Ein Tag ohne Smartphone oder PC ist für viele mittlerweile undenkbar. Selbst eine digitalfreie Stunde löst bei vielen schon ein nervöses Daumenzucken aus. Dabei kann eine Phase „Digital Detoxing“, also „digitales Entgiften“, befreiend und entspannend wirken.
Kurz mal das Handy in die Hand und checken, ob es bei Facebook irgendwas Neues gibt oder die Wartezeit auf den Bus mit ein paar Swipes nach rechts und links in Tinder vertreiben – vor allem das Smartphone ist im Alltag allgegenwärtig. Häufig wird aus dem „kurzen Check“ ein längerer Handy-Exzess, der sich über Chat-Apps, das Konsumieren von News-Fetzen, Mini-Videos und mehr zieht.
Auch wenn das dauerhafte Online-Dasein möglicherweise für Kurzweil und kurzfristige Entspannung sorgt, kann die dauerhafte Erreichbarkeit langfristig in Stress ausarten. So sorgt zum Beispiel das Durchforsten des Smartphones kurz vor dem Schlafengehen für eine unruhige Nacht und weniger Entspannung. Vielen fällt es nicht einfach, das Handy aus der Hand zu legen. Das Smartphone ist heute das „digitale Schweizer Taschenmesser“ und bietet natürlich weitaus mehr Funktionen als das bloße Telefonieren. Diese Zusatzfunktionen verleiten jedoch dazu, dass man das Gerät viel häufiger als nötig in die Hand nimmt. Mit diesen Tipps könnt ihr die ersten Schritte ins „Digtale Detoxing“ wagen, ohne komplett auf das Gerät verzichten zu müssen: Zum 1. Tipp.
Smartphone-Nutzung überprüfen
Macht euch bewusst, wie stark ihr das Smartphone nutzt. Das könnt ihr einfach bei iPhone und Android nachschauen:
- Auf dem iPhone: Einstellungen -> Bildschirmzeit.
- Auf dem Android-Smartphone: Einstellungen -> Apps & Benachrichtigungen -> Nutzungsdauer von Apps.
So viel eurer Zeit ver(sch)wendet ihr und so stark kontrolliert das Smartphone euren Alltag. Erschreckend, oder?
Klassischer Wecker statt App
Das Smartphone liegt bei vielen auf dem Nachttisch, immerhin will man von einer Wecker-App am nächsten Tag aus dem Schlaf geholt werden. Das gibt natürlich Gelegenheit, kurz vor dem Tagesende noch ein wenig bei Twitter zu stöbern, Instagram-Bilder durchzuschauen und die letzten Mails des Tages zu beantworten. Damit ihr eine erholsame Nacht habt, lasst das Handy aus dem Schlafzimmer und stellt euch stattdessen einen klassischen Wecker ohne jegliche Zusatzfunktionen an die Seite. Auf das Snoozen solltet ihr komplett verzichten.
Lesen ja, aber auf nicht auf dem Smartphone
Das Smartphone mag eine Bahnfahrt verkürzen, indem man hier durch Facebook scrollt und da noch die eine oder andere News mitnimmt. Viel hängen bleibt dabei meistens jedoch nicht. Schnappt euch für den nächsten Weg in den „Öffis“ lieber ein spannendes Buch.
Wie wäre es mit einem „richtigen“ Kalender?
Natürlich kann man seine komplette Terminplanung im Handy festhalten. Während der Terminverwaltung fällt dann doch mal wieder der unnötige Blick in eine der vielen Apps. Schafft euch doch einfach einen Buchkalender an, der euch den Tag über begleitet.
Weitere Tipps für das „digitale Entgiften“: Weg mit den Apps
Tatsächlich gibt es für nahezu jede Lebenslage die passende App. Auf einen Großteil kann man jedoch getrost verzichten. Durch Push-Benachrichtigungen werdet ihr zum Beispiel auf das neue Urlaubsfoto der Arbeitskollegin oder einen neuen Deal aufmerksam gemacht. Durch die direkte Anzeige auf dem Homescreen steigt der Druck, noch schnell alle Benachrichtigungen durchzuforsten. Schaltet deshalb einfach die Push-Benachrichtigungen für Apps aus und schaut nur rein, wenn ihr wirklich Lust hab, neue Fotos bei Instagram anzusehen oder Schnäppchen in der Schnäppchen-App zu scannen. Ihr könnt sogar noch einen Schritt weitergehen und einen Großteil der Apps löschen. Die notwendigen Funktionen könnt ihr auch direkt über die Browser-App ansteuern – und zwar zu einem Zeitpunkt, den ihr frei entscheidet und nicht vom Start-Bildschirm diktiert bekommt.
Smartphone-freie Zeiten festlegen
Ein Smartphone-freier Tag ist unrealistisch? Es wäre schon ein Anfang, das Handy zu bestimmten Uhrzeiten ausgeschaltet zu lassen. Zum Beispiel ab zwei Stunden vor dem Zu-Bett-gehen. Und im Bett erst recht.
Flugmodus an
Das Smartphone ist mittlerweile auch ein Begleiter beim Fernsehen und anderen Hobby-Beschäftigungen. Schaut ihr gerade die neue Staffel eurer Lieblingsserie, sollte das Gerät ausbleiben oder zumindest im Flugmodus laufen. Zu verlockend ist ansonsten der Griff zum Smartphone, wenn zum Beispiel aktuell nichts wirklich Spannendes auf dem TV-Bildschirm passiert. Schnell lenkt ihr ansonsten die Aufmerksamkeit von kommenden spannenden Szenen weg und verpasst wichtige Handlungsstränge in Serien oder spannende Spielszenen bei Sportübertragungen.
