Mit DLSS 3 haben die neu vorgestellten Nvidia-Grafikkarten der 4000er-Serie eine Technologie integriert, die wie von Zauberhand die FPS bis zu verfünffachen kann. Spiele erscheinen damit wesentlich flüssiger auf entsprechenden Bildschirmen. Nach anfänglicher Skepsis zeigt ein erster Blick darauf: Es funktioniert – und zwar erschütternd gut.
Ein Pferdefuß zu Beginn: DLSS 3 wird nur von den neuen Nvidia-Grafikkarten der 4000er-Generation unterstützt, die Mitte Oktober ihren Marktstart feiern. Außerdem müssen die Spiele speziell dafür angepasst werden.
Die Experten von Digital Foundry haben aber bereits Zugriff auf die neue Grafikhardware sowie einige Spiele (Marvel’s Spider-Man, Portal RTX, Cyberpunk 2077) in DLSS 3 unterstützenden Vorabversionen für den PC. In einem Video geben sie einen faszinierenden Einblick, wie flüssig die Bilder sind, die DLSS 3.0 auf den Schirm bringen kann. Das Ergebnis: Die Verbindung aus Auflösungs- und temporalem Upscaling kann die FPS in Spielen vervierfachen oder gar verfünffachen.
DLSS: Wege aus dem Flaschenhals
Um zu verstehen, was DLSS 3 macht, ein Exkurs. Gaming im Jahr 2022 hat ein Luxusproblem: Moderne Konsolen und PCs sind nur selten in der Lage, gleichzeitig hohe Auflösungen, hohe Bildraten und hohe Details mit Features wie Raytracing an den Bildschirm zu liefern. Aktuelle Bildschirme (TV-Geräte, aber immer häufiger auch Monitore) beherrschen 4K-Auflösung, HDR und 120 Hz, die können so aber nicht ausgereizt werden – theoretisch. Deswegen beherrschen Spiele-Engines und Gaming-Hardware immer ausgefuchstere Tricks, um die roh von der GPU ausgelieferten Bilder „aufzuhübschen“.
Nvidia war mit seiner DLSS (kurz für Deep Learning Supersampling) getauften Technologie wegbereitend in diesem Bereich. DLSS kann mithilfe von Maschinenlern-Algorithmen Bilder hochrechnen, etwa von 1080p auf 4K-Auflösung. Die Ergebnisse sahen spätestens seit DLSS 2 oft genauso gut, manchmal sogar besser aus als Bilder in nativer 4K-Auflösung.
DLSS 3 eine Revolution? Daniel ist anderer Meinung.
DLSS 3 erschafft höhere FPS praktisch aus dem Nichts
Mittlerweile haben AMD (FSR 2.0) und Intel (XeSS) mit eigenen Upsampling-Methoden nachgezogen, die ebenfalls gute Ergebnisse bringen. Nvidia zieht mit der neuesten DLSS-Version allerdings ein weiteres Ass aus dem Ärmel – und das ist technologisch absolut erstaunlich. Denn Einzelbilder werden mit DLSS 3.0 werden nicht nur in der Bild-, sondern auch in der zeitlichen Dimension aufgehübscht.
Anders formuliert: Zwischen zwei auf herkömmlichen Weg berechneten Bildern kann die Grafikkarte mit DLSS 3 ein Zwischenbild erstellen und ausgeben. Dafür muss der Hauptprozessor nichts tun, die GPU wird ebenfalls nur wenig belastet. So werden aus 30 FPS beispielsweise 60 FPS oder aus 60 FPS eben 120 FPS. In Verbindung mit dem „klassischen“ Hochrechnen der Auflösung wie in DLSS 2.0 ist sogar eine Vervierfachung der FPS (Einzelbilder pro Sekunde) und mehr drin, wie die Messungen von Digital Foundry belegen.
Seifenoper-Effekt, aber gut
Neu ist die Idee nicht. Motion-Smoothing durch künstliche Zwischenbilder beherrschen zum Beispiel auch zahlreiche Fernseher – auf die Weise entsteht der so genannte Seifenopern-Effekt. Das größte Problem dieser Algorithmen (abgesehen von missachteten künstlerischen Intentionen) ist der Zeitversatz der Bildschirmausgabe. Für Filme, Serien und Live-Fernsehen mag der egal sein, bei Spielen geht mit Motion Smoothing allerdings die Eingabeverzögerung so hoch, dass die Steuerung zäh wirkt und das Spielen keinen Spaß mehr macht. Als Eingabeverzögerung (englisch: Input Lag) bezeichnet man die Zeit zwischen einer Eingabe wie den Druck auf einen Button und Ausgabe, also eine Aktion, die auf dem Bildschirm angezeigt wird.
DLSS 3 kompensiert das Problem, indem die Zwischenbilder mit spezieller Hardware auf dem Grafikprozessor in extrem kurzer Zeit generiert werden, also nur wenigen Millisekunden. In Verbindung mit Nvidias Reflex-Technologie, die den Input Lag zusätzlich verringert, soll die Eingabeverzögerung laut Messungen von Digital Foundry ähnlich gut sein, wie wenn man das entsprechende Spiel „normal“, also ohne DLSS und Reflex spielt.
Auch in Sachen Qualität soll DLSS bestehenden Algorithmen überlegen sein, sogar mit Offline-Rendering-Methoden wie Adobe PixelMotion mithalten können. Zwar gibt es bei der Betrachtung einzelner generierter Bilder trotzdem gelegentlich Artefakte zu entdecken, die „falsch“ wirken, diese scheinen aber nur sporadisch in komplexen Situationen aufzutreten und in schnellen Bewegungen praktisch nicht bemerkbar sein.
Unterm Strich scheint, zumindest dem ersten Eindruck nach zu urteilen, den Digital Foundry gewonnen hat, DLSS 3 noch einmal ein großer Sprung nach vorne in Sachen maschinenlerngestützter Bildverbesserung zu sein. Für uns als Spielerinnen und Spieler bedeutet das nicht weniger als höhere (wahrgenommene) Leistung beim Zocken, die man gerade beim Einsatz auf 4K-Bildschirmen sowie zukünftig vielleicht sogar 8K-TVs und/oder beim Einsatz von Raytracing immer noch braucht.
Mehr FPS „für umme“ – das klingt ja fast zu schön, um wahr zu sein! Eine Technologie für gute Bewegungsinterpolierung in Spielen stellt durchaus eine Revolution dar. Richtig interessant in der Breite wird DLSS 3 aber erst dann, wenn die Technologie auch in Einsteiger- und Mittelklasse-Grafikkarten Einzug hält – oder gar in Konsolen. Zwar nutzt in der aktuellen Generation nur Nintendo Chip-Hardware von Nvidia – aber in einer Switch 2 bzw. Pro würde sich DLSS 3 sicher ausgezeichnet machen. Abgesehen davon heißt es jetzt: Los AMD und Intel – nachmachen, es gibt einen neuen Benchmark!