Renault fährt schwere Geschütze auf: Ab 2022 sollen Neuwagen ein integriertes Tempolimit erhalten. Wird das für den französischen Hersteller zum gefragten Feature für mehr Sicherheit? Oder ein Grund, das nächste Auto anderswo zu kaufen? Ein Kommentar von Felix Gräber.
Renault drosselt Geschwindigkeit zum Wohl der Kunden, …
Vor wenigen Tagen hat Renault seine Pläne verkündet: Bei Neuwagen des französischen Traditionsherstellers wird ab dem kommenden Jahr die mögliche Höchstgeschwindigkeit begrenzt. Ab Werk sind dann für Fahrer eines Renault nicht mehr als 180 Kilometer pro Stunde drin. Der Grund: Man will auf die Sicherheit seiner Kunden achten, dazu dienen noch weitere smarte Funktionen wie Müdigkeitserkennung und Tempoanpassung in Kurven.
Ein löbliches Vorhaben, doch ich habe meine Zweifel: Zunächst einmal braucht sich eigentlich niemand wirklich aufregen, 180 km/h, das ist nicht gerade langsam. In Deutschland gilt auf Autobahnen die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h pro Stunde, baubedingt müssen Fahrzeuge in der Lage sein, mindestens 60 km/h fahren zu können. Also alles im Lot mit Renaults Vorhaben – wären da nicht die deutschen Fahrgewohnheiten.
Hierzulande lassen sich Autofahrer einfach nicht gerne sagen, wie schnell sie fahren dürfen. Der Gesetzgeber kann das ein oder andere Lied davon singen: Ansätze von Versuchen ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen einzuführen werden in aller Regel im Keim erstickt. Da helfen auch Argumente wie die von Renault vorgebrachten – ein Drittel aller tödlichen Unfälle soll auf überhöhte Geschwindigkeit zurückgehen – nicht weiter.
Der Renault Zoe im Herstellervideo:
… die sich dann lieber bei der Konkurrenz von VW und Co. umschauen
Für den deutschen Markt ist Renaults Entscheidung meiner Meinung nach ein Fehler. Denn was wird passieren? Fahrer, die sich nichts sagen lassen wollen, haben schließlich eine simple Möglichkeit: Sie kaufen ab 2022 keine Renaults mehr. Das erste E-Auto der Franzosen, der Renault Zoe, schafft es auf Platz 3 der meistverkauften Elektroautos – weltweit und in Europa, wie Auswertungen von Statista zeigen.
Doch in Deutschland sieht es mittlerweile anders aus: Hier schafft es der Zoe im laufenden Jahr nur auf Platz 6 der Neuzulassungen. 2018, 2019 und 2020 war das Modell das meistverkaufte E-Auto in Deutschland, inzwischen auch hier nur noch Platz 3. Renaults Entscheidung, den deutschen Kundinnen und Kunden bald ein Tempolimit für Neuwagen vorzuschreiben, ist bestenfalls riskant. Zwar schafft der Kleinwagen Zoe ohnehin nicht solche Geschwindigkeiten, ein konzernweites, modellübergreifendes Limit könnte trotzdem negativ abfärben.
Bei aller persönlichen Skepsis gegenüber Renaults Plan, den Rest der Welt wird es kaum stören. „Nur“ 180 km/h fahren zu können, ist kein Problem, wo ohnehin maximal 120 bis 130 km/h erlaubt sind. Aber ehrlich gesagt: Warum dann nicht gleich die Maximalgeschwindigkeit auch soweit herab regeln? Vor diesem Hintergrund wirken die 180 km/h Maximum willkürlich: Zu schnell für die meisten Länder mit allgemeinem Tempolimit, zu langsam um in Deutschland auf der linken Spur mithalten zu können.
Allerdings, der französische Autohersteller ist mit seinen Plänen nicht allein. Volvo hat eine Maximalgeschwindigkeit für seine Wagen bereits 2020 eingeführt. Audi hat das Thema auf dem Schirm, verkündet aber bisher keine allgemeine Begrenzung, berichtet der Focus. Die Fahrzeuge von Tesla können bereits Verkehrsschilder auslesen, mittels des umstrittenen Autopiloten die Geschwindigkeit an das jeweils erlaubte Höchstmaß anpassen.