Mit dem ID.7 Pro S ist Volkswagen ein Sensationserfolg gelungen. Fast 1.000 km schafft die Elektrolimousine mit einer Akkuladung. Selbst deutlich teurere Modelle der Konkurrenz kommen da kaum weiter. Doch VW hat sich das Ergebnis sehr passend zurechtgelegt.
Ein Kommentar von Felix Gräber
ID.7 reißt Kilometer ab – in ausgesuchter Komfortzone
941 km hat VW mit einem ID.7 Pro S vor kurzem zurückgelegt – ein echter Spitzenwert, der die Wolfsburger in die Nähe von Reichweitenkönigen wie Mercedes katapultiert.
Besonders hervorzuheben sind bei dem Erfolg zwei Aspekte: Im Gegensatz etwa zum Mercedes EQXX, der schon einige Jahre zuvor noch ein ganzes Stück weitergekommen ist, handelt es sich beim ID.7 um ein Serienfahrzeug, nicht bloß um ein Konzeptfahrzeug. Ihr könnt den Reichweitensieger im VW-Portfolio also tatsächlich kaufen.
Dazu kommt, dass VW seinen schon sehr konkurrenzfähigen WLTP-Wert mit diesem Test deutlich schlägt: 709 km soll der Stromer demnach mit einer Akkuladung schaffen, macht ein Plus von mehr als 30 Prozent. Die Ausdauerfahrt beweist: Es geht auch mehr – aber unter welchen Umständen?
VW hat sich für den Langstreckentest nämlich nicht auf offene Straße gewagt. Stattdessen ging es auf einen Rundkurs, eine Teststrecke, ungestört durch andere Verkehrsteilnehmer, Ampeln oder sonstiges Stop-and-Go-Fahren. Das ist an sich nicht ungewöhnlich.
Was hingegen überrascht, ist die bestenfalls geruhsame Geschwindigkeit, mit der der ID.7 seine 941 km abgerissen hat. VW spricht in der Mitteilung von einem Verbrauch von nur 9,2 kWh auf 100 km sowie 29 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit – und betitelt das dann noch als realistischen Durchschnittswert für Fahrten in der Stadt, umgeben von anderen Wagen und unterbrochen von Ampelstopps. Dürfte zwar hinkommen, aber warum dann den Test nicht unter diesen Realbedingungen durchführen? Mit diesen Beschränkungen hat VW seinem noch jungen Aushängeschild nicht unbedingt einen Gefallen getan.
E-Auto-Rekord – ja, und?
Während etwa Mercedes, BMW und Co. bei ihren reichweitenstarken Testfahrten der vergangenen Jahre in der Regel auf prestigeträchtigen Langstrecken unterwegs waren, geht VW auf Nummer sicher. Das hinterlässt – bei mir zumindest – den Beigeschmack, dass die Wolfsburger sich den ID.7 schön rechnen wollen. Nach dem Motto: „Wenn die deutsche Konkurrenz so große Reichweiten erzielt, müssen wir das schließlich auch.“ Dass VW, BMW und Mercedes eigentlich mal grundlegend verschiedene Käufer angesprochen haben, fällt dabei jedoch unter den Tisch.
Dabei wäre es offenkundig gar nicht notwendig, den ID.7 durch solche Kunststückchen in ein besseres Licht zu rücken. So hat beispielsweise der ADAC die E-Limousine schon zum Marktstart in hohen Tönen gelobt. Kein E-Auto ist 2024 bei den Profitestern besser weggekommen, ganz im Gegenteil. Der ID.7 heimste das bisher beste Ergebnis aller Autos ein, die überhaupt schon mal den ADAC-Autotest durchlaufen haben.
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Kein noch so teurer Sportwagen oder Luxuslimousine mit allen Schikanen für Hunderttausende Euro kann mit VWs neuem E-Auto mithalten. Das ist zwar mit einem Basispreis von rund 54.000 Euro ganz und gar kein Schnäppchen – kostet aber nicht mal halb so viel wie viele Modelle, die der ID.7 hinter sich gelassen hat.
Klar, Volkswagen gibt auch ganz offen an, dass es sich bei der maßgeblichen Tour mit dem ID.7 um eine „Effizienzfahrt“ gehandelt hat (Quelle: Volkswagen). Solche Tests machen viele Hersteller. Doch es stände VW – und nicht nur VW – meiner Meinung nach besser an, unter realen Bedingungen Aufsehen zu erregen. Zumal der ID.7 es nicht nötig hat, sich hinter Idealtests zu verstecken. Wie Martin Sander, als Vorstand bei VW zuständig für den Vertrieb, bereits klargestellt hat: „Der ID.7 gehört derzeit zu unseren Bestsellern.“