Der Tag, an dem The Elder Scrolls 5: Skyrim erschienen ist, war ein ziemlich chaotischer Tag für mich. Und ich denke, ich werde mich ein Leben lang an ihn erinnern – einfach, weil er so verrückt war.
Die Planung
Skyrim wird am 11.11.2011 erscheinen, es hängen sogar Plakate in der Stadt. Ich habe alles geplant: Meine alte Xbox 360 hat aufgrund des Ring of Death den Geist aufgegeben und mein Fernseher ist einfach zu klein. Das geht so nicht, denn alles muss passen. Alles muss perfekt sein. Wenn ich die Skyrim-Plakate sehe, habe ich das Gefühl, weinen oder schreien zu müssen. Ich bin so völlig überhypt, dass nichts überleben wird, was sich mir in den Weg stellt.
Es gibt keine Probleme, nur Widrigkeiten. Eine Widrigkeit ist, dass ich am 11.11.11 im Krankenhaus Frühschicht habe – ich absolviere nach meinem Abi einen Bundesfreiwilligendienst im sozialen Bereich. Die Frühschicht ist um 14.30 Uhr zu Ende, also bleibt genug Zeit für den perfekten Skyrim-Release-Abend.
Bereits Wochen zuvor hatte ich mit meiner Mutter abgesprochen, dass ich das Geld für kommende Weihnachten und meinen kommenden Geburtstag früher bekomme und mir dafür eine neue Xbox 360 kaufe, die vor dem 11.11.11 da sein muss. Ich bin sehr gut im Überreden, wenn es um lebenswichtige Dinge geht. Mein Argument: „Ich tue alles, damit du mir das erlaubst. Alles.“ All meinen Verwandten und Freunden ist seit Monaten klar, dass es kein Aber für den 11.11.11 gibt.
Die Xbox 360 ist bereits da, doch es fehlt noch der neue Fernseher. Das Geld kann ich von meinem Gehalt abknipsen und der Release rückt näher – bis endlich der finale Plan steht. Zeitmanagement ist am 11.11.11 von größtem Belang.
Der Tag
Ich befinde mich in einem Zustand des absoluten Glücks, und es ist irrelevant, dass ich um 4:30 Uhr für den Frühdienst im Krankenhaus aufstehen muss. Als es 11:11 Uhr ist, zeige ich lachend und mit Tränen in den Augen auf die Uhr im Krankenhhaus; mein Hype hat ein kaum aushaltbares Level erreicht.
Nach meiner Schicht im Krankenhaus ist keine Zeit fürs Ausruhen. Ich habe mich mit meiner Oma für den Nachmittag verabredet, an dem sie mich von zu Hause abholen und mit mir den neuen Fernseher sowie das Spiel im Mediamarkt kaufen wird. Ich erinnere mich ganz genau an eine Szene: Meine Oma und ich tragen den großen Fernseher im Karton durch die Nacht zum Auto, denn es ist bereits dunkel draußen. Zu diesem Zeitpunkt verspüre ich bereits ohnmächtigen Hunger, denn für Essen war nur wenig Zeit.
Zu Hause angekommen bin ich reif fürs Bett, doch der Skyrim-Hype hält mich am Leben. Als es klingelt und meine Freunde vor der Tür stehen, skalpiere ich gerade den Karton des Fernsehers, um das gute Stück herausholen zu können.
Es gibt Pizza und Sekt für den Moment, in dem wir das Spiel starten. Nachdem ich alles angeschlossen und gestartet habe, lasse ich meinen Blick durch mein verwüstetes Zimmer schweifen: Sekt, Pizza, Freunde, neuer Fernseher, neue Xbox. Alles ist perfekt, der 11.11.11 ist ein kompletter Erfolg. Und jetzt geht es los.
Das Ende
Das Lustige mag sein, dass ich mich am wenigsten an Skyrim selbst erinnere. Der Moment, als wir den Sekt öffnen und das Intro spielt, ist natürlich unvergesslich: Wir diskutieren die wundervolle Grafik und ich sage mehrmals, dass ich es kaum glauben kann, wirklich gerade Skyrim zu spielen.
Der Charaktereditor verreibt die letzte Energie in meinem Körper zwischen seinen Fingern: Wir kreieren unseren Avatar innerhalb von zwei Stunden, bevor die Reise überhaupt startet. Mittlerweile bin ich nicht nur todmüde und so erschöpft, als sei ich einen Marathon gerannt – ich hatte auch etwas zu viel vom Sekt. Egal.
An das erste Stück des Spiels, bis der Charakter die erste Höhle verlässt, erinnere ich mich nicht.
Nein, in Erinnerung geblieben ist mir nur das Ende: Ich steuere meinen Charakter an das Tor von Flusswald und habe die beste Idee des Tages: Was passiert, wenn ich ein Huhn töte? Unerschrocken greife ich es an, gebe ein „Oh.“ von mir, als es stirbt, und sehe dann zu, wie alle Dorfbewohner ihre Waffen herausholen, mich einkreisen und töten.
Einer der wichtigsten Tage in meiner (späten) Jugend endet schließlich, als ich herausfinde, dass niemand gespeichert hat. Gelernt habe ich jedoch eines an diesem Tag: Für mich sind die Vorbereitung sowie die Vorfreude oft schöner als das Ziel selbst. Achja: Und Speichern nicht vergessen!