AMD versucht bereits seit etlichen Jahren, zum direkten Rivalen Nvidia im Grafikkarten-Sektor aufzuschließen – aber ohne Erfolg. Ein Strategiewechsel soll das ändern. AMD will sich in Zukunft auf Mittelklasse- und Einsteigerkarten fokussieren. Damit hätte Nvidia im High-End-Segment gar keine Konkurrenz mehr – und das dürfte PC-Spieler teuer zu stehen kommen.
Ein Kommentar von Robert Kohlick.
AMD wirft bei High-End-Grafikkarten das Handtuch
Nvidia ist und bleibt der Grafikkarten-König der PC-Spieler – daran konnte AMD in den letzten Jahren nichts ändern. Das Unternehmen scheint deswegen eine neue Strategie fahren zu wollen, wie Jack Huynh, seines Zeichens AMDs Senior Vice President und General Manager der „Computing and Graphics Business Group“, in einem Interview mit Tom’s Hardware erklärt:
Ich möchte nicht, dass AMD das Unternehmen ist, dessen Produkte sich nur Leute kaufen können, die sich Porsches und Ferraris leisten können.
Im weiteren Gesprächsverlauf erklärt Huynh, dass die Nachfrage nach Einsteiger- und Mittelklasse-Grafikkarten viel größer ist als im High-End-Bereich. Entsprechend möchte sich AMD genau auf diesen Bereich fokussieren, um seinen Marktanteil auf 40 bis 50 Prozent zu bringen. Zur Einordnung: Im ersten Quartal 2024 lag AMDs Marktanteil im GPU-Bereich bei gerade einmal 12 Prozent, Nvidias hingegen bei 88 Prozent (Quelle: Jon Peddie Research).
Ohne Konkurrenz wird Nvidia bei den Preisen freidrehen
AMDs Strategiewechsel ergibt Sinn – zumindest auf dem Papier. Doch ich sehe persönliche zwei große Probleme, die sowohl auf AMD selbst als auch auf uns als PC-Spieler zukommen.
Ohne High-End-Produkt könnte AMD einiges an Strahlkraft verlieren. Dass das Unternehmen das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis bei Grafikkarten bietet, wenn man Raytracing-Performance außer Acht lässt, ist langjährigen PC-Spielern bereits bekannt. Aber Leute, die sich in Zukunft ganz frisch mit der Materie beschäftigen, werden lediglich sehen, dass AMDs beste Grafikkarten nicht den Hauch einer Chance gegen die Topmodelle von Nvidia haben und AMD als „zweitklassig“ abhaken. Das wird sich dann auch langfristig negativ auf die Verkaufszahlen auswirken.
Zudem sollte man nicht vergessen, dass AMD genau diesen Plan bereits einmal in die Tat umgesetzt hat. Schon bei der RX-5000-Serie verzichtete AMD auf echte High-End-Modelle und ruderte in der Folgegeneration wieder zurück.
Das zweite Problem dürfte sich in der Konsequenz auf alle PC-Spieler auswirken, die über den Kauf einer neuen High-End-Karte nachdenken. Denn wenn sich AMD aus dem Rennen verabschiedet, hält Nvidia nichts mehr davon ab, die Kaufpreise für seine Top-Karten noch weiter in die Höhe zu treiben.
Zwar hat der Konzern seinen Fokus inzwischen eher auf KI gelegt, doch das heißt nicht, dass die Führungsebene nicht dennoch versuchen wird, die Marge auch in anderen Bereichen weiter zu erhöhen. Hinzukommt, dass Nvidia ohne Konkurrenz weniger Wert darauf legen muss, die Leistungsfähigkeit der Top-Produkte von Generation zu Generation deutlich zu erhöhen.
Das beste Beispiel hierfür ist Intel. Als sich AMD nach dem Bulldozer-Debakel für ein paar Jahre aus dem CPU-Geschäft zurückzog, hatte man das Gefühl, dass Intel einem Jahr für Jahr die gleichen CPUs verkaufen wollte. Lediglich das Preisschild, der Name und die Taktraten änderten sich leicht. Und erst als AMD mit Ryzen ein echtes Comeback feierte, war auch Intel wieder dazu gezwungen, sich um technologischen Fortschritt zu bemühen.
Mein Rat daher an AMD: Überlegt euch noch einmal genau, ob dieser Strategiewechsel wirklich die richtige Entscheidung ist. Ich gebe zu, als Besitzer einer Radeon RX 7900 XTX bin ich vielleicht etwas voreingenommen, aber ich wage zu bezweifeln, dass dieses Vorhaben von Erfolg gekrönt sein wird.