Alle Jahre wieder erscheint ein neues Call of Duty. 2020 sind Treyarch und Raven wieder als Entwickler dran und haben mit Black Ops Cold War eine Fortsetzung erschaffen, die ein paar spannende Highlights hat, inhaltlich aber noch etwas schwach auf der Brust ist.
Mit Call of Duty: Black Ops Cold War kehrt der Singleplayer in der „Black Ops“-Reihe zurück. Diese wurde bei Black Ops 4 weggelassen, was bei vielen Spielern für verstimmte Gemüter sorgte. Das Kernstück von Call of Duty ist jedoch der Multiplayer, mit dem Szenario des Kalten Krieges kehrt ihr wieder zum Anfang der Reihe zurück. Bei Black Ops darf auch der Zombie-Modus nicht fehlen, die gruselige Koop-Ballerei fügt sich in die Geschichten der anderen Teile ein.
Hinweis: Dieser Test behandelt die PC-Version von Call of Duty: Black Ops Cold War. Da wir die Testversion einen Tag vor dem Launch erhalten haben, haben wir uns die Zeit genommen, auch nach der Veröffentlichung ausgiebig zu spielen, um das Game einem adäquaten Test zu unterziehen.
Die Kampagne – Oberflächlich progressiv mit sehr starken Momenten
Die Geschichte setzt direkt nach dem ersten Teil der „Black Ops“-Reihe ein, führt euch in den Kalten Krieg und mixt die fiktionale Geschichte um die Jagd nach einem sowjetischen Agenten namens Perseus mit historischen Figuren. Dabei entsteht eine zwar klischeehafte, aber spannende Geheimagenten-Geschichte, die durch eine gute Mischung aus Action- und Schleich-Passagen überzeugen kann. Leider ist der Spaß nach fünf bis sechs Stunden schon vorbei, doch bei den Missionen gibt es ein paar echte Highlights.
Als Agent mit dem Codenamen „Bell“ stoßt ihr zu einem Team aus internationalen Kollegen, um Perseus aufzuspüren. Durch den erstmalig in der Reihe benutzten Charakter-Editor bekommt euer Agent einen Namen, ein Geschlecht (männlich, weiblich, nicht-binär), eine Herkunft und eine Hautfarbe. Diese Möglichkeiten sorgen zwar dafür, dass sich viele Spieler in Cold War repräsentiert fühlen können, haben aber eigentlich keine Auswirkungen auf das Spiel. Genauer gesagt ist es völlig egal, was ihr wählt, ihr seht von eurem Charakter mal die Hände beim Nachladen oder die eigenen Beine in einer Ingame-Sequenz.
Nützlich sind hingegen die Charaktereigenschaften, von denen ihr zwei aus 15 auswählen könnt. Diese verändern zwar nicht wie ihr euch verhaltet, geben aber unterschiedliche Perks, wie beispielsweise 25 Prozent mehr Gesundheit oder ein extra Reservemagazin. Dadurch, dass ihr weder Gesicht noch Stimme habt, ist der Charakter-Editor jedoch obsolet, eine ungenutzte Chance.
Ist die Freiheit bei der Charaktererstellung nur repräsentativer Natur, so gibt es in den Missionen doch einiges an Entscheidungen zu treffen. Während der Hauptmissionen lassen sich Hinweise wie Karten, Dokumente und Fotos finden, die dann optionale Missionen freischalten. Im Hauptquartier können diese dann an der großen Beweis-Tafel ausgewählt werden. Diese zu absolvieren verändert dann in geringem Maße, was für ein Ende ihr nach Abschluss der Kampagne zu sehen bekommt.
Cold War lässt euch aber auch in den Hauptmissionen die Wahl. Lasst ihr eine Zielperson am Leben und nehmt ihr sie fest, tötet ihr sie oder lasst ihr sie sogar frei? Solche Art Entscheidungen bieten sich euch häufiger während der Kampagne. Ein spielerisches Highlight bietet die Mission, in der ihr als Doppelagent das Hauptquartier des KGB infiltriert. Um an die Schlüsselkarte zu einem Bunker zu kommen, gibt es viele Möglichkeiten. Ihr könnt den General mit der Karte durch das Fälschen von Beweisen zum Maulwurf machen und bei der Kontrolle seiner Tasche die Karte an euch nehmen. Ihr könnt seinen Drink vergiften und die Karte stehlen oder einen anderen Offizier bestechen, um eine eigene Schlüsselkarte zu bekommen. Je nach den Entscheidungen in einer anderen Mission wartet noch ein optionales Ziel auf euch und ihr könnt lose Enden miteinander verbinden.
Am Ende wartet eine psychedelische Erfahrung, die einen interessanten Plot Twist bereithält. Aus Spoiler-Gründen sei nur noch gesagt, das diese Erfahrung zu einer das Ende bestimmenden Entscheidung führt.
