Ghostwire: Tokyo ist das beste Spiel, das ich 2022 anfassen durfte – was eine ziemlich subjektive Meinung sein muss, denn kleine Fehlerchen hat das Spiel ohne Frage. Eigentlich ist es nicht mehr als ein wunderschönes und sympathisches Open-World-Tokio, mit Tausenden von Katzen, Hunden und genialen Monstern, die ihr auf befriedigende Art mit verrückten Angriffen zerbersten lasst. Es ist Jujutsu Kaisen in Spielform, und vielleicht das beste Spiel für Japan-Fans nach Ghost of Tsushima.
Ihr wollt ein bisschen Spaß haben? Dann solltet ihr ein Auge auf Ghostwire: Tokyo werfen, das euch in ein halbwegs realistisches (riesiges!) Tokio wirft, euch den ganzen Tag Menschen retten lässt und sogar Tiere hat, die ihr streicheln dürft. Ihr werdet einem alten Mann helfen, seine Kirschbäume zu retten, Geliebte zusammenführen und Tipps an CEOs geben, wie sie ihre Mitarbeiter besser behandeln sollten. Jede Quest ist eine Geistergeschichte, aber die meisten Geister haben eben auch Gefühle – allzu dunkel wird es also nicht, denn Ghostwire: Tokyo ist kein Horrorspiel. Obwohl die toll animierten Monster ohne Frage gruselig aussehen. Aber was ist es dann?
Ghostwire: Tokyo sieht nicht nur spaßig aus, sondern ist es auch:
Ghostwire: Tokyo ist schnell, immersiv und völlig verrückt
Ihr heißt im Spiel Akito und seid völlig allein in der gigantischen Metropole Tokio. Aber nein! So allein seid ihr doch nicht, denn in eurem Kopf spricht der Geist von KK, dem es zu verdanken ist, dass ihr nicht wie alle anderen Menschen verschwunden seid. Grund zum Feiern? Nicht wirklich, denn KK findet, er kann euren Körper einfach übernehmen und die Welt retten. Aber nicht mit euch – Akito macht klar, wem diese Arme und Beine gehören und bald arbeitet ihr zusammen, um die Welt zu retten. Irgendwer muss es ja doch tun.
Die Story von Ghostwire: Tokyo ist so abgefahren, dass ihr nach einer Weile nahezu alles akzeptiert. Hannya, ein Typ mit Maske und bösen Absichten, hat die Geisterwelt auf die Großstadt losgelassen. Während alle Menschen verschwunden sind und nur noch in Geisterform irgendwo herumschweben, laufen japanische Sagengestalten durch die Metropole und wollen sie übernehmen. Zum Glück hat Akito aber KK, denn durch ihn könnt ihr auch übernatürliche Angriffe ausführen und Slenderman sowie Schulmädchen ohne Kopf den Garaus machen. Euer Ziel: Hannya besiegen und eure Schwester retten, die irgendwie in das ganze Schlamassel hineingezogen wurde.
Geister an Telefonzellen abgeben und mit Katzen verhandeln
Ich sage es ja: verrückt. Nahezu alle Gameplay-Mechaniken im Spiel sind völlig abgedreht. Ihr sammelt umherfliegende, flüsternde Geisterhaufen mit Papierpuppen namens Katashiro, nur um sie anschließend zu hunderten an Telefonzellen abzugeben. Wie das funktioniert? Wen interessiert's! Ihr seid ein Geisterjäger, der mit Lichtfäden, einem Bogen und Flugkräften durch die Stadt klettert und mit seiner Hand spricht, die KK heißt!
Falls ihr nicht etwa sprechende Tanuki (Marderhundgeister) sucht, die sich in Gegenstände mit buschigem Schwanz (?) verwandeln, redet ihr mit fliegenden Katzen, die euch Cola verkaufen. Hunde könnt ihr füttern, was lieb ist und euch Geld einbringt, das sie für euch Dinge ausgraben. KK beschwert sich, dass ihr ihm keine Zigaretten kauft und wenn ihr von einem Wolkenkratzer fallt, landet ihr durch Geisterkraft unbeschadet am Boden.
Ihr denkt, The Evil Within – das vorherige Spiel von Tango Games – war irre? Tja, dann probiert Ghostwire: Tokyo aus, das dreist originelle Mechaniken ausprobiert und seiner gespenstischen Fantasie freien Lauf lässt. Entschuldigen muss es sich für diese Explosion an Kreativität aber nicht, denn hinter all dem steckt einfach so viel Spaß und Motivationspotential, dass man über manche repetitive Aufgaben hinwegsehen kann.
Aufleveln, kämpfen und Outfit auswählen
Mit Geistersuchen und abgeschlossenen Haupt- sowie Nebenquests sammelt ihr Erfahrungspunkte, mit denen ihr verschiedene Fähigkeiten auflevelt. Auch das Beten an versteckten Statuen in Tokio bringt euch mehr Kraft im Kampf ein und mit Gebetsketten könnt ihr euch weiter boostern. Es dauert nicht lange, bis ihr den richtigen Dreh raushabt – beim Leveln wie auch beim Kampf.
