Als ich den Dual Universe-Entwickler danach fragte, ob Spieler denn einen ganzen Planeten abbauen könnten – wie in Minecraft – sagt er nur lächelnd, „Theoretisch ... klar. Aber es wäre, als würdest du jetzt mit einem Löffel anfangen, die Erde wegzugraben.“ Ich nehme an, das würde dann wohl eine ganze Weile dauern.
Ich liebe verrückte Ideen. Und auch, wenn Spiele wie No Man's Sky (das absolut nichts mit Dual Universe zutun hat) mit solchen verrückten Ideen schon zu enttäuschen wussten, sind es doch einzig diese bizarren Vorstellungen von Unendlichen Universen! und Spielen, ohne Grenzen!, die zum Träumen anregen. Und wie können wir es Entwicklern verübeln, wenn sie das Unmögliche möglich machen wollen? Wie können wir es ihnen verübeln, wenn sie neue Wege mit neuen Technologien gehen möchten; wenn sie nicht den trüben Pfad des geringsten Widerstands nehmen?
Ohne Träume gäbe es keinen Fortschritt, und Videospiele sind immer auch Träume – ob nun vom realistischsten Cowboy-Western geträumt wird oder von einem Science-Fiction-Universum, das 1 Millionen Spieler gleichzeitig aufnehmen soll. Dual Universe gehört zu den engagiertesten Projekten unter den kommenden MMOs; ein bisschen wie EVE Online, nur in realistischer Grafik und First- sowie Third-Person. Das Spiel beherbergt ein Sonnensystem mit nahezu realistisch-großen Planeten, was groß, ich meine gigantisch, ich meine gibt-es-ein-Wort-dafür-riesig ist. „Das ist zu groß, das kann nur zufallsgeneriert sein!“, magst du sagen und an No Man's Sky denken, aber nein. Es ist nicht zufallsgeneriert, sondern per Hand designt, wenngleich die Planeten im momentanen Zustand doch recht leer wirken. Unberührt beinahe – bis du dich umschaust:
Und genau das ist auch der Clue: Der französische Entwickler Novaquark wird keine Städte oder NPCs auf die Planeten basteln, denn diese Aufgabe soll allein den Spielern von Dual Universe obliegen. Spielern, die nicht nur alle in derselben Welt agieren werden, sondern auch alles abbauen und entwerfen können. Jede Farbe, jede Form, jedes Muster – Gebäude, die gänzlich deinen Vorstellungen entsprechen, Raumschiffe, die du erst baust und dann mit Antrieben bestückst, damit sie tatsächlich fliegen können. Stromleitungen, die du Redstone-ähnlich legst; und irgendwie existiert hier nicht das Karo-Muster, dass du brauchst? Kein Problem, du kannst es ins Spiel hochladen.
Novaquark will dir eine Leinwand geben, und du darfst auf ihr malen. Das Prinzip dahinter ist aber weitaus komplexer, als eine leere Sandbox für Spieler: Dual Universe wird tatsächlich und ohne Frage mit den Spielern leben oder sterben. Es gibt keine NPCs, keine fertige Fraktionen – die Community des Spiels ist es, die Imperien, Berufszweige und Konzerne bildet; sie ist Quest-Design und Gesetz, Wirtschaft und schließlich auch Geschichte.
Was ich damit meine? Wenn Dual Universe gegen 2020 erscheint, sollst du in eine Spieler-beherrschte Welt gelangen. Was du dort tust, ist jedoch ganz allein dir überlassen: Entwirfst du Raumschiffe für andere Spieler und verkaufst sie auf dem Markt? Willst du Pilot sein? Oder gar als Geheimagent für einen größeren Konzern arbeiten und andere Firmen unterlaufen? Diese Konzerne gehören den Spielern, aber viele Spieler werden mächtiger sein als du. Sie geben dir Aufgaben, und du kannst versuchen, dich in dieser seltsamen Welt zu beweisen.
Es ist der Traum einer realitätsnahen, riesigen Science-Fiction-Welt, einem anderen Second Life, das nicht auf Beziehungen fixiert ist – sondern auf sandboxige Aufbauszenarien und ein Wirtschaftssystem, das durchaus an EVE Online erinnert.
Und wie so oft – Star Trek hatte es, bevor es wirklich Realität geworden ist. Also: Wann kommt mein Holodeck?
Das ist es, was Dual Universe sein will. Das ist es, was ich mit Novequark besprechen durfte, als sie mich durch die Alpha-Version des Spiels führten. Dual Universe wirkt in keinster Weise fertig oder schön – es ist kein God of War; keine hübsche, kleine Welt, die zum Erkunden einlädt. Die Planeten sind einfach so riesig und leer, aber die wenigen Gebäude, die bereits von Spielern erschaffen wurden, stechen wie Wüstenblumen heraus. Es ist abartig, wie viele Möglichkeiten dir das MMO bietet – an einem Punkt hat mir Novaquark-Präsident Jean-Christophe Baillie einen inGame-Computer gezeigt, auf dem ich Breakout spielen konnte: „Wenn du willst, kannst du auf diesem Computer programmieren; du könntest hier alles spielen.“
Du musst nicht, natürlich. Du musst keine Raumschiffe entwerfen oder Spiele programmieren, du musst keiner linearen Story folgen oder irgendetwas tun. Schließlich musst du das jetzt gerade auch nicht, richtig? Im Leben gibt es kein Quest-Brett, dass du abarbeiten sollst und Dual Universe will zwar fiktiv, aber realistisch in seiner Fiktion sein. Was beinahe an ein zu hochgestochenes Ziel anmutet, aber das Sci-Fi-MMO ist keine Idee mehr: Seit Anfang 2019 ist die Alpha da, in der über 30.000 Spieler gleichzeitig spielen, alle auf demselben Planeten. Der Rekord lag bisher bei etwa 6000 Nutzern, die gleichzeitig auf einem Server unterkommen konnten.
Du kannst es dir selbst ansehen: Die Teilnahme an Alpha und kommender Beta von Dual Universe kostet dich im Moment 60 Euro. Hier geht's zur Seite, wenn du dir mehr durchlesen möchtest.
Tolle Gebäude kannst du nicht nur in Dual Universe oder Minecraft bauen – Spieler werden überall kreativ, auch in No Man's Sky:
Die Millionen soll irgendwann im Laufe der Monate geknackt werden. Vielleicht auch erst, wenn das volle Spiel in den Release geht. Und so viel ich auch von Dual Universe sehen durfte, waren es bisher alles Möglichkeiten – Wege, die geschaffen, aber bisher kaum begangen wurden. Schließlich liegt es an der Community, an den „Noveans“, eine tatsächliche Gesellschaft im Sonnensystem von Dual Universe zu bilden. Ich bin gespannt, wie die dann aussehen wird.