Was taugt ein Huawei-Smartphone mit Android-Betriebssystem, aber ohne Google-Services und -Apps? Genau das wollten wir herausfinden und haben das Huawei Mate 30 Pro einem Test unterzogen. In diesem Testbericht schildere ich die Zeit mit und ohne Google-Dienste.
Huawei Mate 30 Pro im Test: Vorwort
Im Mai 2019 hat die US-Regierung das chinesische Unternehmen Huawei auf eine schwarze Liste gesetzt, wodurch die Zusammenarbeit mit Unternehmen aus den USA untersagt wurde. Als Folge dessen dürfen auf neuen Huawei-Handys keine Google-Apps und -Dienste vorinstalliert sein. Das ist ein großes Problem, denn es lassen sich zwar einige Apps per APK manuell nachinstallieren, das funktioniert aber nicht immer, da ab und zu Google Play Services benötigt werden. Dann muss man den Umweg gehen und einer unbekannten Firma Admin-Rechte erteilen. Wie das geht und welche Risiken damit verbunden sind, haben wir im nachfolgenden Artikel zusammengefasst:
Ich habe das Huawei Mate 30 Pro also zunächst ohne Google-Dienste und -Apps verwendet. Im späteren Verlauf aber dann Google-Dienste nachinstalliert.
Huawei Mate 30 Pro im Test: Fazit
Das Huawei Mate 30 Pro hat sich im Test als ein Smartphone mit zwei Gesichtern gezeigt. Auf der einen Seite bekommt man ein unglaublich schönes, gut verarbeitetes und technisch herausragend ausgestattetes Android-Gerät, auf der andere Seite ein im wahrsten Sinne des Wortes beschnittenes Software-Erlebnis. Wäre es nie zu dem US-Bann gekommen, wäre das Mate 30 Pro vermutlich das beste Android-Handy auf dem Markt – zumindest im Jahr 2019. Ohne Zugang zum Google Play Store und den essenziellen Android-Apps aus den USA, eignet sich der Kauf nur für Interessenten, die nichts mit Google am Hut haben wollen, sich mit der Installation von APKs auskennen und auch das damit verbundene Sicherheitsrisiko eingehen wollen.
Der Preis von 1.099 Euro wäre schon sehr hoch, selbst wenn die Google-Dienste vorinstalliert wären. Ohne diese ist das Smartphone einfach einige Hundert Euro zu teuer.
Vorteile:
- Hohe Performance
- Schönes Display
- Hervorragende Verarbeitungsqualität
- Sehr gute Kamera
- Lange Akkulaufzeit
Nachteile:
- Keine Google-Dienste und -Apps
- Virtuelle Lautstärkeregelung unnötig umständlich
- Preis
- Mono-Lautsprecher
- Fingerabdrucksensor im Display
Huawei Mate 30 Pro im Test: Wertung
- Verarbeitung, Haptik und Design: 5/5
- Display: 5/5
- Kameras: 5/5
- Software: 2/5
- Performance: 5/5
- Telefonie und Audio: 4/5
- Speicher: 4/5
- Akku und Alltag: 5/5
Gesamt: 88 %
Huawei Mate 30 Pro: Testbericht
Huawei verbaut im Mate 30 Pro ein sogenanntes Waterfall-Display. Dieses zieht sich weit über den Rand in den Rahmen des Smartphones. Sieht schick aus, sorgt aber dafür, dass man immer das Display in der Hand hat – das muss man mögen. Bei diesem Design war dann auch kein Platz mehr für Tasten, um die Lautstärke zu regulieren. Huawei hat sich also eine Lösung per Software ausgedacht. Funktioniert zwar zum größten Teil, ist in einigen Situationen aber deutlich schlechter, als echte Tasten. Immerhin: Fehleingaben vom Display am Rand hatte ich im Test fast nie. Huawei hat es geschafft, die Finger, die auf dem Rand des Displays liegen, gut „auszublenden“ und die Software so eingestellt, dass diese nicht als Eingabe registriert werden.
Das Waterfall-Display
Die Darstellung des OLED-Panels ist hervorragend – auch wenn es sich dabei nur um einen Bildschirm mit Full-HD+-Auflösung handelt. Das Display arbeitet mit 60 Hertz. Mittlerweile sind in der Oberklasse 90 oder 120 Hertz Standard. Beim nächsten Flaggschiff-Smartphone muss das drin sein. Die starken Rundungen des Displays stören in einigen Situationen. Besonders dann, wenn Bedienelemente bei Apps an den Seiten sind. Man gewöhnt sich aber auch schnell dran.
