Zwei Befürchtungen gab's vor dem E-Scooter-Start in Deutschland: Zum einen könnte Chaos in Innenstädten ausbrechen und zum anderen werden die elektrischen Tretroller die Hoffnungen an ihre Umweltfreundlichkeit nicht erfüllen können. Letzteres scheint nun der Fall zu sein, wenngleich es ein noch größeres und älteres Problem auf deutschen Straßen gibt.
E-Scooter und die Umwelt: Besser als das Auto, aber schlechter als das Fahrrad
Ja, in Berlin liegt gelegentlich mal ein E-Scooter umgefallen auf dem Bürgersteig und manche der Fahrer haben wohl noch nie von den hierzulande geltenden Regeln gehört. Aber eines müssen auch harte Tretroller-Gegner zugeben: Das vorab beschworene „Chaos“ oder eine wortwörtliche „E-Scooter-Flut“ ist seit dem Start im Juni dann doch nicht ausgebrochen. Eher ein überschaubares Durcheinander mit gewissen Anlaufschwierigkeiten. Die Situation der neuartigen Fortbewegungsmittel in Deutschland hat sich auch das Umweltbundesamt (zentrale Umweltbehörde der Bundesrepublik Deutschland) angeschaut und ein interessantes Fazit gezogen: „In der Ökobilanz sind E-Scooter natürlich deutlich besser als das Auto. Aber gegenüber dem bewährten Fahrrad, mit dem sich Strecken ebenso schnell bewältigen lassen und Gepäck besser transportieren lässt, sind E-Scooter die deutliche umweltschädliche Variante und aus meiner Sicht daher keine gute Alternative,“ stellt Maria Krautzberger (Präsidentin Umweltbundesamt) fest.
Darf man zu weit oder betrunken auf dem E-Scooter fahren? GIGA erklärt die wichtigsten Regeln im Video:
Das größte Problem bleiben PKW
Eine durchschnittliche E-Scooter-Fahrt ist laut ersten Erhebungen in Berlin rund zwei Kilometer lang. Damit sie als umweltfreundlich eingestuft werden kann, muss sie eine Autofahrt ersetzen – das sei womöglich aber nur selten der Fall. Wer sich hingegen den Fuß- oder Radweg erspart, belastet die Umwelt mit der Nutzung der elektrischen Gefährte letzten Endes mehr. Das Umweltbundesamt nennt in diesem Zusammenhang die verbauten Lithium-Ionen-Akkus (voll mit schwer abbaubaren Rohstoffen) und die PKW-Fahrten der „Juicer“, die nachts die E-Scooter aufladen und danach wieder an die Stellplätze zurückbringen. Auch die Lebensdauer der Roller kann ein Faktor sein, diese liegt bei den Verleihern irgendwo zwischen einem und zwölf Monaten – auf jeden Fall deutlich weniger als bei einem normalen Fahrrad, das man jahrelang nutzen kann.
Obwohl die E-Scooter also gemischt bewertet werden und gerade in Sachen Umwelt nicht alle Erwartungen erfüllen können, rückt das Umweltbundesamt am Ende privat genutzte PKW in den Fokus. „Hier müssen die Städte ansetzen und die Zahl der Autos und deren Parkplätze deutlich reduzieren. Dann haben wir auch mehr Platz in den Innenstädten für sichere Fuß- und Radwege. Verleiher sollten E-Scooter statt in Innenstädten in den Außenbezirken aufstellen. Hier kann es durchaus sinnvoll sein, die zu lange Strecke zur Bahn schnell mit dem E-Scooter anstatt mit dem Auto zu überbrücken,“ so Krautzberger.