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Warum die eSIM Smartphones nachhaltiger macht

eSIM killt die SIM-Karte – gut so! Abonniere uns
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Der SIM-Slot stirbt, die eSIM kommt – das ist absehbar. Auch wenn mancher Unbehagen vor der Umstellung empfindet, ist es im Saldo doch eine gute Sache – vor allem für die Umwelt. Wir listen die Argumente für und gegen die eSIM.

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iPhone verhilft eSIM zum Durchbruch

Apples iPhone-13-Serie hat bei ihrer Vorstellung im Spätsommer 2022 nicht allzu viele Neuerungen gebracht. Eine Veränderung schlug allerdings ein wie eine Bombe: Zumindest die amerikanischen Modelle des neuen Apple-Smartphones wurden ohne Unterstützung klassischer SIM-Karten ausgeliefert. Stattdessen müssen Käufer zur Registrierung des Telefons im Mobilfunknetz jetzt eine eSIM aktivieren.

Dieser Artikel ist Teil des GIGA-Themenspecials „Nachhaltigkeit“ vom 3.6. bis 5.6.2023. Im Übersichtsartikel lest ihr, was es damit auf sich hat und findet weitere Stücke zum Thema.

Wie es aussieht, steht das auch europäischen Käufern der iPhone-Generation 2023 bevor – so heißt es in der Gerüchteküche. Und wenn die Geschichte eines zeigt, dann dass von Apple gesetzte Negativ-Trends binnen kürzester Zeit auf Samsung und andere Hersteller abfärben. Stichworte: Notch, Abschaffung der Klinkenbuchse, kein Netzteil in der Packung.

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Kein Wunder, dass da manchen Smartphone-Fans die Muffen gehen. Aber ist das im Fall der eSIM berechtigt? Oder anders gefragt: Ist dieser Trend so schlecht für uns Konsumenten? Ich sage: Nein. Oder zumindest: eher nein. Hier sind Argumente für die eSIM. Aber auch die Argumente dagegen sollen Erwähnung finden.

Der SIM-Schlitten, hier im Xiaomi 11T Pro, ist ziemlich sicher ein Auslaufmodell. (© GIGA.DE)
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Wie funktioniert eSIM?

eSIM steht für embedded SIM, ist also eine im Gerät eingebettete programmierbare SIM-Karte. Ein Gerät mit eSIM zu betreiben heißt also nicht, keine SIM-Karte zu nutzen. Im eSIM-fähigen Smartphone (oder auch Smartwatches, Tablet) befindet sich vielmehr ein „Blanko“-SIM-Chip, der softwareseitig mit den notwendigen Daten programmiert wird. Diese Daten liefert der Provider per Download.

Um eine eSIM auf seinem Smartphone zu aktivieren, muss man, statt klassisch eine SIM einzulegen, beispielsweise einen Code eingeben, die eSIM über eine App installieren oder einen QR-Code scannen. Der physische Prozess, also das Herausfriemeln des SIM-Schlittens und Einlegen des SIM-Chips, fällt weg.

Pro eSIM: Was spricht dafür?

Es gibt einige gute Gründe, warum die wachsende Verbreitung der eSIM ein Fortschritt ist.

eSIM ist kein Neuland

Auch wenn viele Kunden damit noch nicht in Berührung gekommen sind, ist eSIM keine neue Technologie. Die Spezifikation und erste Geräte gibt es seit 2015. Hersteller hatten also schon 8 Jahre Zeit, um Erfahrungen mit eSIM zu sammeln.

eSIMs sind schnell, einfach und komfortabel

Als Kunde muss man nicht mehr zum Provider-Shop gehen oder darauf warten, dass der Brief mit der SIM-Karte eintrifft. Man scannt einen Code und es geht im Idealfall sofort los. Mitunter kann man, etwa bei den Cellular-iPads, den Tarif direkt über die System-Software buchen. Bei Defekt, Verlust oder Diebstahl des Geräts kann man nicht nur die alte SIM sperren lassen, sondern gleich auch eine neue fürs (hoffentlich eSIM-fähige) Ersatzhandy geliefert bekommen. Zudem ist die Verwirrung um verschiedene SIM-Karten-Formate eine Sache der Vergangenheit.