Die Kampagne wartet mit guten Ideen und liegengelassenem Potenzial auf. Die Geheimagenten-Geschichte wird mit den klassischen Action-Sequenzen à la Call of Duty beispielsweise durch die Vietnam-Flashbacks bereichert. Durch die noch zu suchenden Beweise in den Missionen und die den Spielverlauf beeinflussenden Entscheidungen lohnt sich das erneute Spielen und machte die kurze Gesamtdauer ein wenig wett. Die Klischees bleiben natürlich nicht aus, und historisch genau hat es Call of Duty noch nie genommen. Die DDR-Grenzsoldaten mit den MP5-Maschinenpistolen sind zwar noch zu verschmerzen, die Doritos-Werbung in der Berliner U-Bahn ist aber reichlich deplatziert.
Der Zombie-Modus: Koop-Spaß für Hardcore-Fans und Gelegenheits-Spieler
Der Zombie-Modus macht ähnlich wie die Kampagne einiges neu. Der Koop für vier Spieler hat einen durchaus knackigen Schwierigkeitsgrad, ohne dabei zu frustrieren. Grob ist die Geschichte mit der Kampagne verknüpft, grundsätzlich geht es aber darum, möglichst lange gegen die in jeder Runde stärker werdenden Zombies zu bestehen. Zum Launch gibt es nur die Map „Die Maschine“, die Teile der allerersten Zombie-Map (Nacht der Untoten) aus dem 2008 erschienen World at War enthält.
Anders als bisher seid ihr keiner der ahnungslosen Charaktere der Vorgänger, die zufällig in die Horden der Untoten stolpern. Als CIA-Eingreiftruppe wollt ihr untersuchen, was in einem Bunker geschehen ist. Deswegen stehen euch auch erstmals Killstreak-Belohnungen zur Verfügung, die ihr aus Ressourcen herstellt, die ihr durch bezwungene Zombies erhaltet. Einen Kampfhubschrauber zu rufen fühlt sich zwar im ersten Moment wie schummeln an, das Gefühl legt sich jedoch, wenn das erste Mal die Minigun durch die Horden von Untoten pflügt, die euch gerade zu überrennen drohen. Wer es lieber etwas schwerer mag, kann die Killstreaks ja weglassen.
Ebenfalls neu ist die Möglichkeit, sich aus der Map evakuieren zu lassen. Ab Runde 10 und dann alle fünf Runden könnt ihr euch ausfliegen lassen, um Belohnungen zu erhalten. Das ist aber nicht gerade einfach, denn die knappe Zeit, den Abholpunkt zu erreichen und Massen an Zombies wollen euch daran hindern. Verpasst ihr das Zeitlimit, ist das Spiel vorbei.
Die besten Waffen zu finden, diese upzugraden und dann auch noch die besten Boni an den Getränkeautomaten zu kaufen, ist schon ein Projekt für sich. Dazu warten auf der Map jede Menge komplexer Easter Eggs, die entdeckt werden wollen. Und natürlich gibt es die Bosse, die eine besondere Herausforderung darstellen.
Am meisten Spaß macht ein Koop-Modus mit Freunden, das gilt auch für Cold War. Mit einem eingespielten Team kommt das beliebte Gefühl wie in Left4Dead oder Killing Floor auf. Größter Kritikpunkt ist der eher maue Inhalt. Aktuell gibt es nur eine Map, die gerade Hardcore-Fans für begrenzte Zeit beschäftigen kann, baldiger Nachschub wäre wünschenswert, denn die Qualität stimmt bis jetzt.
Der Multiplayer – Wenig Inhalt bei langsamen Fortschritt
Zunächst mal ist für CoD-Puristen, die auf oldschool Run’n’Gun stehen, Cold War deutlich mehr zu empfehlen als Modern Warfare. Ungeachtet der persönlichen Präferenzen gibt es bei Cold War aber ein paar deutliche Abstriche.
Cold War spielt sich trotz längerer Time-to-Kill (also Zeit, die zum Ausschalten eines Gegners benötigt wird) trotzdem deutlich schneller. Das liegt unter anderem daran, dass Treyarch viele Neuerungen aus Modern Warfare wieder rausstreicht. Das Auflehnen der Waffen an Kanten und Ecken gibt es nicht mehr, es gibt keine Türen, die geöffnet und geschlossen werden können und die Minimap verrät wieder mehr über den Gegner. Das macht die Matches wesentlich aktiver und schneller.
