Die elektronische Patientenakte soll ab 2025 die Behandlung von Patienten vereinfachen und beschleunigen, indem sämtliche wichtigen Informationen immer gesammelt zur Verfügung stehen. Aber einige Kritiker sehen darin auch Nachteile und lehnen das geplante Konzept ab. Welche Gründe sprechen für und gegen das Modell?
Noch bevor sie startet, wollen viele Patienten gegen die elektronische Patientenakte Widerspruch einreichen. Sie fürchten einen Verlust über die Kontrolle ihrer Daten und haben gleichzeitig Angst, dass diese zur Auswertung in unbefugte Hände gelangen. Doch das ist nicht die einzige Kritik an der Patientenakte. Ärzte befürchten Manipulationen der Daten und mit der „Freiwilligkeit“ der Teilnahme ist es inzwischen auch nicht mehr weit her. Und dann ist da noch die Befürchtung, dass gerade ältere, nicht technikaffine Patienten von der elektronischen Regelung abgehängt werden könnten.
Trotz des beabsichtigten Teilnahmezwangs ist eines gut:
Ärztinnen und Ärzte haben nicht automatisch Zugriff auf die ePA. Sowohl die Bereitstellung von medizinischen Daten in der ePA als auch der Zugriff auf diese durch behandelnde Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Apothekerinnen und Apotheker und weitere gesetzlich geregelte, zugriffsberechtigte Leistungserbringer, die in die Behandlung der Versicherten eingebunden sind, bedürfen der Freigabe durch die Versicherten.
Nachteile der elektronischen Patientenakte
- Die Zustimmung zur Gesundheitskarte wird von einem Opt-In-Verfahren 2025 in ein Opt-Out-System geändert: Anstatt also die Akte aktiv selbst beantragen zu müssen, wird sie nun zwangsweise an jeden verteilt, der nicht aktiv widerspricht.
- In der Akte sollen auch sensible Daten gespeichert werden, die Patienten womöglich nicht jedem Arzt zugänglich machen wollen. Die Behandlung psychischer Probleme, eine HIV-Infektion oder ein Schwangerschaftsabbruch sind zum Beispiel nichts, was ein Orthopäde sehen muss.
- Es gibt aber auch Daten, die für eine Behandlung wichtig wären und die der Patient trotzdem nicht weitergeben will. Da die Patienten den Zugriff auf ihre Daten individuell steuern können, werden so möglicherweise Fakten unterschlagen, weil sie ihnen peinlich sind.
- Eine weitere Kritik an der elektronischen Patientenakte ist die Tatsache, dass Patienten Informationen darin löschen können. Das würde den Sinn der elektronischen Akte einschränken.
- Bei einem Unfall ist der Patient häufig nicht in der Lage, der Nutzung seiner Daten in der elektronischen Patientenakte zuzustimmen oder ihr zu widersprechen. Gerade da wäre eventuell ein Zugriff wichtig, um Allergien oder Vorerkrankungen zu erfahren. Doch es gibt für solche Fälle keine eindeutigen Zugangsregelungen. Wenn der Zugriff jedes Arztes individuell eingestellt wurde, können wichtige Informationen gesperrt sein.
- Die Pflege und Kontrolle der elektronischen Patientenakte sind arbeitsaufwändig – für Ärzte und Patienten. So sind Ärzte beispielsweise bei verschiedenen Diagnosen verpflichtet, auf eine Widerspruchsmöglichkeit hinzuweisen. Patienten können festlegen, dass Ärzte in die Akte nur schreiben dürfen, aber keine Daten lesen können. Für Patienten bedeutet das unter anderem, dass sie den Inhalt und die Zugriffsoptionen nach und vor jedem Arztbesuch erneut einstellen müssen.
- Letzteres ist nur eines der Probleme älterer Patienten. Die Nutzung dieser elektronischen Akte ist ohne Smartphone sehr umständlich und selbst mit Handy nicht einfach. Kritiker befürchten auch, dass diese Patientengruppe von ihren Ärzten aus Bequemlichkeit zur Zustimmung genötigt wird und aus Unwissenheit und zu großem Vertrauen einfach allem zustimmt.
- Außerdem sollen Daten aus der ePA in Zukunft für Forschungszwecke zur Verfügung stehen. Nutznießer wären in dem Fall etwa Universitäten oder die Pharmaindustrie. Zum Glück kann man dem widersprechen.
Was kann man gegen die elektronische Patientenakte tun?
Für die gesetzlichen Krankenkassen ist das Anlegen einer Patientenakte Pflicht. Sie sind aber genauso verpflichtet, den Versicherten darüber zu informieren und ihm eine unkomplizierte Möglichkeit zum Widerspruch anzubieten (etwa per QR-Code, Link oder in der Krankenkassen-App).
Auch wenn diese elektronische Akte also Pflicht ist, muss niemand sie nutzen. Ärzte dürfen nur mit ausdrücklicher Zustimmung Daten dort ablegen beziehungsweise darauf zugreifen. Es wird die Möglichkeit geben, den Zugriff sehr individuell zu regeln und festzulegen, wer was sehen und wer Daten in der Akte ablegen darf.
Wer die Gesundheitsakte ablehnt, kann ihr widersprechen und weiter auf das bewährte – aber langsamere – System der Papierakten oder E-Mails zugreifen.