Wie gehe ich mit Stress um? In meiner Jugend habe ich die dadurch entstehende Energie am liebsten anderweitig herausgelassen, sei es durch das laute Hören von Musik oder durch Sport. Und jetzt – jetzt spiele ich Devil May Cry 5.
Die Fortsetzung der bekannten Hack-and-Slay-Reihe verfügt über gleich mehrere Elemente, die perfekt dazu geeignet sind, den stressigen Alltag für ein paar Stunden einfach zu vergessen und gleichzeitig all die überschüssige Energie, die sich in deinem Körper angestaut hat, zu verpulvern. Und bei all dem fordert dich das Spiel stetig, ohne anstrengend zu werden. Wie schafft Devil May Cry 5 das, was so vielen Anti-Stress-Maßnahmen oft nicht gelingt – dich gleichzeitig zu entspannen, aber dabei auch so fordernd zu bleiben, dass dir nicht langweilig wird?
Fast schon Sport: Das intensive Gameplay
Der Hauptgrund dafür ist das gelungene Gameplay. Anders als bei vielen Spielen, die momentan auf den Markt kommen, kannst du gerade im späteren Spielverlauf dank der zahlreichen Kombos fließend Schaden machen, ohne dabei Gefahr zu laufen, selbst allzu viel einstecken zu müssen. Dein Kopf kann mehr oder weniger abschalten, während dir die spektakulärsten Moves von den Händen gehen.
Allerdings solltest du auch hier nicht achtlos durch die Welt laufen, es ist wichtig, deinen Gegner nicht aus den Augen zu verlieren und rechtzeitig auszuweichen. Zum Glück ist keiner der drei spielbaren Charaktere auch nur ansatzweise schwerfällig, sie alle gleiten wie auf einem Stück Butter durch die Kämpfe. Hinzu kommt, dass du nicht automatisch tot bist, ist dein Energie-Balken am Limit angelangt. Hast du genügen rote Orbs oder gar einen seltenen goldenen Orb, kannst du dich selbst zurück aus dem Reich der Toten holen – inklusive jeglichen Fortschritts.
Dafür gibt es aber Abzüge in der B-Note. Nach jeder Mission erfolgt eine Bewertung deiner Leistung. Bist du zu oft gestorben oder hast zu wenige Kombos ausgelöst, gibt es eben nur eine D – und dementsprechend weniger Belohnungen. Für Spieler, die das stört, gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Spiel einfacher zu machen: Du kannst den Schwierigkeitsgrad heruntersetzen – oder du aktivierst Auto-Assist, mit dem komplexe Kombos schon mit wenigen Tasten ausgelöst werden.
Aber auch im schweren Modus ist Devil May Cry 5 durchaus machbar – vorausgesetzt, du lernst die verschiedenen Kombos der drei Charaktere und setzt sie im Kampf in rasender Geschwindigkeit um. Jeder Boss ist komplett unterschiedlich und verlangt jeweils eine neue Taktik von dir, die durchaus in die Finger gehen kann. Bei besonders schweren Gegner, deren Bekämpfung mehrere Minuten beansprucht, tun mir sogar die Finger weh – DMC5 ist fast schon Sport!
Drei Protagonisten – drei verschiedene Charakterzüge
In den verschiedenen Missionen von Devil May Cry 5 übernimmst du wechselnd die Kontrolle über Nero, V und Dante. Nero ist nach wie vor ein Draufgänger mit einer großen Klappe. Seit ihm sein Devil Bringer brutal entrissen wurde, verfügt er über verschiedene Devil Breaker, die von Mechanikerin Nico entworfen wurden und über diverse Fähigkeiten verfügen. Komplettiert wird sein Waffenarsenal durch ein Schwert und eine Pistole. V hingegen ist ein passiver Kämpfer, der sich durch seine eloquente Ausdrucksweise und sein besonnenes Wesen auszeichnet. An seiner Seite kämpfen die Dämonen Shadow, Griffon und Nightmare, zum finalen Schlag gegen Gegner ansetzen kann aber nur V selbst.
