Anfang des Jahres hat sich Microsoft für rund 69 Milliarden US-Dollar einfach mal Activision Blizzard unter den Nagel gerissen. Bei Sony sollten spätestens seitdem die Alarmglocken läuten. Denn wenn Microsoft aufs Ganze geht, sehe ich schwarz für die PlayStation – daran ändert auch die Übernahme von Bungie nichts.
Was wäre wenn … Microsofts Shopping-Tour noch weiter geht?
Wer bisher dachte, dass die Gaming-Sparte für Microsoft nur eine Randnotiz ist, weiß spätestens seit Mitte Januar, dass dem nicht so ist. Stolze 69 Milliarden US-Dollar lässt der riesige Konzern hinter Windows, Xbox, Skype und Co. für die Übernahme von Activision Blizzard springen und katapultiert sich damit mal eben auf den dritten Platz der weltgrößten Gaming-Publisher – gleich hinter Sony und Tencent.
Das reicht dann jetzt aber auch erstmal wieder für eine Weile, oder? Mag sein, dass es Microsoft jetzt erstmal etwas ruhiger angehen lässt und seine Kasse wieder auffüllt. Doch ich denke, dass das Unternehmen hinter der Xbox der PlayStation erheblich größeren Schaden zufügen könnte, wenn es einfach weitershoppen würde.
Ubisoft, EA, Square Enix, Take-Two – wer sich mal die Marktkapitalisierung dieser ebenfalls unfassbar bekannten Publisher anschaut und sie mit der von Activision Blizzard vergleicht, wird feststellen, dass sie nur einen Bruchteil vom Konzern hinter Call of Duty, WoW und Candy Crush wert sind.
Und da Microsofts Reserven wohl so um die 140 Milliarden US-Dollar schwer sind (Quelle: CNBC), wäre nach dem Einkauf von Activision Blizzard durchaus noch genug Geld über, um vielleicht zwei oder sogar drei weitere Unternehmen zu schlucken – und das könnte weitreichende Folgen haben, wenn Microsoft anschließend einen Trumpf ausspielt, der den Großteil der Spielerschaft so richtig vor den Kopf stößt.
Welche Folgen die Übernahme von Activision Blizzard wirklich für euch haben könnte, erklärt Kollege Maxi im Video:
Was wäre wenn … Microsoft alle Spiele nur für die Xbox bringt?
Spinnen wir den Gedanken mal weiter. Microsoft hat in einem fiktionalen Paralleluniversum also tatsächlich neben Activision Blizzard auch noch Ubisoft, EA, Square Enix und Take-Two gekauft. Was jetzt? Nun, Phil Spencer hat zwar schon angekündigt, dass Call-of-Duty-Fans in den kommenden Jahren den Shooter weiterhin auf der PlayStation spielen können, aber mal ehrlich: Was würde ihn davon abhalten, dieses Versprechen wieder zu brechen? Ein paar Verträge? Dann bezahlt man halt die entsprechende Strafsumme und weiter geht's!
Klar, würde Microsoft auf einen Schlag alle Spiele der gekauften Studios nur noch exklusiv für die Xbox anbieten, wäre der Aufschrei in der Gaming-Community anfangs gigantisch – ein Shitstorm nie dagewesenen Ausmaßes. Aber unter uns: Wird der GTA-Fan sich wirklich keine Xbox holen, wenn GTA 6 nur auf der Microsoft-Konsole zu haben ist? Wird der FIFA-Fan der Fußballreihe Lebewohl sagen? Und wird der langjährige Assassin's-Creed-Spieler der Reihe den Rücken kehren? Ein kleiner Teil vielleicht schon, ja. Die Mehrheit hingegen wird in den sauren Apfel beißen und sich 'ne Xbox zulegen – vorausgesetzt, Microsoft verlagert sein komplettes Gaming-Angebot nicht innerhalb der nächsten paar Jahre in die Cloud.
Würden Microsoft damit massig Einnahmen in den ersten Jahren flöten gehen? Keine Frage! Aber wenn das Unternehmen dieses Projekt mit seinen anderen Produkten querfinanziert, könnte man das monetär sicherlich stemmen. Und warum das alles? Ganz einfach: um die Leute von der PlayStation weg- und in den Game Pass reinzukriegen. Wenn das alleine nicht ausreicht, könnte man zudem auch noch den Preis der Xbox-Konsolen reduzieren, um einen weiteren Kaufanreiz für die Spieler zu schaffen. Und wenn die Xbox dann nicht nur deutlich mehr populäre Spiele als die PlayStation bietet, sondern auch noch günstiger als die Sony-Konsole ist, dürfte die Wahl für viele Spieler leicht fallen.
Die eingefleischten PlayStation-Fans, die die Konsole nur für Exklusivspiele für Uncharted, The Last of Us, Horizon, God of War und Co. gekauft haben, werden Sony höchstwahrscheinlich weiterhin treu bleiben – die breite Masse jedoch würde der PlayStation in einem solchen Szenario wahrscheinlich den Laufpass geben, daran dürfte auch der Kauf des ehemaligen Halo-Entwicklers Bungie nichts ändern. Und da auch die Nintendo Switch für viele Spieler keine adäquate Alternative wäre, hätte Microsoft damit die Zügel in der Hand.
Was wäre wenn … das Kartellamt nicht einschreitet?
Aber das würde vermutlich niemals passieren. Schließlich müssten die Kartellämter den Übernahmen vorab ihren Segen geben und würden Microsoft irgendwann einen Riegel vorschieben, oder? Wahrscheinlich schon. Schließlich gehört es unter anderem zu deren Aufgabe, eine Monopolbildung zu verhindern.
Doch was genau würde in diesem Kontext als Monopol oder als Quasi-Monopol zählen? Die PlayStation könnte ja weiterhin Teil des Marktes sein, auch wenn sie nur noch die zweite Geige spielt. Und dann wäre da ja noch die Nintendo Switch, die ebenfalls Dutzende Millionen Spieler für sich gewinnen konnte. Zudem hat Microsoft auch noch das Argument auf seiner Seite, dass es sich beim Einverleiben dieser ganzen Publisher ja nur um den Zukauf von Zulieferern handelt, mit denen man ja sowieso nicht konkurriert und deswegen auch nicht den Wettbewerb schädigt. Das wäre in etwa so als ob BMW sich ein Unternehmen kauft, das ihnen bisher bestimmte Teile für ihre Autos gebaut hat. Reicht das vielleicht schon, um die Kartellämter die Sache durchwinken zu lassen?
Ja? Nein? Vielleicht? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich weiß aber, dass Sony verdammt schlechte Karten hätte, wenn Microsoft tatsächlich aufs Ganze gehen und sich mein Gedankenexperiment bewahrheiten würde. Denn um sich mit Microsoft anzulegen, fehlt Sony auf gut Deutsch gesagt das nötige Kleingeld. Naja, drücken wir mal die Daumen, dass meine ganzen Überlegungen genau das bleiben: Überlegungen – denn sonst sehe ich Schwarz für die PlayStation.