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Neue Geräte(-Arten)

eSIMs sind klein, so hat der Chip im Gerät nur etwa die halbe Größe (6 × 5 × 0,67 mm) einer herkömmlichen Nano-SIM (12,3 × 8,8 × 0,67 mm, Quelle). Damit qualifiziert sich die Technik nicht nur für Smartphones, Tablets, Laptops und Smartwatches, sondern auch für Geräte im IoT-Sektor und Smart-Home-Produkte. eHealth-Geräte wie Blutzuckermesssysteme und Herzschrittmacher wurden schon mit eSIMs ausgestattet, auch in der Logistik und in modernen Kfz kommen sie zum Einsatz. eSIM ist eine Technologie, die neue Gerätetypen ermöglicht – in Zukunft werden wir vermutlich noch viel mehr davon sehen.

Einfache Verwaltung

Im Auslandsurlaub mal schnell einen örtlichen Tarif besorgen, einen zusätzlichen Datentarif buchen, eine neue Verbindung holen, wenn man auf dem platten Land mit dem eigenen Netz kaum Empfang hat, oder die Arbeitsverbindung aufs Privathandy buchen – das geht mit eSIM viel schneller und komfortabler.

Auch wenn nur zwei eSIM-Profile gleichzeitig aktiv sein dürfen, spricht Apple beispielsweise davon, auf dem iPhone „8 oder mehr“ eSIM-Profile speichern zu können. Wer viel mit verschiedenen Tarifen und Telefonnummern hantieren muss, aktiviert einfach die Profile, die gerade gebraucht werden und deaktiviert, was überflüssig ist.

eSIMs sind nachhaltiger

Und das sogar auf mehreren Ebenen. Zum einen ist die Fertigung regulärer SIM-Karten aufwändig. So werden dafür neben Kunststoff auch andere wertvolle Materialien gebraucht: Silizium, Phosphor und Nickel zum Beispiel. Auch wenn diese teilweise auch noch für den eSIM-Chip gebraucht werden, dürfte die Rohstoff-Bilanz für eSIMs erheblich besser ausfallen.

Mancher mag da argumentieren, dass die Materialien in Relation zum Smartphone insgesamt nur einen geringen Bruchteil ausmachen. Aber: Jährlich werden weltweit rund 4,5 Milliarden SIM-Karten produziert (Quelle), von denen nach Gebrauch mutmaßlich nur ein geringer Teil recycelt wird. SIM-Karten wiegen rund 3 Gramm, weltweit sind es also rund 13,5 Millionen Tonnen im Jahr, die produziert und transportiert werden müssen. Eine gewaltige Menge. Wenn man diese Materialien und den damit verbundenen CO₂-Ausstoß auch nur teilweise einsparen könnte, wäre das mehr als nur der „Tropfen auf dem heißen Stein“. Je weniger Ressourcen wir für unser Smartphone-Vergnügen brauchen, desto besser.

Vorteile in der Smartphone-Herstellung

Ein weiterer Faktor, den man nicht übersehen sollte: Smartphones, die ausschließlich eSIM haben, haben physische Vorteile gegenüber Geräten mit SIM-Schlitten. Sie haben ein bewegliches Teil und eine Öffnung weniger, über die Schmutz oder Wasser ins Gerät eindringen kann. Das bedeutet weniger defekte Smartphones und damit eine im Mittel gesteigerte Smartphone-Lebensdauer – gut für uns Kunden.

Ebenso können die Hersteller von Smartphones künftig den Platz im Gerät besser nutzen: für mehr Akkukapazität, bessere Lautsprecher oder kleinere Bauformen zum Beispiel. Und natürlich sinkt auf Dauer auch der Preis in der Fertigung – ob dieser Kostenvorteil an die Kunden weitergegeben wird, ist natürlich fraglich. Zumindest ist der Wegfall des SIM-Trays aber in Relation verschmerzbarer als der Trend zur Abschaffung der Klinkenbuchse.

eSIMs gehen seltener kaputt

Eine nicht-repräsentative Umfrage in der Redaktion hat ergeben, dass rund die Hälfte aller Befragten schon einmal eine kaputte SIM-Karte im Gerät hatte. Dann gab’s kein oder nur stellenweise Netz, Gesprächsabbrüche und dergleichen. Das Problem zu identifizieren ist schwieriger als man denken mag. So manche oder mancher dürfte in einem solchen Fall auch schon gedacht haben, dass das Gerät als solches kaputt sei und das eigene Smartphone unnötigerweise entsorgt haben. Je seltener so etwas passiert, desto besser für die Umwelt und den Geldbeutel.

