Performance - A9X
Das iPad Pro wird von Apples A9X Chip angetrieben. Dabei handelt es sich um den leistungsstärksten Chip, den Apples Ingenieure bis jetzt Realität haben werden lassen. Er ist ein Meisterstück, das kann man ohne Umschweife sagen. An Leistung mangelt es dem iPad Pro nicht.
Der A9X ist ein 64-bit-System-on-a-Chip. Er besteht aus einer CPU mit zwei Kernen, die mit 2,26 GHz takten, einer PowerVR Series 7XT GPU mit 12 Kernen und satten vier (!) Gigabyte DDR4 Arbeitsspeicher. Abgerundet wird dieses Ensemble von einem Speichercontroller, den man sonst nur in Desktop-Rechnern und Notebooks findet. Er garantiert sehr schnelle Schreib- und Lesegeschwindigkeiten des verbauten Flash-Speichers.
Mit so viel Performance kann es das iPad Pro bei einigen Aufgaben auch mit aktuellen Intel Core-i-Prozessoren aufnehmen. 4K-Videoschnitt, Bearbeitung von RAW-Fotos und natürlich Spiele stellen keine Herausforderung für den A9X dar.
Kurz: Das iPad Pro ist wenig überraschend das mit Abstand leistungsstärkste iPad – ein Biest. Es gibt jedoch einen Flaschenhals.
iOS 9
Die Hardware des iPad Pro ist zweifelsohne beeindruckend. Die Software jedoch hinkt hinterher. iOS wurde vor 8 Jahren für ein 3,5-Zoll-Smartphone entwickelt. Mittlerweile soll es ein Arbeitstier wie das iPad Pro beherrschbar machen.
Natürlich wurde iOS über die Jahre stetig weiterentwickelt und nützlicher gemacht. Aber gerade beim iPad Pro mit seinem Auftrag „Notebooks zu ersetzen“ zeigen sich die fundamentalen Grenzen von iOS (9).
Einen Pro(fi) zeichnet aus, dass er flexibel ist und sich wechselnden Gegebenheiten schnell anpassen kann. Das bedeutet auch, dass man sich mit dem eigenen Equipment (einem iPad Pro in diesem Fall) in Arbeitsumgebungen einfügen können muss, die sich stetig verändern und vielleicht nicht nur aus Macs, iPads und anderen Apple-Produkten bestehen.
In unserer Redaktion beispielsweise findet sich alles, was die Tech-Branche hergibt. Hier steht ein Surface Book von Microsoft neben einem MacBook Pro von Apple, ein Samsung-Tablet gegenüber einem iPad. Unsere Kollegen von GIGA Android arbeiten mit Windows-Rechnern und natürlich Android-Smartphones. Unsere Grafik-Unit designt mehrheitlich auf Macs. Unsere Entwickler werkeln auf virtuellen Maschinen, Linux und Windows. Wir in der Apple-Redaktion schaffen natürlich auf Macs – iMacs und MacBook Pros um genau zu sein.
In so einer vielfältigen Umgebung stößt man schnell an die Grenzen von iOS. Es fällt schwer das iPad Pro akzeptabel in bestehende Workflows einzubinden, einfach weil der Dateiaustausch zu limitiert ist.
Für viele Funktionen, für die auf einem Mac der Finder zuständig ist, muss man auf dem iPad Pro auf Apps aus dem App Store zurückgreifen – sofern man eine App mit gewünschter und benötigter Funktionalität findet.
Es gibt keinen Finder für iOS. Das, was einem Finder am nächsten kommt, ist Apples iCloud Drive. Diese App ist jedoch recht rudimentär. Umfangreicher, aber nicht so aktuell, ist Goodreader. Mit ihm konnte ich auch auf unsere SMB-Server zugreifen, Dateien hoch- und herunterladen, entpacken, verschieben und direkt in anderen Apps wie iMovie öffnen.
