Die Unruhen in der Berliner Silvesternacht werden in den Medien heiß diskutiert. Im ARD-Presseclub ging es dabei auch um die Motivation der Täter. Eine der anwesenden Journalistinnen gab hierbei den modernen Videospielen die Schuld und wärmte damit eine Debatte auf, die heute niemand mehr braucht.
Sind Videospiele schuld am Silvester-Chaos?
In der Silvesternacht, mit der das Jahr 2022 zu Ende ging, kam es in Berlin zu Ausschreitungen. Dabei wurden auch Polizisten und Rettungskräfte angegriffen. Das Chaos in der Hauptstadt war auch das Hauptthema des Presseclubs vom 08. Januar im Ersten. Zu Gast waren hier deutsche Journalisten, die über die Täter und ihre Motivationen sprachen (Quelle: ARD-Mediathek).
Hier wurde erneut die Killerspiel-Debatte aufgetischt. Zunächst warf Jasper von Altenbockum von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nur ein, dass es bei vielen wohl eine niedrigere Hemmschwelle gebe, um gewalttätig zu geben. Eva Quadbeck vom RedaktionsNetzwerk Deutschland schien hier aber schon einen genauen Verdächtigen zu haben:
Sie erklärte, dass man nicht vergessen sollte, welche Videospiele gespielt würden und mit welchem Realismus sich Menschen dort „gegenseitig abschlachten“. Ohne mit der Wimper zu zucken, würden junge Menschen dort „jagen“ und morden“. Das Argument schloss sie damit ab, dass dann „teilweise nicht mehr die Realität gesehen wird, wenn man auf der Straße steht und dann wahlweise gegen Polizisten oder gegen Rettungskräfte vorgeht“.
Meinung von Martin Hartmann
Glücklicherweise wird die Killerspiel-Debatte von hier nicht weitergeführt und die Diskussion wendet sich einem anderen Thema zu. Was bleibt, ist ein bitterer Beigeschmack. Es gibt keine weiterführende Erklärung, warum denn jetzt gerade diese Böller-Attacken an Silvester durch Videospiele zu erklären sind.
Noch viel schlimmer ist aber, dass kein einziges neues Argument genannt wird. Videospiele zu kritisieren, ist vollkommen in Ordnung. Auch was ihren Gewaltgrad angeht. Allerdings ist die Sprache, die Quadbeck hier verwendet, dermaßen veraltet, dass die Worte wirklich jedem, der sich mit Spielen auskennt, schon in den Ohren ringen dürften. „Gegenseitig abschlachten“, „jagen und morden“. Was soll das?
Das ist keine konstruktive Medienkritik, sondern das stumpfe Wiederholen von Phrasen. Jetzt zu versuchen, diese zu widerlegen, ist sinnlos. Das wurde bereits in den letzten 30 Jahren ausgiebig erledigt. Genauso wenig lohnt es sich allerdings, wegen ihnen auf die Barrikaden zu geben. Die angemessene Reaktion ist wohl eher ein müdes Kopfschütteln.
Schaut euch lieber die Spiele an, die 2023 auf euch warten:
Im ARD-Presseclub wird die Killerspiel-Debatte kurzzeitig wiederbelebt. Diese neuste Zombifizierung ist dabei allerdings nicht nur unpassend, sondern auch kreativlos. Videospiele dürften und müssen kritisiert werden. Aber bitte mit neuen Argumenten.