Komplettiert wird das Trio selbstverständlich von Dämonenjäger Dante. Er kann erst später gespielt werden, verfügt dafür aber über sehr kraftvolle Angriffe und beeindruckend mächtige Waffen, die sich allerhand kombinieren lassen. Nachdem ich mit ihm in Dämonenform samt Motorrad-Schwerter und Flammenwerfer Dämonen zerstückele, fühlt sich Nero in der nächsten Mission fast schon langweilig an. Auf Dauer wird er tatsächlich ein bisschen eintönig – allzu schlimm ist das bei einer Spieldauer von um die 15 Stunden aber nicht.
Was an dem Trio samt unspielbarer Nebencharaktere wie Nico auffällt, ist ihre sympatische Art: Jeder von ihnen hat seine Macken und Eigenarten, die mich immer wieder zum Schmunzeln bringen. Besonders von Nico wird kein schmutziger Witz und keine schnippische Bemerkung ausgelassen. Es werden Beleidigungen umher geworfen und mit den eigenen Fähigkeiten geprahlt – nur um am Ende doch zusammenzuhalten, komme was wolle. Als vormals gestresster Mensch fühle ich mich mit meinen Problemen bei ihnen aufgehoben wie in einer jahrelangen Clique, die zusammenhält, egal wie sehr sich alle inzwischen voneinander unterscheiden.
Eine Rahmengeschichte zum Abschalten
Heruntergebrochen ist die Geschichte von Devil May Cry 5 schnell erzählt: Ein neuer Dämon will zum König der Unterwelt werden und sät deshalb die Saat des dämonischen Baum Qliphoth auf der Erde, der gleich mal zahlreiche Menschen in der Stadt Red Grave City umbringt. Der mysteriöse V heuert Dante an, den Dämon zu besiegt – doch alles geht grandios schief. Fortan macht sich V mit Nero auf, Dante zu finden.
Die Geschichte und die dazugehörigen Charaktere verleihen Devil May Cry 5 seinen Charm – der Fokus liegt aber deutlich auf dem Gameplay. Insofern kannst du DMC5 so bestreiten, wie es dir beliebt: Möchtest du dich von der Story vom Alltag ablenken lassen, kannst du sie immer zwischen den einzelnen Gameplay-Missionen genießen. Willst du dich hingegen aufs Schnetzeln konzentrieren, kannst du die Cutscenes mit einem einfachen Druck auf die Start-Taste auf der PS4 überspringen. Das heißt auch, dass du nicht Pause drücken solltest, bist du gerade mitten in einer gewünschten Cutscene – ansonsten entgeht sie dir.
Die Story in Devil May Cry 5 beinhaltet zwar einige Bezüge zu vorangegangenen Teilen, Neueinsteiger sind darin aber keinesfalls verloren. Zum einen lässt sich im Menü ein Video finden, dass die vergangenen Teile noch einmal Revue passieren lässt. Zum anderen tauchen Charaktere aus den alten Teilen entweder nur am Rande auf oder sie werden explizit vorgestellt. Und verstehst du etwas überhaupt nicht, gibt es ja immer noch das Internet, dein Freund und Helfer.
Was bisher in der Devil May Cry-Reihe geschah, kannst du dir auch hier noch einmal angucken:
Düster und fröhlich zugleich
Auch die düstere, aber keineswegs beklemmende Atmosphäre in Devil May Cry 5 trägt maßgeblich zum Stressabbau bei. Natürlich wimmelt es an jeder Ecke vor ekeligen Gegnern, die dir an den Kragen wollen. Hätte ich mich in anderen Spielen ihretwegen erst gar nicht in die Welt getraut, habe ich in Devil May Cry 5 aber keineswegs Angst vor ihnen. Das liegt auch daran, dass die Protagonisten keine Angst zeigen, sondern vielmehr ständig einen flotten Spruch parat haben, der den Grusel vertreibt.
