In wenigen Wochen erscheint mit Assassin’s Creed Mirage nach langer Pause der Teil der Assassinen-Saga, der zu den Wurzeln der Reihe zurückkehren soll. Doch hat Ubisoft den Spagat zwischen Alt und Neu geschafft? Oder setzt sich das Studio doch zwischen die Stühle? Nach drei Stunden ziehe ich ein erstes Fazit.
Ist Assassin’s Creed Mirage wirklich wie die alten Teile?
Das Wichtigste zuerst: Assassin’s Creed Mirage ist kein Valhalla, kein Odyssey und kein Origins. Ubisoft hat Wort gehalten und in Mirage den Anteil der Open-World-RPG-Elemente ordentlich reduziert. Kein XP-Level-System, kein Quest-Log, das dank Nebenaufgaben aus allen Nähten platzt, keine schier unendliche Anzahl an Waffen und Rüstungen, die allesamt unterschiedliche Vor- und Nachteile bieten – Gott sei Dank!
Die schlechte Nachricht: Ein Assassin’s Creed 2 ist Mirage trotzdem nicht geworden – zumindest fühlt es sich nach meiner Preview-Session nicht danach an.
Ihr wollt nur kurz und knapp wissen, was für neue Elemente Assassin’s Creed Mirage auf Lager hat? Die wichtigsten Neuerungen haben wir in Kurzform in diesem Video für euch zusammengefasst:
Klar ist: Wer einen der letzten drei Teile gespielt hat, wird sich in Sachen Steuerung sofort in Assassin’s Creed Mirage zurechtfinden. Lediglich die Taste für schwere Angriffe wird jetzt für die Nutzung von Basims Gadgets genutzt. Fernkampfwaffen wie der Bogen mussten weichen, stattdessen feiern die Wurfmesser ein Comeback, mit denen ich Gegner auf kurzen Distanzen aus dem Weg räume. Im Gegensatz zu den alten Teilen schaltet sie jedoch nur noch ein gezielter Kopftreffer direkt aus – das entschleunigt das Spiel etwas.
Mit von der Partie sind außerdem wieder Rauchbomben, die Gegner einnebeln und Krachmacher, die sie für kurze Zeit ablenken und zu einer bestimmten Position locken. Wenn Wachen nah genug beisammen stehen, kommt das neue Kettenattentat zum Einsatz. Das erlaubt es, mehrere Widersacher auf einen Schlag auszuschalten – Splinter Cell: Conviction lässt grüßen.
Assassin’s Creed Mirage setzt mehr auf Stealth
An die Nutzung der Gadgets führt auch kaum ein Weg vorbei, um möglichst unbemerkt durch abgesperrte Bereiche zu schleichen und Zielpersonen auszuschalten. Und das ist bitter nötig, denn im Gegensatz zu den Vorgängern greifen mehrere Gegner gleichzeitig im Nahkampf an.
Vorbei sind also die Zeiten, in denen ich eine Hundertschaft von Gegnern einem nach dem anderen mit Kontern ausschalte. Sind die meisten Feinde noch am Leben und ich werde entdeckt, war es ratsam, sich möglichst schleunigst aus dem Staub zu machen, anstatt die offene Konfrontation zu suchen. Das fördert zwar den Stealth-Aspekt, kann manchmal aber nervig sein und nimmt dem Spiel das Tempo, da ich nach meinem Fehlschlag erstmal wieder eine Weile warten muss, bis die Wachen ihre Suche eingestellt haben.
Auch das Bekanntheits-Systems spornt mich dazu an, meinen kriminellen Machenschaften möglichst unbemerkt nachzugehen. Werde ich in der Öffentlichkeit bei Straftaten erwischt, steigt nach und nach mein Wanted-Level. Während mich anfangs lediglich Passanten bei den Wachen verpetzen, werde ich auf höheren Stufen direkt unter Beschuss genommen oder mir werden sogar Elite-Gegner auf den Hals gesetzt. Um den Bekanntheitsgrad zu verringern, kann ich Gesucht-Plakate in Bagdad von den Wänden reißen oder aber einen Untergrund-Kontakt bestechen, der meinen Namen wieder reinwäscht.
Damit es gar nicht erst dazu kommt, kann ich vorab Gegner mithilfe des Adlers markieren, die mir dann durchgehend angezeigt werden. Manchmal muss ich dafür zuvor einen Bogenschützen eliminieren, der sonst meinen Adler unter Beschuss nimmt. Alternativ kann ich auch wieder das „Adlerauge“ aktivieren, das Gegner rot und wichtige Gegenstände orange markiert – auch durch Wände hindurch.
Assassin’s Creed größte Schwäche bleibt erhalten
Was Ubisoft nach 16 Jahren immer noch nicht gemeistert hat, ist das Parkour-System. Auch wenn die Straßen und Dächer Bagdads dazu einladen, sich geschickt durch die Gassen zu schlängeln und Verfolger mit schnellen Manövern abzuschütteln – nicht gerade selten macht die Steuerung diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung.
Statt durch ein Fenster durchzuhüpfen, springt Basim lieber direkt aufs Dach und eine rasante Flucht verliert ihre komplette Dramatik, wenn Basim es nicht schafft, an einer Wand mit leichtem Überhang hochzurennen und stattdessen wie ein nasser Sack zu Boden plumpst.
Verfallt nicht dem Irrglauben, dass ihr euch direkt so geschmeidig wie im Gameplay-Trailer durch die Stadt navigiert:
Als ich gehört habe, dass Assassin’s Creed Mirage eine Hommage an die alten Spiele werden soll, war ich vollkommen aus dem Häuschen. Schließlich gehören die ersten beiden Teile der Assassinen-Saga zu meinen absoluten Favoriten der Serie.
Nach meiner dreistündigen Anspiel-Session bin ich jedoch etwas enttäuscht. Ubisoft lässt Potenzial auf der Strecke. Vor allem bei der großen Attentatsmission, in der anfangs die Identität meiner Zielperson unbekannt ist, hatte ich mir mehr spielerische Freiheiten erhofft – vielleicht sogar mit leichtem Hitman-Charakter. Stattdessen schließe ich ein paar lineare Nebenquests ab, die mich dann mein Ziel im Rahmen einer Zwischensequenz um die Ecke bringen lassen. Eventuell ist meine Erwartungshaltung zu groß. Assassin’s Creed ist und bleibt halt Assassin’s Creed – mit all seinen Stärken und Schwächen.
Ein finalzes Fazit will ich vor dem offiziellen Release am 5. Oktober 2023 aber nicht ziehen. Vielleicht schafft es Ubisoft, noch an ein paar Stellschrauben zu drehen. Meine ungebremste Vorfreude auf Assassin’s Creed Mirage ist nach dem Erstkontakt jedoch etwas verflogen.