Sehr positiv aufgefallen ist die Performance des Handys. Es arbeitet ohne Verzögerung. Auch die Akkulaufzeit ist sehr hoch. 1,5 bis 2 Tage sind durchaus drin. Nutzt man das Huawei Mate 30 Pro sehr intensiv, dann natürlich etwas weniger. Im Ruhezustand benötigt das Handy fast keine Energie. Es kann auch mal zwei oder drei Tage rumliegen und ist dann nicht plötzlich leer, wie man es von anderen Geräten kennt. Zudem ist das Smartphone in kürzester Zeit wieder voll aufgeladen.
Die Quad-Kamera
Wie gut die Kamera des Huawei Mate 30 Pro abgeschnitten hat, verrate ich euch im Kamera-Test:
Die Software
Das größte Manko ist tatsächlich die Software. Der Zugang zum Google Play Store auf Android-Handys ist eigentlich selbstverständlich, sodass man das Fehlen sofort merkt. Einfach mal WhatsApp installieren ist dann nicht. Stattdessen muss man sich die APK besorgen. Sucht man in der AppGallery nach WhatsApp, dann tauchen viele „Fake“-Apps auf. Dieses Problem muss Huawei lösen. Kauft sich jemand ein Huawei-Handy ohne Google-Dienste und will dann in der AppGallery WhatsApp installieren, muss klar sein, dass es die App dort nicht gibt. Das gleiche gilt für viele andere bekannte Apps. Da das Original nicht vorhanden ist, versuchen viele Entwickler mit alternativen Apps die Nutzer einzufangen. Huawei dürfte so etwas gar nicht zulassen – oder die Anbieter überprüfen.
Immerhin: Seit dem neuesten Update der AppGallery verweist Huawei auf die offizielle Seite von beispielsweise WhatsApp. So lassen sich viele Apps wie WhatsApp, Facebook und Co. ohne großen Aufwand per APK installieren. Wirklich vertrauenswürdig sieht das aber auch nicht aus – und die Google-Apps fehlen. Die müsste man sich aus anderen Quellen besorgen.
YouTube kann man im Gegensatz zu vielen anderen Google-Apps wie Maps, Gmail und Co., die man sich per APK installiert hat, aber nicht nutzen. Dafür benötigt man die Google Play Services. Updates gibt es für manuell installierte Apps auch nicht. Man muss sich in regelmäßigen Abständen neue Versionen installieren. Außerdem könnte man sich manipulierte APKs aufs Handy holen. Das ist schon ein großes Risiko, wovor sogar Google warnt.
Es geht aber auch anders. Hat man sich nämlich doch überwunden und die Google-Dienste mit Admin-Rechten aus einer unbekannten chinesischen Quelle installiert, blüht das Huawei Mate 30 Pro geradezu auf. Alles funktioniert ohne Probleme. WhatsApp, Google, GMail, Google Maps, YouTube und so weiter zieht man dann aus dem Play Store und erhält natürlich Updates darüber. Für den Test habe ich aber nicht meinen normalen Google-Account verwendet. Zu groß ist das Risiko, Tür und Tor für einen unbekannten Angreifer, dem man zuvor Admin-Rechte für das Handy bereitgestellt hat, zu öffnen.
Für mich funktioniert ein Android-Handy ohne Google Play Store und Google-Dienste einfach nicht. Und da Huawei aktuell nicht mit US-Unternehmen zusammenarbeiten darf, wird sich das auch nicht bessern.
Blick in die Zukunft
Huawei entwickelt zwar eigene Mobile Services, bis dort aber Entwickler wirklich mitmachen, wird es lange dauern. Eine Milliarde US-Dollar stellt Huawei dafür bereit, doch das hat bei Microsoft und Windows Mobile auch nicht geholfen – und da gab es kein US-Bann. Für Huawei wird es in Europa sehr schwer werden, Kunden für die Android-Smartphones zu finden. Die Hardware ist toll, an der Software mangelt es nun aber. Das dürfte der Konkurrenz in Form von Samsung und Xiaomi in die Hände spielen. Das ist alles wirklich sehr schade, denn Huawei haben wir es im Grunde zu verdanken, dass der Smartphone-Markt wieder interessant und Samsung ordentlich Feuer unter dem Hintern gemacht wurde. Nur deswegen ist das Galaxy S20 so gut ausgestattet.