Eine App wie Goodreader ist für einen halbwegs akzeptablen Workflow auf dem iPad Pro unerlässlich. Diese App wird zum Dreh- und Angelpunkt für fast den gesamten Dateiaustausch, da sie auch der einfachste Weg ist Dateien schnell vom und auf das iPad zu laden.
Denn Apple hat dem iPad Pro leider auch keinen SD-Kartenleser spendiert und Dokumente auf USB-Sticks erkennt das iPad Pro auch nicht.
Mit dem Lightning-Camera-Connection-Kit kann man zwar einen USB-Stick mit dem iPad Pro verbinden (vorausgesetzt dazwischen ist ein aktiver USB-Hub mit eigener Stromversorgung geschaltet). Mehr als Fotos und Videos importieren kann man aber damit nicht. Auch müssen diese Fotos und Videos in speziellen Kamera-Ordnern liegen.
Der neue SD-Karten-Adapter für das iPad Pro, welchen Apple am 8. Dezember veröffentlicht hat, erlaubt auch nur Fotos und Videos in die Fotos-App zu importieren. Dafür nutzt er als erstes Zubehör den schnelleren Lightning-Port des iPad Pro, welcher auf USB 3.0 basiert.
Es wäre wünschenswert, wenn man zumindest Dateien von einer SD-Karte oder einem USB-Stick direkt auf dem iPad Pro auf das iCloud-Drive laden könnte.
Denn wenn in einer vielfältigen Arbeitsumgebung oder On-the-Road alle Stricke reißen, tauscht man Daten halt auf USB-Sticks, SD-Karten oder externen Festplatten aus. Mit dem iPad Pro geht das nicht.
Aber dafür hat Apple ja Airdrop, richtig? Airdrop funktioniert – wenn überhaupt – nur zwischen iOS-Geräten und Macs. Leider ist Airdrop zu unzuverlässig. Manchmal werden AirDrop-Empfänger und Sender auf Anhieb erkannt und angezeigt, oft kommt aber keine Verbindung zustande. Meistens zeigt AirDrop aber keine Empfänger an, selbst wenn alle im selben AirPort-Netzwerk sind, jeweils die aktuellsten Betriebssystem-Versionen installiert haben und jeder Teilnehmer die Sichtbarkeit auf „Alle“ gestellt hat. AirDrop ist zu launisch, um damit arbeiten zu können.
Hinzu kommt, dass es nicht viele gute und umfangreiche Profi-Apps für das iPad gibt. Natürlich sind Adobe und Microsoft mit zahlreichen iPad-Apps im App Store vertreten. Jedoch handelt es sich hierbei oft um abgespeckte Versionen, sogenannte Mobile-Apps.
Ein Adobe Premiere gibt es für das iPad Pro nicht, nur eine Mini-Version namens „Adobe Premiere Clip“. Aber auch Apple selbst stellt nur die bewährten Mobile-Versionen seiner Apps zur Verfügung. Kein Final Cut Pro X, nur iMovie. Kein Logic Pro X, nur GarageBand. Apple, Adobe und Co. könnten ihre Pro-Apps 1-zu–1 auf das iPad Pro portieren. Jedoch handelt es sich dabei um Desktop-Apps, die auf eine Bedienung mit Maus und Tastatur ausgelegt sind. Desktop-Apps per Touchscreen zu bedienen, funktioniert mehr schlecht als recht und frustriert, wie uns Microsoft mit seinen Surface-Tablets deutlich zeigt.
Apple hofft, dass Drittanbieter die Lücken füllen. Das ist Teil von des Produktkonzeptes. Apple stellt die digitale Leinwand bereit, das iPad Pro in diesem Fall, und Entwickler sollen diese Leinwand mit Apps und Inhalten füllen. Jedoch stehen viele Entwickler dem Konzept des iPad Pro noch skeptisch gegenüber. Man könnte umfangreichere Profi-Apps für das iPad Pro entwickeln, doch dafür muss man die von niedrigen App-Preisen verwöhnte Kundschaft erst überzeugen, dass eine gute App auch mehr als 5 Euro kosten darf und dass ein iPad Pro mit Pro-Apps auch ein Pro-Gerät sein kann.
