Ich rede nicht von Dark Souls, denn das ist hart, wie wir alle wissen – aber was ist mit all den AAA-Blockbustern, die vom Himmel in unsere Konsolen regnen? Was ist mit den Rätseln, die wir im Schlaf lösen können und den Welten, die uns überall belohnen? „Was damit ist? Mir scheißegal“, sagt Resident Evil 2 und quält uns weiter, aber jeder Sieg fühlt sich so viel besser an.
Es war einmal vor langer Zeit, da war es ganz normal für Adventures und Rollenspiele, deinen Weg über Rätsel und Items vollends linear zu bestimmen. Es mag sogar eine halbwegs offene Welt gegeben haben – also, keine gerade Strecke, sondern einen Weg mit Abzweigungen. Aber die haben dir nichts genützt, denn um voran zu kommen brauchtest du dieses eine Item. Jetzt sagst du vielleicht, „Okay, aber so schwer wird das schon nicht sein, denn es gibt sicher einen Hinweis zum Item!“ Mhm. Vielleicht ja, aber den hast du nicht unbedingt sofort, wenn du ihn brauchst. Denn diese Art von Spielen wollten, dass du suchst. Und nachdenkst. Und Zeit damit verbringst, nicht weiterzukommen.
Meine wundervollen Kollegen Vicky und Chris haben Resident Evil 2 gestreamt (ab 11 Minuten geht's los) – und ich sage dir, es wird wundervoll blutig:
Ich kann dir keinen einzigen Moment in God of War, Red Dead Redemption 2 oder etwa Horizon Zero Dawn nennen, in dem ich innegehalten und mir an den Kopf gefasst habe: „Hä, was will das Spiel da von mir?“ Nein, denn ich war mir stets und immer bewusst, wie es weitergeht, was ich zutun habe und wie ich das schaffe. Während ich in diesen Spielen versunken gewesen bin, habe ich genau das auch genossen und mich nie gefragt: „Was wäre wenn?“
Dann kam das Remake zu Resident Evil 2. Und ich habe mich sofort wieder daran erinnert gefühlt; an diese alten Abenteuer und RPGs, die mich als Kind wieder und wieder in die Zwickmühle zwängten und sich weigerten, mich bei der Hand zu nehmen. Es gab Rätsel, die habe ich nie lösen können. Damals war so etwas das Aus – es gab keine Hilfe im Internet und das Spiel wurde beiseite gelegt. Sierra Entertainments Point & Click-Abenteuer etwa waren dafür berühmt, Spieler zum Verzweifeln zu bringen. Aber weißt du, wie es sich angefühlt hat, wenn du schließlich doch noch dieses eine Rätsel gelöst hast?
Grandios.
Berauschend.
Ekstatisch.
Es ist kein großes Geheimnis – wenn du besonders hart für etwas kämpfen musst, dann fällt die innerliche Belohnung nach dem Sieg umso üppiger aus. Rätselspiele existieren auf dieser Grundlage, ältere Adventures haben sich ihrer angenommen. Nur unsere modernen Blockbuster scheinen eher dem Prinzip zu frönen, so leicht, dass es auch jeder Idiot versteht. Warum eigentlich? Abgesehen davon, dass damit dann auch eine große Masse an Spielern einbezogen werden kann. Aber war das nicht auch Sierra Entertainments damaliges Ziel? Ich weiß es nicht. Was ich jedoch weiß, ist eines: Auch heutige Spiele können sich ein klein wenig von den damaligen Klassikern abschauen. Bestes Beispiel: Resident Evil 2.
Lange Wege, ständige Erfolge und KRSCHT, war das schwer!
Spoiler-Party: So. Ich habe jetzt alles gesagt, was gesagt werden kann, ohne zu tief in Resident Evil 2 einzutauchen. Das passiert jetzt unter diesem roten Balken: Ich werde keine Rätsel, Bosse oder die Story spoilern, aber ich spreche über Spielmechaniken und das große Ganze von Capcoms fantastischem Remake.
Resident Evil 2 vereint neue Grafik, teils neue Gameplay-Elemente und alte Mechaniken aus dem Klassiker. Wie gut das funktioniert, zeigen die etlichen positiven Kritiken und auch Kollege Daniel singt ein Loblied (und nennt seine Angst Pavor, du solltest unbedingt einmal reinschauen). Zu recht natürlich, denn abgesehen vom Horror und der absolut ekelhaft-tollen HD-Gewalt im Spiel, macht es auch einfach immens viel Spaß. Denn es belohnt richtig.
Du besitzt in Resident Evil 2 derart wenig Munition, dass du teils mit dem Messer auf Zombies losgehen musst – dass du dich lieber verletzen lässt, denn Heilung ist billiger als Kugeln. Wenn du 9mm Ammo findest, ist das toll. Du stößt auf Rätsel, deren Lösung irgendwo am anderen Ende der Map klein an eine Wand gekritzelt ist. Wenn du diese Hinweise findest, machst du Luftsprünge. Deine Wege werden abgeschnitten: Hier eine Tür, die versperrt ist und hier ein Schloss, dessen Schlüssel du nicht besitzt. Mit jedem Item, das du findest, öffnen sich neue Wege – es bleibt interessant.
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Und schließlich: Du kannst nicht sinnlos in der Gegend herumrennen, denn Gegner fluten gewisse Abschnitte immer wieder. Alles, was du tust, muss strategisch überlegt werden; auch, wenn vieles davon einer Strichliste gleicht: Tür A geöffnet, Item B gefunden, Areal C damit freigeschaltet. Resident Evil 2 ist absolut linear und wundervoll in dieser Linearität, denn auf dem stringenten Weg wirst du immer wieder belohnt und gequält; ein Auf und Ab, das unvorhersehbar und bis zuletzt spannend ist. Wenn du aber mit Bedacht vorgehst, ist es im Grunde gar nicht so schwierig. Und genau das ist der Punkt: Investierst du Zeit, Überlegung und Nerven in das Spiel, belohnt es dich vereinzelt, aber liebevoll anstatt desinteressiert und en masse.
Na, na – mit Resident Evil 2 ist das Horror-Jahre 2019 lange noch nicht gelaufen. Auf einiger diese Schocker kannst du dich noch freuen:
Es gibt vieles, das Resident Evil 2 richtigmacht, aber dieser eine Punkt – das Belohnungssystem sowie die strategische Linearität haben mich vollends überzeugt. Nostalgie dagegen empfinde ich gar nicht, denn ich habe das Original nie gespielt. Schön zu wissen also, dass ein Retro-Remake auch gänzlich neue Spieler in den Bann ziehen kann.