Die goldenen Zeiten der deutschen Autoindustrie scheinen sich ihrem Ende zu nähern. Zumindest beim Blick nach Fernost. Die bekannten Platzhirsche müssen inzwischen um jeden Zoll kämpfen – und machen dabei nicht immer eine gute Figur. Doch es gibt Hoffnung für Mercedes, BMW und Volkswagen.
Die Automobilbranche, seit Jahrzehnten Aushängeschild der deutschen Wirtschaft, hat es nicht leicht. Spätestens seit Tesla auf der Bildfläche erschienen ist, hat sich die Konkurrenzsituation völlig verändert. Doch die E-Autos aus den USA sind nur eine von vielen Herausforderungen, vor denen BMW, Mercedes und VW sowie ihre weiteren Marken stehen.
Deutsche Autobauer unter Druck: China wird schnell erwachsen
Vor allem der chinesische Markt hat sich verändert – zum Nachteil der deutschen Hersteller. Während Deutschland mit seinen Autos gefühlt seit Ewigkeiten einen äußerst guten Ruf in Fernost genossen hat, nimmt das Interesse der Chinesen rapide ab. Das trifft Autos über alle Antriebsarten hinweg, vor allem aber die für die Zukunft so wichtigen E-Autos.
Die deutschen Hersteller können mit ihren reinen Elektroautos bisher nur wenig in China überzeugen, wie aktuelle Marktdaten zeigen. Besonders drastisch trifft es aber Plug-in-Hybride, bei denen Audi und BMW herbe Verluste hinnehmen müssen. Die Ingolstädter werden sogar ihr Hybrid-Geschäft in China einstampfen. Bei VW hingegen wird um die schwarze Null gerungen, während Mercedes und Porsche noch etwas Luft haben. Sie alle aber müssen gegenüber den chinesischen Marken einstecken. BYD allein macht fast zwei Drittel des Markts aus.
Gleichzeitig wächst China zur neuen Automacht heran, die in andere Länder exportiert. 2022 haben sich die chinesischen Marken weltweit auf Platz 3 vorgearbeitet und gut 2,5 Millionen Fahrzeuge exportiert. Deutschlands knapper Vorsprung auf Platz 2 mit 2,61 Millionen Fahrzeugen dürfte beim Wachstum der Chinesen das laufende Jahr wohl kaum überstehen. Sogar Platz 1 – Japan mit rund 3 Millionen Exportfahrzeugen – ist für China bald in Sichtweite.
Das funktioniert auch, weil chinesische und internationale Kunden sich nicht mit weniger zufrieden geben müssen, wenn sie sich für Modelle von Nio, BYD, Geely, SAIC oder einem anderen chinesischen Konzern entscheiden. BYD ist mittlerweile der größte E-Auto-Hersteller der Welt, wenn man die Plug-in-Zahlen mit einbezieht.
BYD: Neue E-Autos beweisen, dass China zum Qualitätsmerkmal wird
Dass in diesem Fall Klasse nicht der Masse weichen muss, zeigen zwei neue rein elektrische Modelle, die noch 2023 in Europa erschein sollen. Seal und Dolphin werden Tesla und VW unbequeme Konkurrenz machen – und das eben nicht mehr nur im eigenen Land. Sowohl der Seal als Pendant für das Model 3 als auch der VW-Klon Dolphin stehen ihren Vorbildern technisch praktisch in nichts nach. Der noch unbekannte Preis dürfte wohl die wichtigste Rolle dabei spielen, ob die China-E-Autos in Europa die bekannten Modelle ausstechen können.
Mit dem YangWang U9 hat BYD in diesen Tagen außerdem gezeigt, dass die Chinesen bei der Leistungsspitze vorne mitfahren wollen. Das elektrische Hypercar soll sich mit den ganz Großen messen können und bringt dabei technische Spielereien mit wie eine intelligente Hydraulik. Dass damit nebenbei auch ein paar Moves abseits der Rennstrecke möglich sind, hat BYD bereits gezeigt. Jetzt muss auch die sportliche Leistung stimmen. Der Hersteller preist jedenfalls Werte an, mit denen man schon das ein oder andere Modell von Porsche oder Tesla abhängen könnte.
Mobilität – da tut sich was: E-Autos, elektrische Fahrräder, E-Scooter, das Deutschlandticket für 49 Euro in Bus und Bahn – all das bewegt uns im doppelten Sinn. Und was hat sich in Sachen Mobilität sonst so getan?
Rettet deutsche Bequemlichkeit BMW und Co. die Gewinne?
Zwei Dinge aber sprechen für die alteingesessenen Namen der Automobilbranche. Erstens haben VW, Mercedes und BMW in der Krise wirtschaftlich an den richtigen Stellschrauben gedreht. Für viele Kunden mag es bitter sein, dass die Preise gestiegen sind und teurere Modelle bevorzugt werden. Doch in den Konzernbilanzen macht sich das hervorragend. Die deutschen Autobauer haben praktisch durch die Bank weg Rekordgewinne eingefahren.
Nur in seltenen Fällen müsst ihr bei E-Autos aus China Einschränkungen hinnehmen:
Zweitens kann man in vielen Märkten auf den Vertrauensvorschuss bauen, den die bekannten Namen mit sich bringen. So profitieren die deutschen Hersteller zuhause noch von ihrer starken Stellung, wie eine Umfrage zuletzt ergeben hat. Die wird wohl kaum von heute auf morgen zusammenbrechen. In anderen gut ausgebauten Märkten wird es ähnlich aussehen. Doch dort ist oft das große Wachstumspotenzial dahin.
Auf lange Sicht müssen die Gewohnheiten der bisherigen Kunden bei neuen Käufergenerationen oder in neuen Märkten verankert werden. Das fällt den Platzhirschen zunehmend schwer – und dürfte in den nächsten Jahren für einiges Kopfzerbrechen in den Führungsetagen der deutschen Vorzeige-Industrie sorgen.