Split-Screen-Multitasking
Das neue Split-Screen-Multitasking, dank dem man zwei Apps gleichzeitig, also parallel ausführen und verwenden kann, ist ein sehr nützliches Feature. Leider wird es noch nicht von vielen Apps unterstützt. Die Zahl jener, die es tun, steigt aber täglich. Denn nur weil es sich bei einer App um eine iPad-App handelt, ist sie nicht automatisch für das größere Retina-Display des iPad Pro und dessen Split-Screen-Multitasking optimiert.
Das ist wie damals beim Übergang vom iPhone 5s auf das iPhone 6. Beides iPhones, jedoch unterschiedliche Display-Größen. Hatte man eine App verwendet, die noch nicht optimiert war, musste man beispielsweise mit einer merkwürdig vergrößerten Tastatur zurechtkommen und einige Bedienelemente wirkten überdimensioniert. So ist es auch jetzt beim iPad Pro.
iPad Pro im Test – Fazit
Das iPad Pro ist ein grandioses Tablet und das bis dato beste iPad. Der A9X ist ein technisches Meisterwerk mit Leistung en masse. Das Retina-Display ist brillant und der optionale Apple Pencil ist, aufgrund des Zusammenspiels zwischen Hardware und Software, der beste Stylus, den ich bisher verwendet habe.
Was dem iPad Pro aber fehlt, um einen Laptop tatsächlich zu ersetzen, ist die Flexibilität im Alltag. iOS 9 schränkt das iPad Pro zu sehr ein. In sich selbst funktioniert iOS 9 auf dem iPad Pro und auch die Hardware ist äußerst leistungsstark. Man kann seine Arbeit mit iPad Pro durchaus erledigt bekommen, muss dafür aber vergleichsweise viele Umwege in Kauf nehmen und Kompromisse eingehen. Sobald man mit anderen zusammenarbeiten und beispielsweise Dateien austauschen will, stößt man schnell an die Grenzen des Betriebssystems. Besonders auf dem iPad Pro kommt einem iOS 9 vor wie OS X ohne Finder.
Ein iPad Pro mit OS X wäre keine Lösung. Das Mac-Betriebssystem ist für Maus und Tastatur ausgelegt, nicht für Touchscreens.
Sein volles Potenzial wird das iPad Pro erst entfalten können, wenn Entwickler das Gerät als Profi-Tablet ernst nehmen. Das werden sie aber erst, wenn Apple sein iOS-Betriebssystem mitsamt App Store flexibler und so für Entwickler von großen, leistungsfähigen Pro-Apps interessanter macht. Stichwort: Upgrade-Preise beispielsweise.
Apple sollte auch das File-Handling mit dem iCloud Drive verbessern, beispielsweise eine Import-Funktion für Dateien (außer Fotos und Videos) integrieren. Auch sollte Apple sich die Frage stellen, ob es wirklich der richtige Weg ist, seine Produkte, besonders jene für Profis, für den jeweils kleinsten gemeinsamen Nenner zu konzipieren und für alles darüber hinaus optionale und doch recht teure Adapter anzubieten. Profis sind flexibel, aber alles hat seine Grenzen.
Unsere Test-Wertung zum iPad Pro
- Verarbeitung, Haptik und Design: 5/5
- Display: 5/5
- Software: 3/5
- Performance: 5/5
- Audio: 4/5
- Kamera: 3/5*
- Konnektivität und Speicher: 5/5
- Akku und Alltag: 4/5
Gesamt: 89 % (*Kamera-Wertung floss nicht in die finale Wertung mit ein)
Pro
- Apple A9x 64-bit-Chip mit Top-Performance
- Ausgezeichnetes IPS-Display
- Apple Pencil (optional)
Kontra
- iOS 9 kommt an seine Grenzen
- iPad Pro Wi-Fi mit 32 GB: 899 Euro
- iPad Pro Wi-Fi mit 128 GB: 1.079 Euro
- iPad Pro Wi-Fi + Cellular mit 128 GB: 1.229 Euro
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