Ein Artikel der New York Times erregt immenses Aufsehen, weil Eltern erneut vor der Gefahr „Videospiele“ gewarnt werden. Seit Beginn der Pandemie steigen die Zahlen an Videospiel-Interessierten, sowie die Zeit, die in das Hobby investiert wird. Gerade bei Kindern könnte dies, laut einigen Experten, jedoch unerwünschte Nachwirkungen haben. Ist das alles pure Panikmache oder sind die Sorgen vielleicht sogar berechtigt?
Artikel vom 30.01.2021 - 10:30 Uhr
Mehr Zeit für Videospiele, mehr Probleme?
Seit März 2020 läuft unser Leben nicht einfach normal weiter wie zuvor. Die Corona-Pandemie zwingt uns seit nun knapp einem Jahr Kontakte einzuschränken und uns mehr in den eigenen vier Wänden aufzuhalten. Für die meisten Gamer heißt das vor allem eines: Mehr Zeit für Videospiele. Allein in Europa verbrachten wir vergangenes Jahr circa 34 Prozent mehr Zeit in Games.
Und das betrifft nicht nur Erwachsene, denn auch Kinder verbringen immer mehr Zeit vor dem Bildschirm. Kontaktbeschränkungen und geschlossene Kindergärten, Schulen und Vereine hinterlassen viele ratlose Eltern, die den Nachwuchs im Home Office kaum anders zu beschäftigen wissen. Ein Artikel der New York Times versucht diesen Umstand nun aufzugreifen um Eltern vor den Folgen ihres Handelns zu warnen.
Was hat die New York Times zu kritisieren?
„Es wird eine Zeit des schlimmen Entzugs kommen“, warnt ein Sucht-Spezialist, sobald Schulen, Aktivitäten und das soziale Leben sich wieder normalisieren.
Das ist die Einleitung des Artikels, der in den vergangenen Tagen heiß diskutiert wird. Die New York Times will Eltern damit vor allem eines klarmachen: Zocken im Lockdown wird schlimme Folgen für eure Kinder haben. Um das Argument gegen Videospiele zu unterstützen, wurden Experten und Eltern zu ihrer Meinung befragt.
Im Bericht heißt es, seit März hätte sich die Zeit, die Kinder in den USA mit Videospielen verbringen, verdoppelt. Spiele wie Fortnite und Roblox, aber auch Apps wie Tiktok erfreuen sich demnach besonders großer Beliebtheit bei Kindern zwischen neun und zwölf Jahren. In Deutschland sieht es übrigens ähnlich aus: Minderjährige zwischen zehn und siebzehn Jahren verbringen mittlerweile im Durchschnitt über 140 Minuten täglich am PC, an Konsolen, Tablets oder Smartphones. Das ist eine Stunde mehr als noch im Vorjahr.
Im Artikel gibt Keith Humphrey, Psychologie-Professor an der Standford Universität, Suchtexperte und ehemaliger Drogenbeauftragter unter Barack Obama, seine Meinung dazu ab. Laut ihm gewöhnen sich Kinder durch das Spielen an, sofort für ihr Handeln belohnt zu werden. Nach der Pandemie sollen viele deswegen Aufmerksamkeitsstörungen und Probleme in alltäglichen Situationen an den Tag legen – hervorgerufen durch den Entzug von Videospielen.
Auch das Elternpaar eines 14-jährigen Jungen wird herangezogen. John und Cathleen Reichert äußern sich darin verzweifelt über den Medienkonsum ihres Sohnes. Dieser verbringe seit der Pandemie sehr viel mehr Zeit online, um mit seinen Freunden zu spielen und im Kontakt zu bleiben. Fast sechs Stunden verbringe er täglich mit Social Media und Videospielen. Als der Minderjährige in einem Streit meint, sein Handy sei sein ganzes Leben, schockiert das die Eltern.
Vater John Reichert meint:
„Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Sein ganzes Leben? Ich verliere meinen Sohn nicht an so etwas.“
Haben Videospiele auch positive Auswirkungen?
Auf der einen Seite befinden sich also die Sorgen der Eltern und einiger Gesundheitsexperten – auf der anderen aber auch Studien und Erfahrungsberichte, die ein ganz anderes Bild zeichnen. Videospiele haben nämlich auch enorm viele Vorteile.
Ein Blick auf die Studien der vergangenen Jahre verrät so zum Beispiel, dass Kinder, die oft Videospiele spielen, später über schnellere Reaktionszeit, ein besseres 3D-Raumverständnis sowie ein besseres Erinnerungsvermögen und Leseverständnis verfügen. Abgesehen von kognitiven Vorteilen wirken sich Games einigen Studien nach aber auch positiv auf die Psyche aus. Empathie solle durch das Zocken gestärkt werden und die allgemeine psychische Gesundheit erhöht werden.
Vor allem aber in Zeiten der Isolation bewähren sich Videospiele nachweislich für viele Personen als Retter in der Not.
Im Mai 2020 gibt der game – Verband der deutschen Games-Branche aufgrund einer Erhebung bekannt: 18 Mio. Deutsche bleiben im Lockdown durch Videospiele miteinander verbunden. Mit Freunden und der Familie weiterhin Spieleabende veranstalten und in Gaming-Communities einen weiteren sozialen Anker im Leben haben: Das ermöglicht Gaming. Gerade in aktuellen Zeiten sollte das Medium für diese positiven Eigenschaften anerkannt werden – für den sozialen Kontakt zu anderen, der sonst momentan spärlich ausfällt.
Dass wir uns in absoluten Ausnahmezeiten befinden und Videospiele Menschen verbinden, wird im Artikel über das Spielverhalten von Kindern nicht berücksichtigt – dabei gibt es immer zwei Seiten der Medaille.
Weitere gute Gründe liefert auch die folgende Bilderstrecke: