Dieses JRPG hat sich seine hohe Testwertung zum Abschluss der achtjährigen Entwicklungszeit komplett verdient. Viele Kampfmechaniken überraschen, nur wenig ist schiefgegangen. Das alles verdeutlicht unser Test für die PS5.
Die Fortsetzung eines Mobile-Games
Granblue Fantasy: Relink ist nicht einfach nur ein weiteres Action-RPG aus Japan. Es ist Teil einer Franchise. Zum Start erschien 2014 das Mobile- und Webbrowser-Rollenspiel mit rundenbasierten Kämpfen.
Zwei Fighting-Games sowie durchaus besorgniserregenden Wechseln im Entwicklerteam später, folgt nach acht Jahren Entwicklungszeit das Spin-Off namens Relink mit Echtzeitkämpfen für den PC und PlayStation-Konsolen.
Die gute Arbeit der Entwickler ist bereits beim Spielstart erkennbar. Im Singleplayer-Modus führen euch kurzweilige Zwischensequenzen, Dialoge mit Antwortoptionen und ein praktikables Grundlagen-Tutorial in die Fantasy-Welt ein.
Als Kapitän des Luftschiffs Grandcypher seid ihr in einer Himmelswelt aus schwebenden Inseln unterwegs. Euch begleitet eine Crew aus befreundeten Himmelsfahrern.
Euer Ziel ist die Insel Estalucia. Dort wollt ihr euren Vater und eine Erklärung für die magische Verbindung zwischen euch und eurem Crew-Mitglied Lyria finden.
Für noch mehr Spannung sorgt der Auftritt von Antagonistin Lilith. Sie ist die Anführerin einer mysteriösen Sekte, die euch das Leben erschwert.
Niedliche Charaktere, nervige Synchronstimmen
In allen Kapiteln besteht eure NPC-Party aus vier Mitgliedern (ihr habt jedoch Zugriff auf mehrere Figuren). So erlebt ihr die Quests in den 15 bis 20 Stunden Story-Spielzeit nicht alleine. Dabei könnt ihr jeden Charakter in eurer Party frei wählen, steuert aber stets nur einen direkt.
Da jeder Himmelsfahrer unterschiedliche Waffen und Skills benutzt, ergänzt sich eure Crew auf dieser Ebene. Dasselbe gilt für die elementaren Eigenschaften der Charaktere. Der Kapitän setzt gegen Feinde auf die Kraft des Windes, andere Team-Mitglieder vertrauen auf Feuer, Wasser oder Erde.
In den Kämpfen könnt ihr beispielsweise den Steuermann Rackam mit seiner Schusswaffe kontrollieren. Oder das Schwert der Ritterin Katalina schwingen. Auch Rosetta, ein menschgewordenes Urzeit-Biest, ist eine Option.
Vyrn, euer langjähriger Gefährte, ist dagegen nicht spielbar. Aber der Mini-Drache ist wie ein Pokémon, nur viel gesprächiger. Durch die großen Redeanteile wandelt sich niedlich leider schon recht bald zu nervig. Die hohe Stimmlage der englischen Sprachausgabe quietscht unangenehm im Ohr, vor allen Dingen bei Vyrn und den weiblichen Charakteren.
Doppelt belastend ist das, wenn euch in Bosskämpfen die NPC-Party ohne Unterbrechung volllabert. Auch die Musik ist anstrengend. Das orchestrale Gedudel stellt ihr freiwillig deutlich leiser ein.
Die Bosskämpfe beeindrucken nachhaltig
Den größten Spielspaß habt ihr während der Echtzeitkämpfe. Diese sind eine Mischung aus Tales of Arise und Final Fantasy 16. Dank der direkten Steuerung könnt ihr gegnerische Angriffe mit Leichtigkeit blocken oder ihnen ausweichen. So entsteht eine Art fließender Kampf-Rhythmus.
Einen Teil ihrer Leichtigkeit verlieren die Kämpfe durch einen mit Einblendungen vollgestopften Bildschirm. Auch die grellen Farbeffekte bei Angriffen aller Charaktere und Gegner, sowie die eingeblendeten Schadenszahlen, verringern die Übersichtlichkeit.
Umso größer ist die Mühe, die sich die Entwickler bei der Anzahl verschiedener Gegnertypen gegeben haben. So trefft ihr beispielsweise auf Wölfe, Ritter, Goblins, Skelette oder fliegende übergroße Augäpfel.
Die Bossgegner gefallen durch ihre Größe und ihr detailliertes Art-Design. In jedem Kapitel kämpft ihr gegen ein Urzeit-Biest mit gottesähnlichen Kräften. Aber besonders der Kampf gegen einen riesigen Roboter beeindruckt nachhaltig. Und dabei ist der Umstand, dass er hoch wie ein Wolkenkratzer ist und massiven Schaden verursacht, noch nicht mal das Beeindruckendste an ihm. Um ihn zu besiegen, müsst ihr an ihm hochklettern und ihn in mehreren Phasen besiegen.
Dieses JRPG denkt Kämpfe neu
Bei den Kampfmechaniken unterscheidet sich Relink von anderen JRPGs und setzt auf erfrischende Features. Wenn ihr Komboangriffe ausführt, steigert das euer Arts-Level, was wiederum die Stärke eurer Spezialattacken erhöht.
Ihr fragt euch häufiger: Führe ich eine Spezialattacke direkt zu Beginn eines Kampfes aus? Oder lade ich sie erst durch Kombos auf und verursache mehr Schaden damit? Daraus entwickelt sich eine motivierende Risiko-Belohnungs-Dynamik.
Zusätzlich könnt ihr auf Knopfdruck Link-Angriffe ausführen, sobald ein Party-Mitglied im Kampf in eurer Nähe ist. Ist die eingeblendete Link-Prozentzahl hoch genug, verursacht ihr mehr Schaden.
Noch interessanter sind die Skybound-Arts-Angriffe (SBA). Durch Attacken füllt jeder Charakter seine SBA-Leiste. Ist sie gefüllt, steht eine Entscheidung an: Führt ihr im Alleingang eure ultimative Attacke aus oder wartet ihr, bis jeder in der Party seine Leiste gefüllt hat?
Falls ihr wartet, folgt ein befriedigender Angriff, bei dem jeder Charakter nacheinander seinen Superangriff ausführt. Mit diesem Full-Burst verursacht ihr hohen Schaden.
Optische Abwechslung und einfallslose Missionen
Für visuelle Abwechslung sorgen die Landschaften der Inseln. Hier ein Wald in Sundappled Grove, dort eine Schneelandschaft am Mount Neigelith oder eine Wüste auf Dahli Island.
Im Kontrast dazu präsentiert sich die Stadt Seedhollow majestätisch. Opulente Bauwerke, rote Teppiche und saubere Gassen verbildlichen den Reichtum, der dort herrscht. In solchen Städten habt ihr Zugriff auf eine Händlerin und einen Schmied. Klassische RPG-Institutionen, die euch mit ihren Verbesserungen helfen.
Weniger abwechslungsreich ist der Spielablauf. Ihr reist von Insel zu Insel. In jedem dieser linearen Level-Areale erwarten euch Kämpfe gegen Standard-Gegner, eine Bosskampf-Arena und zum Abschluss eines Kapitels der Hauptboss.
Erschwerend hinzu kommt das stellenweise einfallslose Missionsdesign. Mal müsst ihr nacheinander drei gegnerische Luftschiffe zerstören, oder eine Zauberin öffnet verschlossene Tore und ihr beschützt sie vor heranstürmenden Feinden.
Spielstunden im dreistelligen Bereich, wenn ihr das so wollt
Nach der Story könnt ihr Endgame-Quests via Koop-Modus mit Freunden oder im Multiplayer mit zufällig zusammengewürfelten Spielern absolvieren. So kommt ihr auf über 100 Stunden Spielzeit.
Die Story könnt ihr zwar nur als Einzelspieler bestreiten, aber sie bietet mit simplen Nebenmissionen und Charakter-Quests abseits der Geschichte zusätzlichen Zeitvertreib.
Im Menü bietet das RPG viel Tiefgang bei Item-Verbesserungen, Ausrüstung und Skills. Die Praxis sieht aber so aus, dass ihr gedankenlos auf Gegner draufkloppen könnt. Das liegt daran, dass das Spiel sogar auf dem höchsten der drei Schwierigkeitsgrade nur wenige virtuelle Tode auf eurer Seite verursacht.
Und durch die häufig ausbleibenden Game Overs habt ihr jederzeit das Gefühl, eine funktionierende Party zu haben. Nichts zwingt euch, die vier Kämpfer zu verändern.
Dass die Kämpfe flüssig ablaufen, liegt unter anderem an der ruckelfreien Technik auf der PS5. Negativ fallen einige unscharfe Texturen auf und das teilweise reizüberflutende Effektgewitter.
Hübsch anzusehen ist das Spiel aber auf jeden Fall. Dazu tragen der Comic-Look und die detailliert gestalteten Charaktere bei, wenngleich beides mit Sicherheit nicht jedermanns Geschmack ist.
Granblue Fantasy: Relink erscheint am 1. Februar für PC, PS5 und PS4.
Test-Fazit
Granblue Fantasy: Relink überrascht mich auf mehreren Ebenen positiv. Den Mittelpunkt bilden die spaßigen Kämpfe gegen riesige Bossgegner und die zahlreiche Gegnervielfalt. Dazu kommt die direkte Steuerung, die euch leichtfüßig agieren lässt.
Die für das Genre neu interpretierten und taktischen Angriffsmanöver als Team überzeugen durch ihr dynamisches Risiko-Belohnungs-System. Zögere ich heftige Angriffe hinaus, setze ich mit der gesamten Power der Party zum Rundumschlag an.
Auch die Story mit ihren märchenhaften und abwechslungsreichen Insellandschaften überzeugt durch ihre Dramaturgie innerhalb der Kernspieldauer von 15 bis 20 Stunden.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass das Spiel nicht alles auf hohem Niveau abliefert. Das Dauergelaber der quietschenden englischen Synchronstimmen nervt häufig. Und auch die Musik belästigt euch auf Dauer.
Aber das Wichtigste ist: es macht dauerhaft Spaß! Nur nicht, dass der Story-Modus ohne Koop-Unterstützung daherkommt.
Wertung
“Granblue Fantasy: Relink überzeugt als JRPG mit packenden Bosskämpfen, einer direkten Steuerung und einer spannenden Geschichte. Abwechslungsreiche Umgebungen und Gegner vergrößern den Spielspaß. Die Soundebene nervt dagegen stellenweise.”