Es ist sicherlich Ansichtssache, wie viel Spaß ihr beim Kämpfen habt. Fakt aber ist, dass Ghostwire: Tokyo sich als Action-Adventure bezeichnet und diesem Titel alle Ehre macht. Wenn ihr zwischen mehreren Attacken hastig wechselt, den Monstern das Geisterherz rausreißt und per Geisterfaden eine Kombo-Attacke ausführt, sieht das nicht nur fantastisch aus, sondern versetzt euch zusätzlich einen Schuss Adrenalin. Immer mehr, immer stärker, immer verrückt: Das könnte ein gutes Motto für Ghostwire: Tokyo sein.
Individuell anpassen dürft ihr euren Charakter übrigens auch, jedenfalls über Outfits und Masken. Je cooler, desto besser!
Es ist umwerfend, und mit PS5-Controller spürt ihr sogar den Regen
Dieses Spiel bietet Großstadt-Feeling vom Feinsten. Die Grafik ist kristallklar und Pfützen glitzern im Schein der riesigen Werbetafeln. Im Wetterbericht gibt es die Auswahl zwischen Nebel, Regen oder stille Blutmond-Nacht. Erwähnenswert ist auch die immersive Einbindung des PS5-Controllers, der jeden einzelnen Regentropfen mit einem haptischen Aufprall spürbar macht.
Die feinabgestimmten Vibrier- und Haptikfunktionen sind derart gut ins Spiel verbaut, dass ich erst nach über zehn Stunden im Spiel bemerkt habe, wie der Controller Akitos Aktionen bis ins kleinste Detail übersetzt. Was im Kampf einem befriedigendem Feuerwerk gleicht, ist eine sanfte Klonk-Vibration, wenn man den Telefonhörer auflegt. Schade daran ist nur, dass PC-Spieler auf diese Haptik wohl verzichten müssen.
Ja, es kann repetitiv werden – und ihr solltet schon Sammellust verspüren
Ghostwire: Tokyo ist so skurril, dass es unmöglich jedem gefallen kann. Falls ihr aber wie ich die meisten Mainstream-Blockbuster zu langweilig findet, ist dieser abgefahrene Japan-Trip eine willkommene und liebevoll programmierte Abwechslung. Vorausgesetzt, ihr sammelt gern Dinge, erkundet gern, liebt Dächer-Parkour und erfreut euch an der First-Person-Perspektive. Oh, und ganz wichtig: Falls ihr Japan, Geistergeschichten und japanische Kultur liebt, ist dieses Spiel ein wahres Festmahl. Immerhin könnt ihr euch hier kaum vor japanischer Mythologie retten.
Repetitiv können die Nebenaufgaben leider trotzdem werden. Zwar ist jede dieser Quests an eine interessante Story gebunden, bei der ihr einem verstorbenen Menschen helft – aber oft kumuliert das in gleichen Gameplay-Schleifen. Schöner wären hier längere Nebenquests gewesen, die euch an abwechslungsreichere Orte führen.
Schließlich könnt ihr aber auch die Nebenquests sein lassen und euch auf die Hauptstory konzentrieren: Die ist nämlich zumeist ausgefeilter und schickt euch in faszinierende Zwischenwelten, bei denen die Grafik förmlich explodiert und ihr nicht mehr wisst, wo oben und unten ist (aber auf eine gute Art). Außerdem schweißt sie euch immer mehr mit KK zusammen, der einem nach kurzer Zeit wirklich ans Herz wächst.
Stärken und Schwächen von Ghostwire: Tokyo
- Grafisch ein Augenschmaus.
- Riesiges Open-World-Tokio, das ihr horizontal und vertikal erkunden könnt.
- Fantastisches Monsterdesign.
- Story und Gameplay sind abgedreht und ziemlich spaßig.
- Ihr bekommt für nahezu alles Punkte und Belohnungen.
- PS5-Funktionen werden super ausgenutzt – PS5-Controller-Haptik!
- Japanische Kultur und Folklore im Übermaß.
- Geistergeschichten an jeder Ecke, die mit Herz erzählt werden.
- Nebenquests und Sammelaufgaben können repetitiv werden.
- Story der Hauptquest ist letztendlich weniger originell als der Schauplatz Tokio, der voller Möglichkeiten steckt.
Hinter Ghostwire: Tokyo stecken Bethesda und Tango Gameworks, die vorweg bereits die The-Evil-Within-Reihe zur Welt gebracht haben. Tango Gameworks wurde übrigens von Shinji Mikami gegründet, der Erfinder der Resident-Evil-Reihe. Ghostwire: Tokyo erscheint am 25. März 2022 für PS5 und PC.
Wertung
“Ghostwire: Tokyo ist so abgedreht, dass ihr dem Spiel auch ein paar Fehlerchen verzeihen könnt. Ihr wollt Spaß, Tiere streicheln und der coolste Geisterjäger des Jahres sein? Los geht's!”