Wie viel darf ein richtig guter Over-Ear-Kopfhörer mit Noise Cancelling (ANC) kosten? 500 Euro? 300 Euro? Der Soundcore Life Q35 vom chinesischen Hersteller Anker tritt mit 129,99 Euro an, um das Premium-Segment aufzumischen. Wir haben das Modell ausgiebig verglichen und teilen unsere Erfahrungen.
Soundcore Life Q35 im Test: Fazit
GIGA-Wertung: 8.0 / 10
Viel Technik zu einem attraktiven Preis: Der Soundcore Q35 für 129,99 Euro (UVP) überzeugt mit einem spaßbetonten Klang, insbesondere der Bass sorgt bei passender Musik für Freude. Die aktive Geräuschunterdrückung kann zwar nicht mit den Premium-Vertretern unter den ANC-Kopfhörern mithalten, ist aber immerhin ausreichend in ihrer Wirkung. Schaut hierfür am besten unser ANC-Video an:
Was mir zudem gut gefallen hat, ist die Bedienung mit richtigen Tasten (statt Touch), die lange Akkulaufzeit (über 40 Stunden!) und die Möglichkeit, mit mehreren Geräten verbunden zu bleiben (Multipoint Bluetooth). Dass Haptik (Plastik), Design (klobig) und Tragekomfort nicht die Spitze des Machbaren erreichen, ist in Anbetracht des niedrigen Preises zu verkraften.
Der Soundcore Q35 ist ganz bestimmt nicht der beste Noise-Cancelling-Kopfhörer der Welt – aber vielleicht der beste für den kleinen Geldbeutel. Für waschechte Sparfüchse ist das keine Überraschung, denn genau für diese Qualität ist das Unternehmen Anker seit Jahren bekannt. Kein Wunder also, dass der Soundcore Q35 immer wieder in den Bestseller-Charts bei Amazon zu finden ist. Da gehört er zurecht hin.
Vorteile:
- Gute Klangqualität mit tollem Bass
- Zuverlässige Bedienung mit echten Tasten
- Unterstützt
- Lange Akkulaufzeit
Nachteile:
- Noise Cancelling (ANC) nur mittelmäßig
- Etwas klobiges Design
Klang: Da kommt Freude auf
Es kommt selten vor, dass ich einen neuen Kopfhörer aufsetze und schon nach wenigen Sekunden eines Songs ungläubig die Stirn runzle. Egal, was an Testmustern auf meinem Schreibtisch landet – ich weiß ja, was das Modell kostet und was mich demnach erwartet. Der Soundcore Q35 macht jedoch unmittelbar klar: „Ich gehöre zwar preislich zur Einsteigerklasse, aber klanglich nehme ich es mit den Giganten auf!“.
Die Klangqualität ist vorzüglich und muss sich nicht vor den Topmodellen verstecken. Allen voran zu nennen ist die geradezu mitreißende Dynamik, die der Q35 vermittelt: Wo harte Drums und tiefe Bässe im Spiel sind (z. B. „Open Air“ von Pusha T auf Amazon Music Unlimited), werden diese mit ordentlich Dampf und zugleich mit einer federnden Leichtigkeit wiedergegeben. Wie ein Schwergewichtsboxer, der schiere Kraft mit blitzschnellen Reaktionen vereint. Da spürt man regelrecht die Energie im Track – und dreht gerne noch etwas mehr auf. Nicht nur für die Preisklasse eine erstaunliche Darbietung. Selbst der deutlich teurere Bose QuietComfort 45 (siehe GIGA-Test) wirkt im direkten Vergleich unterkühlt und sachlich.
Trotz der bass- und damit auch spaßbetonten Abstimmung werden die Mitten und Höhen dabei nicht von den tiefen Frequenzen überlagert. Der Soundcore Q35 ist weit weg von einem dumpfen Klangcharakter – im Gegenteil, er bleibt stets klar und neigt schon leicht zur Euphorie. In Bildern gesprochen: Man kann einen Monitor so kalibrieren, dass Farben absolut natürlich wiedergegeben werden – oder man dreht Kontrast und Sättigung ein wenig auf, dann wirkt alles eine Spur aufregender. Das ist dann zwar nicht mehr streng neutral (wie etwa ein guter Studiokopfhörer sein sollte) – passt aber gut zu einem Kopfhörer, den man unterwegs trägt, um unterhalten zu werden.
Tragekomfort: Platz da!
Bisher habe ich immer gepredigt: Wenn man bei einem Over-Ear-Kopfhörer spart, dann bleibt meist der Tragekomfort auf der Strecke. Umso überraschter war ich, dass der Soundcore Q35 dieses „Gesetz“ ignoriert. Seine Gehäuse bieten auch großen Ohrmuscheln ausreichend Platz, das Gewicht ist mit rund 270 Gramm nicht zu hoch, die Polster sitzen angenehm auf.