Lasst euch Zeit beim Antworten
Apps wie WhatsApp oder Telegram zeigen euch Nachrichten direkt nach dem Eintreffen auf dem Bildschirm und sorgen für Druck, sofort auf eine Mitteilung antworten zu müssen. Lasst euch davon nicht stressen und gönnt euch Zeit mit dem Antworten. Ihr müsst nicht ständig erreichbar sein und könnt so indirekt vielleicht sogar dafür sorgen, dass euer Chat-Partner ebenfalls etwas Ruhe vom Smartphone erhält.
Sucht euch ein erfüllendes Hobby
Spazierengehen, Sport machen, basteln, kochen oder was anderes Erfüllendes machen. Bei einer ausfüllenden Beschäftigung, die euch mit Freude die Zeit vertreibt, habt ihr gar nicht mehr das Verlangen danach, zum Smartphone zu greifen.
Smartphone-freie Zonen
Legt Orte fest, zu denen ihr das Smartphone gar nicht erst hinbringt. Zum Beispiel den Essenstisch und das Schlafzimmer. Darüber freuen sich auch die Gesprächspartner.
Lasst das Handy bei Konzerten und Live-Events in der Tasche
Früher hat man bei Konzerten mitgeklatscht und Feuerzeuge in die Luft gehalten. Heute sieht man die Bühne häufig nur noch zwischen den Armen seiner Vorderleute oder auf kleinen Smartphone-Displays, weil andere Konzertbesucher unbedingt ein Video aufnehmen müssen. Diese Konzertbesucher sind konzentrierter, irgendetwas Verwackeltes auf das Display zu bekommen, anstatt das Geschehen auf der Bühne zu verfolgen. Niemand will jedoch diese verwackelten Aufnahmen mit schrabbeligem Sound sehen. Genießt das Live-Feeling. Eure Platznachbarn werden es euch danken und auch ihr habt so mehr vom Event-Abend.
Gönnt euch Smartphone-freie Räume und Zeiten
Ihr müsst nicht auf einen Schlag das digitale Gerät aus eurem Alltag verbannen. Gönnt euch stattdessen bewusst feste „Me Times“ und Räume, in denen ihr das Smartphone nicht nutzt. So könnt ihr das Smartphone aus dem Schlafzimmer verbannen, den Blick aufs Gerät während des Essens verbieten und auch bei gemeinsamen Treffen mit Freunden das Handy einfach mal ausschalten.
Braucht ihr das Handy im Urlaub?
Urlaub soll die Zeit zum Entspannen sein. Ihr müsst Freunde nicht direkt nach der Ankunft mit Bildern vom Hotel per WhatsApp versorgen. Nehmt ihr das Handy mit an den Strand, habt ihr nur den Stress, dass das Gerät sandig wird oder während des Badens gestohlen wird. Schreibt doch mal stattdessen wieder eine klassische Postkarte, die euren Bekannten im Briefkasten überraschen wird.
Fokus-App benutzen
Nicht die Mitteilungen lenken euch ab. Meist greift man aus freiem Antrieb während einer wichtigen Aufgabe regelmäßig auf das Gerät zu. Dann hilft euch eine Fokus-App. Sie „blockiert“ das Smartphone, indem es Anreize gibt, keine andere App für den festgelegten Zeitraum zu öffnen.
Beispiel: Forest. Hier der Download für Android, darunter für iPhone:
Digital-Detox-Apps
Wenn das Smartphone schon voll mit Apps ist, solltet ihr auch für das „Digital Detoxing“ die passende Anwendung installieren (Apps im Google Playstore ansehen). Diese Apps halten euch zum Beispiel vor Augen, wie viele Stunden ihr täglich am Smartphone hängt, obwohl ihr euch dessen vielleicht gar nicht bewusst seid. Zudem könnt ihr Zeiten einstellen, in denen Social-Media- und andere Apps gesperrt werden. Auch lässt sich hier die Anzahl der täglichen Entsperrungen anzeigen. Wer merkt, dass er über 100 Mal am Tag auf den Homescreen geglotzt hat, ohne eine wichtige Handlung vorzunehmen, greift zukünftig vielleicht bewusster zum Gerät. Smartphone-Hersteller haben die Nachfrage nach einer bewussteren Smartphone-Bedienung inzwischen erkannt und einige Funktionen standardmäßig in ihre System integriert. Auf Android-Smartphones ist zum Beispiel die Anwendung Digital Wellbeing vorinstalliert, seit iOS 12 kann man einen Bericht über die Bildschirmzeit am iPhone einsehen.
Nach einer Umfrage von Civey sind zumindest theoretisch über 50 % der Deutschen dazu bereit, mehr als eine Woche auf ihr Smartphone zu verzichten. Die Bereitschaft ist bei vielen also da und muss demnach nur noch in die Tat umgesetzt werden.
Fazit: Wie bei allen Angewohnheiten müsst ihr natürlich nicht von einem Tag auf den anderen komplett auf alle Geräte im Haus verzichten und soziale Kontakte über Apps abbrechen. Schon beim Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören oder abzunehmen, helfen Radikalkuren meist nichts, wenn man seine Gewohnheiten nicht umstellt und das Bewusstsein für seine Handlungen schärft. Gönnt euch bestimmte Smartphone-freie Stunden am Tag und greift bewusster zum Gerät. Stellt euch dabei immer die Frage, ob das Checken der Push-Benachrichtigungen euch jetzt weiterbringt oder doch nur stresst.
Diese Tipps können gegen Smartphone-Sucht helfen: