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Schöne neue Foto-Welt im Pixel 8 (Pro): Der Schnappschuss ist tot

Googles „magischer Radierer“ kann Personen aus Fotos löschen. (© Made By Google @ YouTube)
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Die Bildbearbeitung von Fotos und Videos auf den neuen Pixel-Geräten ist beeindruckend, keine Frage. Aber sie zerstört auch die Erinnerung an den Moment, wie er wirklich passiert ist. Ist das das Ende des Schnapschusses?

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Ein Kommentar von Frank Ritter.

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Fast jeder kennt sie: die eine Person, die auf fast allen Fotos immer komisch schaut. Mit den neuen Google Smartphones Pixel 8 und 8 Pro ist das kein Problem: Man nimmt von einer Personengruppe einfach mehrere Fotos in Reihe auf. In der Nachbearbeitung lässt sich für jede abgebildete Person dann das eine Kopf-Foto aussuchen, auf dem sie oder er zufrieden und fröhlich schaut. Alle schauen happy, alle sind happy. Oder?

Brillante Technik

Machen wir uns nichts vor: Fotos bilden heute schon nicht mehr die Realität ab. Ob es jetzt die hochglanz-inszenierten und mit Photoshop nachbearbeiteten Stock-Fotografien sind, die Artikel und Produkt­vorstellungen im Netz zieren (Ja – wir verwenden diese auch.), die mit brillanten Nachschärfungs­effekten und HDR-mäßig glattpolierten Szenerien, die aus modernen High-End-Smartphones kommen oder gar die mit cleveren Prompts erstellten Retorten­bilder aus KI-Generatoren wie Dall‑E und Midjourney. Daran haben wir uns gewöhnt, instinktiv wissen wir: Das, was ich da sehe, ist wahrscheinlich nicht echt.

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Nun wird die Macht der auf hübsch manipulierten Bilder aber auch in die Hände von Otto-Normal-Usern wie dir und mir gelegt. Und auch unschuldige Moment­aufnahmen lassen sich so aufhübschen. Man braucht keinen High-End-PC mehr, keine spezielle Software. Was nicht passt, wird passend gemacht. Mit zwei, drei Klicks am Smartphone, in wenigen Sekunden.

Die Bearbeitungs­möglichkeiten, die die neuen Pixel-Smartphones bieten, sind vielfältig: Neben ausgetauschten Gesichtern können Objekte herausretuschiert, verschoben, vergrößert und verkleinert werden, der Himmel ausgetauscht, bei Videoaufnahmen entfernt man störende Hintergrund­geräusche. Objekte, die nur halb im Bild sind, werden dank KI erweitert und sehen aus wie perfekt platziert und genau so intendiert.

Google Pixel 8 (Pro) vorgestellt

Funktionen dieser Art gibt es natürlich schon länger: Künstliche Hintergrund-Unschärfe, KI-berechnete Schatteneffekte für Porträt-Fotos, Objektfreistellung per Drag & Drop – die Möglichkeiten sind bekannt und werden vielfach angewandt. Aber sie waren oft noch naiv, die Resultate meist als geschönt erkennbar, mitunter gar bizarr, wie der von Orange auf Grau geänderte Himmel im von Waldbränden geplagten Kalifornien oder der „perfekte Mond“ bei Huawei.

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Schöne neue Wirklichkeit

Dank der neuen KI-Algorithmen in den neuen Pixel-Geräten – genauso wie ähnliche Features im iPhone 15 und anderen modernen Smartphones – sind nachbearbeitete Bilder jedoch als solche kaum noch erkennbar.

Diese erstaunlichen Effekte sind zunächst einmal technische Errungenschaften, die Applaus verdienen. Den hat das Pixel 8 zurecht bekommen, als etwa in der Produktvorstellung ein Basketball-Spieler zum mächtigen Slamdunk ansetzen, dabei das auf dem Hallenboden stehende Trampolin kurzerhand wegradiert wurde, um noch beeindruckender zu wirken. In dieser Szene wurde mir die schöne neue Bilderwelt aber etwas zu viel.

Best Take“ im Google Pixel 8 Pro: Einfach den besten Gesichtsausdruck für jede Person auswählen und das Gerät generiert das optimale Gruppenfoto. (Screenshot: Made by Google @ YouTube)
„Best Take“ im Google Pixel 8 Pro: Einfach den besten Gesichtsausdruck für jede Person auswählen und das Gerät generiert das optimale Gruppenfoto. (© Made by Google @ YouTube)

Ist das der neue Standard?

Es ist absehbar, dass solche Technologie früher oder später in jedem Smartphone zur Verfügung stehen wird. Stellt sich die Frage: Brauchen wir diese neue Realität? Wollen wir sie sogar? Psychologisch wäre das durchaus nachvollziehbar: Schließlich ist unser Alltag oft grau und bedrückend, gerade in dieser Zeit. Welch schöne Ablenkung ein auf perfekt getrimmtes Bild in sozialen Netzen durch den Like-Flut-bedingten Dopaminrausch bringen kann, ist kaum zu bestreiten.

Bloß: Was ist die Erinnerung an einen Moment wert, der so nie stattgefunden hat? Retuschieren wir uns die verregnete Campingtour in Zukunft schön? Wird die Erinnerung an einen Familienurlaub, bei dem man sich viel gestritten hat, in Zukunft weggewischt, weil auf den Erinnerungs­fotos ja alle glücklich schauen? Löschen wir mit dem Abbild einer verflossenen Liebschaft im Pärchen-Selfie in Zukunft auch die Erinnerungen an die schönen Momente der Beziehung?

Was macht das alles mit uns? Wird der sozialen Druck wachsen, Fotos und Videos vor dem Teilen auf Perfektion hin zu trimmen – auch ohne dass wir alle Instagram-Influencende sind? Wird es keine halb-gelungenen Fotos und Videos mehr geben, die wir mit „Lol, wie bekloppt hast du denn da geguckt?“ oder „Ach ja, erinnerst du dich an den Typen da im Hintergrund? Der war echt creepy!“ kommentieren?

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Ich habe keine Antworten, ja nicht einmal eine fertige Meinung, zu dieser neuen Foto-Welt. Ich weiß nur, dass ich sie beeindruckend und bedrückend gleichermaßen finde. Ausprobieren und nutzen werde ich diese Features sicherlich. Ich für meinen Teil habe erst einmal einen Kompromiss mit mir selbst geschlossen und beschlossen dafür zu sorgen, dass jene Person, die auf Fotos immer komisch guckt, genau das auch weiterhin tut. Selbst wenn der reale Moment verblasst – zumindest die Imperfektion muss bleiben.

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