Ebenfalls anders geht Cold War mit den Killstreaks um. Dies sind nun Scorestreaks, die einen Multiplikator durch Kill-Serien bekommen. Der Kniff: Scorestreaks werden durch den Spielertod nicht mehr zurückgesetzt, haben aber dafür eine Abklingzeit. Das sorgt zwar dafür, dass jeder Spieler mal in den Genuss der stärksten Scorestreaks kommt, nimmt aber auch den Adrenalinkick, nur noch einen Kill vom vielleicht spielentscheidenden Killstreak entfernt zu sein. Dank 16 verschiedener Scorestreaks gibt es viele nette Helfer, die das Spiel abwechslungsreicher machen, ohne sich unfair anzufühlen.
Negativ aufgefallen sind viele der Charakter-Animationen, diese wirken steif und unnatürlich. Häufig könnt ihr Spieler beim Emporsteigen einer Leiter sehen, die dabei alles andere als normal aussehen. Auch beim Sprinten, Rutschen und Springen sehen die Animationen teilweise so komisch aus, dass es in Kombination mit dem Spieltempo schwer ist, dem Gegner zu folgen, da die Bewegung nicht vorhersehbar sind. Das ist vermutlich Gewöhnungssache, ändert aber nichts daran, dass es einfach nicht gut aussieht.
Ein ebenfalls optisches Problem sind die teils verwaschenen Texturen auf den Maps. Dazu kommt eine schlechte Sichtbarkeit der Gegner, die je nach Beleuchtungssituation stark mit dem Hintergrund verschwimmen und ihr häufig erst in der Killcam feststellen könnt, wo der Gegner denn war.
Bezüglich des Multiplayers ist der Umfang ein eher negativer Aspekt. Cold War startet zum Launch mit acht 6v6-Maps, das sind tatsächlich zwei mehr als Modern Warfare zum Release hatte. Geht ihr jedoch ein wenig in der „Call of Duty“-Geschichte zurück, hatten die Spiele eher 14 bis 16 Maps. Modern Warfare hatte letztes Jahr jedoch andere Inhalte, wie zum Beispiel den 2v2-Gunfight-Modus. Der kommt für Cold War aber erst Mitte Dezember. Dazu kamen in Modern Warfare aber noch die spezifischen 10v10-Maps und der „Ground War“-Modus. Mit „Verbundenen Waffen“ hat auch Cold War einen Modus für eine größere Spieleranzahl, die beiden Maps sind aber nur größere Varianten von zwei 6v6-Maps.
An neuen Ideen gibt es den Feuerteam-Modus, ein Mix aus Battle Royale mit Loot und Wiedereinstieg, bei dem zehn 4er-Teams durch das Erfüllen von Zielen um den Sieg kämpfen. Gerade mit Freunden eine willkommene Abwechslung zum normalen Multiplayer. Ebenfalls neu ist der Modus „VIP-Eskorte“, bei dem ein Team versucht einen der ihren zum einem Hubschrauber zu eskortieren, während das andere dies zu verhindern versucht. Das Ganze spielt sich jedoch auf den Standard-Maps ab.
Mit etwas mehr als 20 Primär-Waffen (Shotguns eingeschlossen) ist das Waffen-Arsenal am unteren Ende, was die CoD-Reihe betrifft. Mit der M16, AK-74 und der MP5 gibt es die zu erwartenden Waffen der 80er.
Noch zu erwähnen ist der doch eher gemächliche Fortschritt, was Rang und Waffen-Level angeht. Wer nur ein paar Stunden in der Woche Zeit zum Spielen findet, wird recht lange brauchen, um auch nur die erste Waffe auf das maximale Level zu bringen. Die tausend Stufen des Prestige-Systems sind für Gelegenheitsspieler in weiter Ferne.
Positiv sind die vielen Einstellungsmöglichkeiten des HUDs und die abwechslungsreichen Schauplätze der Maps aufgefallen. Zusätzlich gibt es kleine Verbesserungen, wie eine Liste mit den zehn Herausforderungen, bei denen ihr den meisten Fortschritt habt. Diese können gezielt angegangen werden, ohne dass ihr euch erst durch Untermenüs klicken müsst.
Hinweis: Warzone erscheint für Cold War am 10. Dezember 2020 mit der ersten Season und ist deswegen nicht Teil dieses Tests.
Fazit
Wenn auch zu kurz, ist die Kampagne ein Highlight, das sogar noch Luft nach oben hat. Der Zombie-Modus fällt mit nur einer Map etwas spärlich aus, ist aber gerade mit einem eingespielten Team ein Garant für spaßige Koop-Action. Der Multiplayer, der eigentlich das bereits erwähnte Kernstück sein soll, hat einen eher dünnen Umfang, ist aber dennoch vom Spielstil her genau das, was CoD-Puristen lieben und was Spielern, die Modern Warfare nicht mochten, brauchen.
