Denkt man ans Streaming, denkt man an Netflix. Doch der Branchenprimus sorgte zuletzt nicht unbedingt nur mit sehenswerten Filmen und Serien für Aufregung. Abonnenten weltweit sehen sich mit chaotischen Aktionen des Dienstleisters konfrontiert und sind verwirrt. Hat sich Netflix vielleicht verzockt? Einen ersten Versuch der Klärung gibt es jetzt in der heutigen Ausgabe meiner Wochenendkolumne bei GIGA.
Qualitativ ging es für Netflix wieder bergauf, immerhin konnte beispielsweise der hauseigene Film „Im Westen nichts Neues“ ganze 9 Nominierungen für den Oscar 2023 einkassieren. Der Film darf sich als erster deutschsprachiger Film sogar gleichzeitig Chancen auf die Auszeichnung des besten Filmes und des besten internationalen Filmes machen – so etwas gab es noch nie.
Netflix will Zusatzgebühr, aber senkt auch Preise: Was ist da los?
Was es bisher auch nicht gab, war eine Zusatzgebühr fürs sogenannte „Account-Sharing“. Es ist noch gar nicht so lange her, da warb Netflix sogar damit beziehungsweise im Angesicht des Erfolges tolerierte es großzügig. Doch diese Zeiten sind vorbei. In einigen Ländern kassiert Netflix nun ab. Wer also das Passwort mit jemandem außerhalb des eigenen Haushalts teilt, der muss zahlen. Beispielsweise werden in Spanien zusätzlich knapp 6 Euro zum regulären Monatspreis fällig. Deutsche Kunden werden aktuell noch verschont, doch Netflix wird auch uns noch dieses Jahr an die Brieftasche gehen und einen Extra-Obolus verlangen.
Mit derlei Drangsalierungen macht sich Netflix keine Freunde. Die Mehrheit der Kunden lehnt eine solche Zusatzgebühr entschieden ab und würde wohl eher kündigen (Quelle: Golem). Abhalten lässt sich der Streaming-Anbieter davon aber zunächst nicht.
Kaum zu glauben, aber letztes Jahr feierte Netflix schon den 25. Geburtstag. Verwirrt? Im Video dazu die Aufklärung:
Anderseits senkte Netflix jetzt in über 35 Ländern die Preise teils massiv. Wie kann dies sein? Nun ja, eine soziale Ader hat die Firma nicht wirklich für sich entdeckt, denn die Preissenkungen beispielsweise in Kenia, Thailand oder auch Ecuador haben nur bedingt etwas mit den dortigen Lebenshaltungskosten zu tun. Letztlich senkt Netflix nur da die Preise, wo der Anbieter einen schlechten Stand hat und vom Wettbewerb unter Druck gesetzt wird. In den westlichen Ländern ist dies wohl nicht oder nicht ausreichend der Fall. Ergo: Wir hier in Deutschland und anderswo müssen tendenziell eher mehr als weniger bezahlen.
Meine Gedanken zum Wochenende: Die Kolumne möchte Denkanstöße liefern und den „News-Schwall“ der Woche zum Ende hin reflektieren. Eine kleine Auswahl der bisherigen Artikel der Kolumne:
Netflix entdeckt die Marktwirtschaft für sich
Verzockt hat sich Netflix also noch nicht meiner Meinung nach. Denn die Preissenkungen stehen wohl nicht unbedingt mit der Kunden-Ablehnung der Zusatzgebühren fürs „Account-Sharing“ in Zusammenhang. Aktuell agiert man eher wie ein typischer Markt-Player, der seine Kunden dort abkassiert, wo es möglich ist – Marktwirtschaft wie aus dem Lehrbuch. Netflix testet halt seine Grenzen aus. Sollten die Umfrageergebnisse aber stimmen und eine Mehrheit der Kunden dem Anbieter tatsächlich mal den Rücken kehren, müsste man wohl auch hierzulande den Rotstift ansetzen und Kundinnen und Kunden mit Preisvorteilen locken.
Unterm Strich: Das vermeintliche Preis-Chaos bei Netflix ist doch kein Wirrwarr, sondern reine Kalkulation – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Schmecken muss uns dies nicht, wenngleich ich mich so oder so für ein anderes, wesentlich faireres Preismodell bei Netflix erwärmen könnte. Nachzulesen in einer vorherigen Ausgabe dieser Kolumne.