Contra eSIM: Was spricht dagegen?

Natürlich birgt die eSIM trotzdem auch Nachteile – die wollen wir nicht verschweigen.

eSIM ist eben doch Neuland

Kaum zu unterschätzen ist die psychologische Komponente: Viele Kunden hatten bislang noch keinen Berührungspunkt mit eSIMs. Die meisten von uns stehen neuen Technologien erst einmal skeptisch gegenüber. Das ist menschlich und prinzipiell gut, sorgt aber auch dafür, dass sinnvolle Neuerungen zunächst einen schweren Stand haben. Kunden müssen erst einmal für geänderte Prozesse gewonnen werden. Das heißt: Werbung machen, Vorteile benennen, penibel dokumentieren, wie es funktioniert. Das ist aufwändig und man wird trotzdem nicht jeden auf Anhieb überzeugen. Man braucht einen langen Atem, damit die eSIM als sinnvoll und nicht als Kundengängelung empfunden wird.

Wechselhafte eSIM-Unterstützung

Die großen deutschen Anbieter wie Vodafone, o2 Telefónica und die Deutsche Telekom bieten die eSIM bereits seit Jahren an, auch MVNOs wie fraenk (Erfahrungen) und freenet sind mittlerweile dabei. Viele Anbieter haben aktuell noch keine eSIM im Angebot, insbesondere für Prepaid-Tarife. Andere fordern horrende Extrakosten gegenüber der klassischen Plastik-SIM oder geben eSIMs nur als Zweitkarte heraus, wenn man bereits eine normale SIM-Karte hat.

Ich gehe davon aus, dass der Druck des Marktes aber nach dem Launch des eSIM-only-iPhone dafür sorgen wird, dass ein Großteil der Anbieter bald nachzieht.

Unnötige Inkompatibilitäten

Nicht jede eSIM funktioniert mit jedem eSIM-fähigen Gerät. So erlaubte etwa fraenk seine eSIMs ursprünglich nur für Samsung- und Apple-Geräte, sperrte die Einrichtung aber für Pixel-Smartphones, auch die Buchung auf eine Smartwatch ist nicht möglich (Quelle: Teltarif). Mittlerweile sollen Pixel kompatibel sein, auf der Liste der von fraenk-eSIMs unterstützten Geräte fehlen diese dennoch. Bei anderen Anbietern ist es ähnlich. Kompatibilitätslisten studieren zu müssen ist ätzend und nicht kundenfreundlich. An diesem Problem müssen die Anbieter dringend arbeiten.

Die Buchung von eSIMs ist (teilweise) noch kompliziert

Geschichte aus der Anekdoten-Schublade: Persönlich musste ich in den letzten Monaten zweimal eine eSIM für Zweitgeräte registrieren. Das war in beiden Fällen bei meinem Anbieter o2 nicht ganz einfach.

Erstes Problem: In meinem o2-Account sind drei verschiedene SIM-Karten registriert. Beim Versuch der Einrichtung über die mein-o2-App wollte der Anbieter die eSIM aber partout nur über die falsche Nummer registrieren – egal welche Haupt-SIM ich ausgewählt hatte. Über die Website ging es dann glücklicherweise. Zweites Problem: Es hat jeweils rund 12 Stunden gedauert, bis die mit der eSIM eingerichteten Geräte sich im Netz einbuchen konnten und es war jeweils ein Neustart erforderlich. Dass diese Wartezeit notwendig ist, wurde nicht allzu transparent kommuniziert und ich war unsicher, ob es überhaupt funktioniert.

Dazu kommt, dass man zur Einrichtung einer eSIM meist eine Internetverbindung braucht. Anders formuliert: Man braucht (stationäres) Internet, um das Handy ins (mobile) Internet zu bringen. Das verkompliziert dann die Einrichtung, wenn kein WLAN verfügbar ist und könnte in manchen Situationen ein „Henne-Ei-Problem“ sein.

