Netflix ist noch immer Branchenprimus, dabei ist der Streaming-Anbieter seit geraumer Zeit massiver Kritik ausgesetzt. Doch Konsequenzen ziehen die Nutzerinnen und Nutzer eher selten, denn statt einem Kundenschwund registriert Netflix immer mehr zahlende Anwender. Wie kann dies sein? Reden wir mal drüber in der aktuellen Ausgabe der Wochenendkolumne.
Netflix steht in der Kritik. Zu viele Inhalte, aber zu wenig Qualität, ständig steigende Preise und dann zuletzt auch noch das Verbot der Passwortweitergabe und die damit in Verbindung stehende Zusatzgebühr möchte man dann doch Freunde und Bekannte mitgucken lassen.
Netflix kann sich bei seinen Kunden bedanken
Besonders groß war die Entrüstung in diesem Jahr, als das sogenannte Account-Sharing-Verbot nach zaghaften Versuchen im Ausland auch hierzulande und im Heimatmarkt USA griff. Noch vor Jahren warb Netflix damit, dass Anwender ihr Passwort gerne teilen – „Love is sharing a password“. Dieses Verhalten war zwar offiziell nie ausdrücklich erlaubt, dennoch aber geduldet.
Nachdem klar war, dass Netflix zurückrudert, musste der Streaming-Anbieter einen massiven Shitstorm über sich ergehen lassen. Hier und da wurde gleich mit Kündigung gedroht. Schenkte man dieser Entrüstung Glauben, dann musste Netflix eher früher als später bankrott gehen, schließlich wollten doch nicht wenige Nutzer abhauen.
Noch ganz frisch, ein aktueller Kommentar eines GIGA-Lesers auf unserer Facebook-Seite:
Und jetzt? Ende 2023, schaut die Situation gänzlich anders aus. Die Zahlen beweisen, Netflix tat sich mit der stufenweisen Einführung des Account-Sharing-Verbots einen großen Gefallen getan, denn am Ende akzeptiert die große Mehrzahl der Kunden das Vorgehen und Netflix konnte netto mehr zahlende Kunden gewinnen. So kamen im zweiten Quartal dieses Jahres mehr als 6 Millionen Abonnenten hinzu, im dritten Quartal sogar noch mal knapp 8,8 Millionen. Netflix hat jetzt also mehr als weniger Nutzer – Mission erfüllt (Quelle: Variety).
Doch wie kann dies sein, wollte denn nicht gefühlt jeder kündigen? Dazu kam es wohl nicht. Denn ihr, die Kundinnen und Kunden könnt am Ende doch nicht ohne Netflix auskommen. Trotzt angeblich schlechter Qualität, steigender Kosten und dem Verbot, das eigene Passwort zu teilen.
Schon gewusst? So spart ihr beim Streaming bares Geld:
Für mich beweist dies, die Schmerzgrenze ist noch lange nicht erreicht beziehungsweise hat Netflix ebenso einen Weg gefunden, die Kundschaft zu beschwichtigen. In nicht wenigen Fällen dürfte das neue werbefinanzierte Abo für Milderung sorgen. Fast das gesamte Netflix-Portfolio für knapp 5 Euro? Deal! Sch**ß auf die Werbung.
Mit der Forderung nach mehr Qualität kann es dann ja nicht so weit her sein, wenn man Werbung wie im Privatfernsehen auch zwischen Serien und Filmen akzeptiert.
Meine Gedanken zum Wochenende: Die Kolumne möchte Denkanstöße liefern und den „News-Schwall“ der Woche zum Ende hin reflektieren. Eine kleine Auswahl der bisherigen Artikel der Kolumne:
Netflix im Tun bestätigt – immer weiter so
Für Netflix in jedem Fall ein klares Zeichen und die Bestätigung, auf dem richtigen Weg zu sein. Ich wette mal, in Zukunft dürfen Kunden schrittweise mit immer mehr Werbung rechnen. Für den Anbieter immerhin ein einträgliches Geschäft, denn die Summe aus Werbeeinnahmen plus Abo-Gebühren dürfte sich mehr als nur rechnen.
Wieder werden einige Wenige laut aufschreien, doch die Masse macht sicherlich erneut mit. Gemeckert ist schnell, doch Konsequenzen ziehen ist schwieriger.
Für mich persönlich ist dies aber nichts. Allerdings bin ich auch nicht so dogmatisch und kehre Netflix deswegen generell für alle Zeiten den Rücken. Lieber hole ich mir ab und zu ein Abo nur für einen einzigen Monat in besserer Qualität und verzichte in der Zwischenzeit auf das Angebot und die Werbeberieselung.
Mir ist ab sofort klar: Die Mehrheit sieht dies jedoch anders und hält Netflix tatsächlich langfristig die Treue. Bei so viel Menschenkenntnis kann man Netflix einfach nur zum aktuellen Erfolg gratulieren.