Normalerweise bemitleiden wir iPhone-Besitzer ja die armen Android-Nutzer, wenn es um Adware, Bloatware und derartige Dinge geht. Vielleicht sollten wir uns aber lieber nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen. Apple befindet sich nämlich schon auf ähnlichen Abwegen. Das Thema, heute in der Wochenend-Kolumne.
Das iPhone eine Werbeschleuder – voll von Adware? Zugegeben, der Gedanke klingt zunächst etwas abstrus und widerspricht vielleicht auch dem eigenen, subjektiven Empfinden. Dennoch: Apple will uns immer mehr an verschiedenen Stellen des iPhones innerhalb von iOS Dinge andrehen – ob wir wollen oder nicht.
Wer derartig Serien (Video) sehen will, der muss Apple TV+ abonnieren – mit der Werbung dazu übertreibt es Apple etwas auf dem iPhone, findet App-Entwickler Steve Streza:
Schwerer Vorwurf: Apple staffiert iPhone mit jeder Menge Werbung aus
Der Softwareentwickler und Comic-Buchautor Steve Streza kritisiert dieses Verhalten in einem augenöffnenden Artikel – „The Paywalled Garden: iOS is Adware“. Dafür listet er feinsäuberlich alle Orte innerhalb des iPhone-Systems auf, an denen uns Apple verschiedene Dienstleistungen oder eben auch nur einfach Werbung aufs Auge drücken will. Eine kurze Zusammenfassung:
- Musik-App: Früher konnte man in der Tradition des iPod damit einfach nur Musik hören, heute wird man nahezu genötigt, das Probeabo von Apple Music abzuschließen und somit in die Abofalle zu rutschen. Hatten wir schon mal Apple Music abonniert und wieder abbestellt, gibt’s später noch Push-Nachrichten vom System, die uns zur Umkehr überreden wollen.
- TV-App: Na klar, selbstverständlich will auch Apple TV+ an den Mann und die Frau gebracht werden – Probeabo gefällig?
- App Store: Bei den Spielen wartet Apple Arcade – Apples Spiele-Flatrate – mit einer überdimensionalen Werbung auf uns. Auch hier lockt das Probeabo. Suchen wir dann im App Store mal nach einer App, wird uns nicht etwa das beste Suchergebnis zuerst präsentiert, sondern eine ganz andere App in Form von Werbung.
- Apple Care Plus: Was denn, die normale einjährige Garantie genügt nicht? Kein Problem, hole dir noch heute Apple Care Plus für einen kleinen Obolus. Damit man dies nicht vergisst, findet sich die Erinnerung in den Einstellungen.
- Apple Wallet und News: In den USA ist man ja schon weiter, dort gibt’s Apples eigene Kreditkarte – die Apple Card. Die passende Werbung dazu findet sich passend in Apples Wallet-App, in der die Kreditkarten für Apple Pay abgelegt werden. Und natürlich muss die News-App auch noch Kundschaft für das aufpreispflichtige Abo von Apple News+ heranschaffen.
Die Dienstleistungen mal beiseite, denn auf diese Apple-Hardware freuen wir uns noch in diesem Jahr:
Schlechtere Nutzererfahrung: Apple muss aufpassen
Nicht nur Steve Streza weiß, wie der Hase läuft: Apple will mit aller Macht seinen Servicebereich die nächsten Jahre ausbauen und so kräftig wachsen und Geld verdienen – ich kann ihm da nur beipflichten. Er konstatiert: „Natürlich hat Apple das Recht, die Benutzer über seine Dienste zu informieren und Sie davon zu überzeugen, diese zu abonnieren. Und Sie könnten meiner Einschätzung widersprechen, dass es sich bei einigen davon überhaupt um Werbung handelt. Im Einzelnen sind die meisten dieser Fälle nicht von sich aus heimtückisch. Aber wenn man sie zusammen betrachtet, zeichnen sie ein Bild davon, wie Apple die Nutzererfahrung nachweislich verschlechtert, um das Wachstum um jeden Preis anzukurbeln.“
Meine Gedanken zum Wochenende: Die Kolumne möchte Denkanstöße liefern, zur Diskussion aufrufen und den „News-Schwall“ der Woche zum Ende hin reflektieren. Eine kleine Auswahl der bisherigen Artikel der Kolumne:
Am Ende klärt er die Leser auf: „Es ist an der Zeit, dass die Technik-Community erkennt, dass Apple seine Produkte nicht mehr für ein großartiges Erlebnis entwickelt, sondern als Upsells, um Sie in den zahlungspflichtigen Garten zu bringen.“
Hier greift er meiner Meinung nach etwas zu weit. Ich kaufe Apple nach wie vor ab, dass sie zunächst noch immer die Benutzererfahrung bei iPhone, iPad, Mac und Co. im Blick haben. Allerdings besteht durchaus die Gefahr, sich aufgrund der Vielzahl verschiedener Dienstangebote zu verzetteln. Somit könnte früher oder später der befürchtete Adware-Eindruck entstehen. Lieber also etwas dezenter auftreten und eventuell auch mehrere Dienste einfach kostengünstig im Bundle anbieten. Dann muss man auch nicht ständig überall die Werbetrommel rühren.
In diesem Sinne: Wehret den Anfängen, und hört besser auf mit dem Sch**ß – alles klar, Apple?
Hinweis: Die in diesem Artikel geäußerten Meinungen stellen ausschließlich die Ansichten des Autors dar und sind nicht notwendigerweise Standpunkt der gesamten GIGA-Redaktion.