.
Das hat in mir eine Urangst ausgelöst. Das Gefühl der Machtlosigkeit, des Kontrollverlustes, des Ausgeliefertseins gegenüber etwas, das doch eigentlich meinem Wohl dienen sollte! Das alles habe ich zu einem Zeitpunkt konsumiert, an dem sich mein Leben auf höchst unterhaltsame Weise verändert hat. Diese gegensätzlichen Erinnerungen sind untrennbar verbunden.
Was ich wohlwollend verdrängt habe: Die Hauptfigur Aya Brea läuft durch die vorgerenderten Hintergründe, als hätte sie eingeölte Sohlen. Ernsthaft! Sie braucht drei Laufschritte, um einen Meter voranzukommen. Wer hat das damals in der Animationsabteilung gesehen und beschlossen: „Ja, genau so läuft ein Mensch. Wirkt total natürlich.“ Die Romanvorlage zu lesen, nehme ich mir übrigens schon seit 25 Jahren vor. Ich verspreche, ich schaffe das eines Tages!
StarCraft: Managing Editor Frank empfand Enttäuschung
Echtzeitstrategie (RTS) war einer der großen Gaming-Trends der Neunziger. Nahezu jeder, der einen PC besaß, zockte darauf Command & Conquer, Age of Empires, WarCraft oder einen der zahllosen kleineren Herausforderer.
Als „WarCraft im Weltraum“ wurde StarCraft Mitte der 90er angekündigt und damit als Quasi-Nachfolger eines der besten und wichtigsten Genre-Vertreter: WarCraft 2. Starcraft ging jedoch durch die Produktionshölle: Ressourcen-Verschiebungen zum Diablo-Projekt, Engine-Umbau und der Wechsel in die isometrische Perspektive sorgten für diverse Release-Verschiebungen.
Als das Sci‑Fi-RTS dann Ende März 1998 auf den Markt kam und ich StarCraft zum ersten Mal installierte, war ich … enttäuscht. Auf hohem Niveau zwar, aber die Mängel des Spiels im Vergleich zur Genrekonkurrenz waren offensichtlich.
Vertonte Standbilder als Missionsbesprechung, während Konkurrent C&C schon Jahre zuvor jede bestandene Mission mit Vollbild-Videosequenzen und opulenten Renderszenen belohnte. Die Einheiten hatten kaum Animationsphasen, das im Vorjahr erschienene Age of Empires war hier mehr als nur eine Klasse besser. Auch der Technik merkte man an, dass sie noch auf der Engine von Warcraft 2 fußte: Die einzig nutzbare SVGA-Auflösung (640 × 480) wirkte auf den damals schon verbreiteten 15-Zoll-Monitoren pixelig. Und dann konnte man nicht einmal mehr als zwölf Einheiten gleichzeitig markieren? In mancher Hinsicht wirkte Starcraft bereits 1998 ziemlich angestaubt. Auch das nur wenige Monate später nachgereichte Add-on „Brood War“ änderte daran nichts.
Trotzdem spielte ich StarCraft mit Begeisterung, trotzdem wurde das Spiel von der Fachpresse gelobt. Das lag daran, allen technischen Defiziten zum Trotz, dass StarCraft einfach ein fantastisches Spiel war. Denn Blizzard trieb mit den drei höchst unterschiedlich spielbaren Fraktionen – den konventionellen Terranern, den eklig-organischen Zerg und den hochtechnologischen Protoss – das Stein-Schere-Papier-Prinzip auf die Spitze, ermöglichte mit einer soliden Balance aus Mikro- und Makromanagement unzählige Taktiken und Strategien, die man nach Absolvierung des Singleplayer-Modus auch im robusten Online-Multiplayer über das Battle.net erproben konnte. Insbesondere in Südkorea wurde StarCraft so zum Popkultur-Phänomen und begründete von dort aus das globale Phänomen eSport mit.
Beispiellos war auch die Detailliebe, mit der Blizzard seinen Gassenhauer pflegte: Balancing- und Bugfix-Updates gab es für Dekaden. Den letzten Patch auf Version 1.23.10 gab Blizzard im Juli 2019 heraus – mehr als 20 Jahre nach der Erstveröffentlichung.
Das Ur-StarCraft kann man heute kostenlos spielen.
Daneben gibt es eine leicht aufgehübschte Remastered-Version für wenig Geld.
Auch der Nachfolger StarCraft 2 von 2010 ist mittlerweile kostenlos erhältlich, lediglich die Add-ons sind kostenpflichtig.