Die Unterschiede zum Bose QuietComfort 45 machen sich aber dennoch bemerkbar: Dieser liegt noch ergonomischer an, eignet sich eher für stundenlange Dauereinsätze. Wildes Kopfschütteln lässt den Soundcore leicht verrutschen. Für Sport würde ich den Q35 daher nicht empfehlen, es handelt sich vielmehr um einen klassischen Reisekopfhörer.
Auch wenn der Soundcore Q35 erstaunlich bequem ist, wird er in der Disziplin vom teureren Bose geschlagen. Dieser ist dabei auch noch deutlich kompakter (flacher) gebaut, was sich in der Silhouette bemerkbar macht. Der Soundcore wirkt direkt daneben geradezu klobig. Eher ein modischer Aspekt als ein echtes Problem – zeigt aber gut, warum die Premiumklasse so viel mehr kostet.
Hardware, Design & Funktionen: Die Hausaufgaben gemacht
Der Soundcore Q35 ist stabil gebaut und knarzt nicht. Die Gehäuse fühlen sich aber weniger wertig an als beispielsweise die des Sony WH-1000XM4 (siehe GIGA-Test). Der Soundcore klingt beim Dagegenklopfen mit dem Fingernagel leicht hohl, als wäre da mehr Luft drin. Das stört aber im Alltag nicht und fällt auch nur im direkten Vergleich auf.
Das Noise Cancelling (ANC) blendet Umgebungslärm per Gegenschall aus. Am wirkungsvollsten ist das bei tiefen und monotonen Lärmquellen, wie etwa Motoren (Autos, Flugzeug, Föhn). Stimmen und andere Frequenzen aus dem mittleren Bereich dringen weiterhin durch, sind aber immerhin leicht gedämpft. Die Modelle Sony WH-1000XM4 und Bose QuietComfort 45 sind in der Hinsicht leistungsstärker. Der Soundcore Q35 bietet aber dennoch eine im Alltag brauchbare ANC-Performance. Das bei der Produktgattung normale Grundrauschen ist vergleichsweise niedrig.
Der Hersteller Anker verspricht eine sagenhafte Akkulaufzeit von bis zu 40 Stunden (ANC aktiviert). Ich kann das bestätigen, über mehrere Tage verteilt kam ich zusammengerechnet auf rund 44 Stunden! Das ist selbstverständlich von der Lautstärke abhängig, aber nichtsdestotrotz ein sehr guter Wert. Geladen wird per USB-C, das passende Kabel gehört zum Lieferumfang. Ein Netzteil ist nicht dabei, man muss also das von einem Handy verwenden oder sich eines besorgen. Da passt es, dass Anker einige empfehlenswerte Modelle im Portfolio hat, etwa das kompakte Anker 511 (Nano).
Der Soundcore Q35 unterstützt Multipoint Bluetooth – das ist ausgesprochen nützlich und selbst bei teureren Kopfhörern nicht immer vorhanden. Der Kopfhörer kann mit mehreren Abspielern (Handy, Laptop) gleichzeitig verbunden bleiben. Nerviges Neuverbinden beim Wechsel zwischen den Geräten entfällt. Per Klappmechanismus lässt sich der der Q35 zusammenfalten und kann in der zum Lieferumfang gehörenden Tasche transportiert werden.
Statt Touch-Oberflächen setzt der Soundcore auf intuitive Hardware-Tasten an den schmalen Seiten der Gehäuse. Die Tasten fühlen sich zwar etwas einfach an und könnten eine bessere Haptik vertragen, aber sie erfüllen ihren Zweck wunderbar. Eine sinnvolle Touch-Funktion ist aber vorhanden: Wenn man den Finger mittig auf die rechte Ohrmuschel legt, wird das ANC deaktiviert und der Wechsel in den Transparency-Mode ausgelöst, der Außengeräusche durchstellt. Es lohnt sich auch, die dazugehörige Handy-App („Soundcore“ für Android und iOS) zu installieren, die zahlreiche Einstellungen für das Noise Cancelling und den Klangcharakter (Equalizer) anbietet. Auch als Headset (Telefonieren, Videocalls) lässt sich der Soundcore Q35 gut verwenden. In mehreren Redaktionsmeeting habe ich eine gute Sprachverständlichkeit von den anderen Call-Teilnehmern bescheinigt bekommen.
Wertungen und Technische Daten
GIGA-Testwertung im Detail: Soundcore Life Q35
Kategorie | Wertung (max. 10) |
Klang | 9 |
Tragekomfort | 7 |
Hardware, Design & Funktionen | 7 |
Akku | 9 |
Gesamt | 8.0 |
Spezifikationen: Soundcore Life Q35
Typ | Over-Ear-Kopfhörer mit ANC |
Gewicht | ca. 270 g |
Akkulaufzeit | bis zu 40 Stunden (mit ANC) |
Besonderheiten | Klinkenbuchse (3,5 mm), Multipoint Bluetooth, LDAC (nur Android), Trageerkennung |
Testumgebung | Dieser Kopfhörer wurde von uns getestet unter iOS 15.4.1, zusammen mit der Soundcore App (Version 2.9.9) und der Firmware-Version 01.21. |