Gerade um Kunden von dieser neuen Technologie zu überzeugen, ist es notwendig, den Prozess zum Registrieren und Installieren einer eSIM so schnell, einfach und transparent wie möglich zu gestalten. Hier hat o2, das muss man deutlich sagen, noch nachzubessern und Kinderkrankheiten zu beseitigen. Aber auch die anderen Anbieter sind gut beraten, den Prozess auf Nutzungsfreundlichkeit zu überprüfen.

Hakelige eSIM-Übertragung

Bei der klassischen SIM holt man die SIM-Karte aus dem alten Gerät, steckt sie ins neue und los geht’s. Einfacher geht es nicht.

Bei der eSIM ist das leider nicht zwingend so. Zwar kann man eine eSIM zum Beispiel am iPhone einfach von einem Gerät auf das andere kopieren, das setzt aber zwei Dinge voraus: Zum einen müssen beide Geräte und der Anbieter die Übertragung von eSIM-Profilen unterstützen. Zum anderen muss auch das Altgerät noch funktionieren. Wenn das nicht gegeben ist, oder wenn man schlicht von einem bestehenden Vertrag mit klassischer SIM auf ein Nur-eSIM-Gerät wechselt, muss man eine neue eSIM anfordern. Das ist zwar ein vertretbarer Aufwand, aber der alte Weg war trotzdem einfacher.

Konkurrierende Standards

Mal wieder typisch: Kaum beginnt sich die eSIM zu etablieren, stehen schon wieder Konkurrenzformate in den Startlöchern: die von Qualcomm und Vodafone gepushte iSIM und die nuSIM der Telekom zum Beispiel. Beide Formate sind zwar eher für IoT-Geräte gedacht, decken aber prinzipiell ähnliche Funktionen ab wie eSIM. Besonderheit: Für sie ist nicht mal ein eigener Chip nötig – die entsprechende Technik wird direkt ins Mobilfunkmodem integriert.

Technische Weiterentwicklungen sind gut, für Verbraucher ist das allerdings verwirrend und sorgt für Unsicherheit: Ich habe mich doch gerade an das eine gewöhnt, warum kommt denn da schon wieder etwas anderes? Es bleibt abzuwarten, ob sich ein neuer Standard mittelfristig durchsetzen kann.

Die eSIM ist Software

Natürlich sind die Grenzen fließend, grob lässt sich aber sagen, dass die eSIM Software ist und die klassische SIM Hardware. Das bedeutet auch, dass Cyberkriminelle neue Wege finden könnten, dieses System anzugreifen, etwa um Kundendaten abzuschöpfen oder Identitäten vorzutäuschen.

Das ist allerdings zunächst eine theoretische Gefahr. In die Spezifikation der eSIM wurden kryptographische Verfahren aufgenommen, die solche Angriffsszenarien verhindern sollen. Außerdem, argumentiert ein IT-Experte des Netzbetreibers Vodafone, sei der Diebstahl einer eSIM sogar schwieriger als der einer klassischen SIM-Karte.

Foto einer nicht ausgestanzten SIM-Karte des Mobilfunkanbieters fraenk.
Weniger Metalle, weniger Plastik: die eSIM ist nachhaltiger als klassische SIM-Karten (© GIGA.DE)

Fazit: eSIM kommt, aber keine Angst

Der Pragmatiker in mir sagt: Im Grunde ist die Diskussion um eSIM müßig, denn sie wird so oder so in ein bis zwei Jahren der Standard sein, am besten gewöhnt man sich jetzt daran.

Der Idealist sagt: Die Befürchtung, dass die Smartphone-Industrie wieder einmal neue Standards über die Bedürfnisse der Kunden hinweg etabliert, ist hier ausnahmsweise mal unbegründet. Denn die eSIM ist, allen Kinderkrankheiten und berechtigten Kritikpunkten zum Trotz, ein sinnvoller Standard. Die eSIM ist flexibel, eine Lösung für teils Dekaden alte Probleme, sie macht Smartphones und andere Geräte wieder ein bisschen nachhaltiger. Also: Mut zum Neuen!

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