Die grafische Umsetzung hat ihre Höhen und Tiefen: Während die Cutscenes die Protagonisten in der düsteren Umgebung umso heller erstrahlen lassen, werden ihre Gesichter im Gameplay zu tiefenlosen Fassaden, schwenkst du die Kamera versehentlich auf ihre Vorderseite. Das ist ein bisschen schade, sieht das Spiel doch ansonsten durchwegs gut aus.
Dank der Atmosphäre fühle ich mich der Situation bemächtigt, kann sie meistern, ohne selbst Schaden zu nehmen, vielleicht sogar ebenfalls mit einem Lächeln auf den Lippen. Hinzu kommt der fantastische Soundtrack bestehend aus Metal-, Gothic- und Punk-Klängen, die mich nicht nur an den Stressabbau in meiner Jugend erinnern, sondern voll und ganz mitreißen und mich vollends die Angst vor den fiesen Monstern vergessen lassen. Ich werde zu meinem eigenen Held – und spätestens hier ist das letzte bisschen Stress, der vom Alltag übrig geblieben ist, abgebaut. Ich bin voll in meinem Element.
Du willst dich nicht als Held fühlen, sondern vielmehr erschrecken, um Stress abzubauen? Dann könnten diese Spiele etwas für dich sein:
Mein Test-Fazit zu Devil May Cry 5: Voller positiver Energie
Obwohl Devil May Cry 5 auf den ersten Blick wie ein durch und durch düsteres Spiel wirkt (Dämonen-Invasion, hallo?), ist es letzten Endes das komplette Gegenteil. Das Gameplay geht mit etwas Übung flüssig von der Hand, die Kombos geben dir ein Gefühl von Übermacht. Anfänger profitieren von einem einfachen Modus und Auto-Assist-Option. Trotzdem bleibt das Spiel fordernd und wird konstant schwieriger. Mit Orbs kannst du dich aber vor dem Ableben retten, DMC5 wird zu keinem Zeitpunkt frustrierend.
Die drei Protagonisten wie auch die Nebencharaktere, darunter besonders Nico, wirken alle auf ihre eigene Art durch und durch sympatisch und zaubern dir nicht nur einmal ein Lächeln aufs Gesicht. Die Geschichte ist eine nette Untermalung des Gameplays und gibt ihm mehr Tiefe, kann bei Bedarf aber auch ganz einfach übergangen werden. Und die Atmosphäre gibt ihr Übriges dazu, dass du nach dem Spielen wesentlich entspannter und glücklicher bist als davor. Vergiss Vitamin D-Tabletten und Tageslichtlampen: Devil May Cry 5 ist der wahre Stimmungsaufheller in der kalten Jahreszeit – pass auf, beim Dämonen schnetzeln schleicht sich doch tatsächlich ein zufriedenes Grinsen auf deine Lippen.
Du hast jetzt total Lust darauf bekommen, deinem Stress mit Devil May Cry 5 den Kampf anzusagen? Das Spiel erscheint am 8. März 2019 für den PC, die PS4 und Xbox One – schon jetzt kannst du es bei Amazon bestellen.
Devil May Cry 5 wird dir gefallen, wenn du einfach ein bisschen Stress abbauen willst, du abgedrehte Action nicht cringe findest und sich ein gutes Gameplay für dich dadurch auszeichnet, dass es eingängig, aber trotzdem fordernd ist.
Devil May Cry 5 wird dir nicht gefallen, wenn die Grafik für dich rund um perfekt sein muss, Gameplay für dich niemals repetitiv werden darf und du auf eine tiefgründige Geschichte nicht verzichten kannst.
Wertung
“Devil May Cry 5 ist Sport für deine Finger, die sich nach zahlreichen Kombos langsam verkrampfen, in dem guten Gewissen, etwas getan zu haben. Es ist dein Abend mit alten Bekannten, die dich necken, aber auf die du immer bauen kannst. Und deine Lieblingsmusik, die dank treibender Beats jegliche schlechte Laune vertreibt. Du schnetzelst quasi Dämonen für dein eigenes Seelenheil – und bist danach entspannter als jemals zuvor, ohne auch nur kurz unterfordert zu werden.”