Die EU will sich das Autogeschäft nicht von China aus den Händen reißen lassen. Nachvollziehbar für eines der industriellen Aushängeschilder des Kontinents. Doch der Druck aus China wächst.
Mehr Konkurrenz, bessere E-Autos: China zwingt Autobauer zum Handeln
Aus China kommt ganz schon was auf deutsche Autobauer zu – so habe ich schon einen Wochenüberblick vor mehr als einem Jahr geschrieben. Grundlegend hat sich die Situation seither nicht verändert, es gilt noch immer: Viele chinesische Autobauer sind mit ihren Aufgeboten, vor allem an Elektroautos, auf dem Weg nach Europa. Andere sind längst da und machen den bekannten Marken und Herstellern Konkurrenz.
Vonseiten der EU wittert man ein – zumindest in Ansätzen – faules Spiel. Unfaire Vorteile sollen die China-Stromer haben. Durch staatliche Unterstützung, so der Vorwurf von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, könnten BYD, Nio, XPeng, Geely, SAIC und Co. vollelektrische Modelle zu viel günstigeren Preisen bauen und auch in Europa anbieten, als es etwa Volkswagen, Renault oder Fiat möglich wäre.
Mehr China-Stromer auf Europas Straßen
Die Sorge kommt nicht aus dem luftleeren Raum: Schon heute wächst der Anteil chinesischer Marken. Sie machen einer aktuellen Analyse zufolge bereits über 8 Prozent bei den Elektroautos auf Europas Straßen aus. Im Vorjahr waren es noch etwas über 6 Prozent.
Die in China gebauten Modelle europäischer und amerikanischer Hersteller – vor allem Tesla – mit eingerechnet, fährt 2023 mit jedem fünften E-Auto ein Modell aus chinesischer Produktion.
Dabei ist der Preisvorteil, den nicht nur chinesische Marken geltend machen können, in diesem Jahr zu einem beträchtlichen Anteil auf Teslas aggressive Preisreduzierungen zurückzuführen. Nachdem Elon Musk für seine E-Autos Anfang des Jahres die Kaufpreise massiv gesenkt hatte, sind Schritt für Schritt vor allem chinesische Marken nachgezogen. Währenddessen hält etwa VW weiter die Fahne stabiler Preise hoch.
Von niedrigen Preisen ist bei den ersten chinesischen E-Autos noch kaum etwas zu spüren:
Die Sorge ist auch insofern nachvollziehbar, als dass die europäischen Autobauer gerade ohnehin an der Umstellung aufs E-Auto zu knabbern haben. Während für VW etwa die Nachfrage hinter dem Angebot zurückbleibt, muss Deutschlands größter Hersteller im ersten Land den Verbrenner einstampfen. Ende des Jahres ist in Norwegen Schluss, ab 2025 wollen die Skandinavier nur noch E-Autos neu auf ihren Straßen sehen. VW greift dem gerne vor, doch wenn es anders ginge, würde man sich so beeilen?
Das Beispiel zeigt: Europa setzt aufs E-Auto, muss mit Verbrennern aber weiter Geld verdienen, besonders wo es mit Stromern noch nicht rund läuft. Da kommt ein weiterer chinesischer Konkurrent besonders ungelegen, der beides im Gepäck hat.
Chery ist in China als Autokonzern fest etabliert und will gleich mit drei neuen Marken auch nach Europa kommen. Dabei ist nur eine explizit als reine E-Auto-Marke angelegt, während bei den anderen noch Verbrenner und Hybriden am Start sind. Dass die in Europa als Verkaufsschlager einschlagen werden, ist nicht unbedingt wahrscheinlich. Aber auch Cherys Engagement in Europa zeugt vom neuen Selbstverständnis der Chinesen auf dem Automobilmarkt.
Stellantis-Chef hat es prophezeit: Europas Autobauer müssen besser werden
Was bleibt den europäischen Herstellern angesichts der vielfältigen Herausforderungen? Einerseits der über Jahrzehnte erworbene Vertrauensvorschuss der Kunden. Wenn die sich ihre bekannten Marken aber schlicht nicht mehr leisten können, ist das Vertrauen letztlich auch nicht viel wert. Neben ohnehin hohen Kaufpreisen machen sich bei E-Autos nämlich die Reparatur- und Versicherungskosten gar nicht gut in der Kostenbilanz.
Hinter dem alten Vorurteil von mangelnder Qualität „made in China“ können sich VW, BMW, Mercedes, Fiat, Renault, Peugeot und Co. jedenfalls nicht länger verstecken. Die neuen Modelle aus China ergattern derzeit eines nach dem anderen Bestnoten bei den wichtigen Crashtests von Euro NCAP. Wer hier versagt, braucht in der Regel in Europa gar nicht erst antreten, was lange für chinesische Autos galt.
Mobilität – da tut sich was: E-Autos, elektrische Fahrräder, E-Scooter, das Deutschlandticket für 49 Euro in Bus und Bahn – all das bewegt uns im doppelten Sinn. Und was hat sich in Sachen Mobilität sonst so getan?
Es bleibt der Preis beziehungsweise das Preis-Leistungs-Verhältnis. Hier wird die entscheidende Schlacht geschlagen. Und hier beweist gerade Citroën, dass die europäischen Marken sich nicht verstecken brauchen. Der Citroën ë-C3 wird wohl das erste ernstzunehmende E-Auto für unter 25.000 Euro – China-Marken eingeschlossen.
Der Schritt der EU kommt übrigens nicht nur in China nicht besonders gut an, wo die Hersteller sich unter Generalverdacht sehen und der Staat – nicht zu Unrecht – europäischen Protektionismus wittert. Auch die europäischen Autobauer sind wenig begeistert.
Mit dem ë-C3 setzt die Stellantis-Marke ein Ausrufezeichen für Europas Stellung am Automarkt – und beschwört gleichzeitig die Macht des Wettbewerbs, die Konzernchef Carlos Tavares dem EU-Plan entgegenhält.