Das sind die Stärken von Call of Duty: Black Ops Cold War:
- Spannender Agententhriller als Kampagne mit tollen spielerischen Freiheiten
- Eine Geschichte mit verschiedene Enden und überraschenden Twists
- Toller Zombie-Modus mit reizvollen Schwierigkeitsgrad
- Stimmiger Soundtrack der 80er
Das sind die Schwächen von Call of Duty: Black Ops Cold War:
- Mäßig viele Inhalte für Multiplayer und Zombie-Modus
- Schlechte Sichtbarkeit und teilweise verwaschene Texturen im MP
- Teilweise sehr schlechte Charakteranimation
- Zäher Fortschritt im Multiplayer
- Jede Menge Klischees in der Kampagne
Mein persönliches Fazit
Ja, ich weiß. Da kommen mit den Seasons noch Inhalte nach und das sogar kostenlos. Und ja, vermutlich können wir uns das Spiel in einem halben bis dreiviertel Jahr nochmal ansehen und einige Kritikpunkte haben sich möglicherweise erledigt. Es ist aber schwer zu bewerten, was nicht da ist, vor allem da diese Inhalte das Potenzial haben, von „absolut grandios“ bis „grottenschlecht“ alles sein zu können. Es gibt aber noch ein ganz anderes Problem.
In einem halben bis dreiviertel Jahr reden wir schon längst wieder über das nächste Call of Duty. Die Spiele sind schon längst bei „Games as a Service“ angekommen. Die Inhalte sind zwar kostenlos, werden aber stets mit einem Battle Pass garniert. Apropos Battle Pass, dieser wird in der ersten Season für Cold War auch in Modern Warfare präsent sein und dort aufgelevelt. Die Inhalte dieses Battle Pass sind dann auch für Warzone, welches ab dem 10. Dezember in Cold War startet. Warzone soll die „Call of Duty“-Teile verbinden, doch es scheint es ist eher das Vehikel, das Spieler von einem Call of Duty ins Nächste transportiert. Der jährliche Zyklus muss weitergehen. Das bedeutet, auf kurz oder lang wird auch Modern Warfare fallen gelassen, Infinity Ward muss ja schließlich den nächsten Teil entwickeln.
Grundsätzlich hat mir das Run’n’Gun-Gameplay Spaß gemacht, die Sichtbarkeit der Gegner hat jedoch für etwas Frust gesorgt. Die Waffen könnten noch etwas Arbeit vertragen, die Animationen sehen nicht sonderlich gut aus. Außerdem gibt es zwar massig Aufsätze, bei denen viele aber fast überflüssig wirken. Die Wildcards sind ein nettes Extra, das ein wenig mehr Abwechslung bei den Klassen erlauben. Sehr gestört hat mich das langsame Vorankommen, es war recht mühsam Dinge freizuschalten. Da es bei zielorientierten Modi dennoch weniger Punkte für das Halten einer Zone als für Kills gibt, bin ich im Nachteil nur weil ich gewinnen möchte.
Bis auf zwei Verbindungsabbrüche zu den Servern hatte ich keine Störungen beim Spielen.
Der Zombie-Modus macht mit einem eingespielten Team richtig Spaß und ich fühle mich an frühere LAN-Partys erinnert, wo ich mit Freunden die Nacht damit verbracht habe, die beste Taktik für diverse Left4Dead-Maps zu erörtern und auszuprobieren. Der Zombie-Modus traf bei mir einen ähnlichen Nerv.
Die Kampagne war mein Highlight. Die unerwarteten Freiheiten haben mich wirklich gefesselt, genau wie die Geschichte, auch wenn Klischees und Patriotismus hin und wieder zu einem Naserümpfen führten. Da ich nichts spoilern möchte, hier nur eine Andeutung zum Ende der Kampagne: In einem Rückblick erzählt ein Agent die Geschichte eines Einsatzes, und ihr folgt quasi seiner Erzählung – oder eben auch nicht. Ihr könnt euch bis zu einem gewissen Punkt dem Widersetzen, was der Erzähler euch vorgibt. Das führt dazu, dass die Erinnerung immer absurder wird und in einem regelrechten Mindfuck endet.
Das Ende der Kampagne hat mich ein wenig enttäuscht zurückgelassen, ich hatte das Gefühl, egal welches der Enden ich gewählt hatte, irgendwie verloren zu haben. Das müsst ihr aber schlussendlich selbst entscheiden. Unterm Strich hätte ich gern mehr davon gehabt.
Wertung
“Call of Duty: Black Ops Cold War hat eine tolle Kampagne, eine guten Zombie-Modus und einen mäßigen Multiplayer mit einer Gemeinsamkeit: Von allem zu wenig. Das wird sich mit der Zeit ändern, aber dann sprechen wir schon über das nächste Call of Duty. Mit dem jährlichen Zyklus entwertet sich Call of Duty auch jedes Jahr aufs Neue selbst.”