Vor knapp dreieinhalb Jahren hat Entwickler Respawn Entertainment mit Star Wars Jedi: Fallen Order eine hervorragende Grundlage geschaffen. Aber kann das Studio mit Star Wars Jedi: Survivor die Formel erweitern und eine packende Geschichte erzählen? Wir verraten es euch in unserem Test.
Das Abenteuer von Cal geht weiter
Der Spieler schlüpft abermals in die Rolle von Cal Kestis, der nun ein weitaus erfahrener Jedi-Ritter ist. Das Abenteuer startet nämlich fünf Jahre nach den Geschehnissen des ersten Teils. ACHTUNG! SPOILER ZUM VORGÄNGER! Wie ihr euch sicher erinnert, zerstörte Cal am Ende des Vorgängers den Holocronwürfel, der die Namen und Aufenthaltsorte aller Kinder der Galaxie enthielt, die der Macht gegenüber affin sind. So verhinderte er, dass das Imperium die Heranwachsenden verfolgen konnte. SPOILER: ENDE
Die Story von Jedi Survivor spielt also in der Star-Wars-Timeline ungefähr zur selben Zeit wie die Serie Obi Wan Kenobi auf Disney+ und circa neun Jahre vor dem Film Episode IV: Eine neue Hoffnung.
Zwar konnte Cal die zahlreichen Kinder vor der Verfolgung des Imperiums retten, allerdings ändert sich dadurch nichts an seiner eigenen Lage. Denn er wird weiterhin vom Imperium durch die Galaxie verfolgt und gejagt, da er die Rebellion natürlich nicht aufgegeben hat. Die Chancen der Rebellion und für das eigene Überleben stehen jedoch sehr schlecht und schwinden von Tag zu Tag. Allerdings macht Cal auf einem vergessenen Planeten eine Entdeckung, die die mögliche Kehrtwende bringen könnte.
Bei der Entdeckung ist Cal jedoch noch allein unterwegs, denn seine Crew ist anfangs nicht mehr mit von der Partie, mit der Ausnahme vom süßesten Droiden der Galaxie: BD-1, den ihr noch aus dem Vorgänger kennt.
Die Geschichte und die Charaktere, neue wie auch wiederkehrende, gehören zu den großen Stärken von Jedi Survivor. Um euch nichts zu spoilern, halte ich mich diesbezüglich kurz.
Während Cals neuem Abenteuer kehren alte Charaktere wie beispielsweise Greez, Cere und Merrin zurück und die alte Crew tritt in gewisser Weise erneut auf, jedoch leicht abgewandelt. Hierbei ist es jedoch schade, dass der Spieler während den Zwischensequenzen und den Dialogen nie genaue Informationen erhält, warum die Crew sich in den letzten fünf Jahren aufgeteilt hat. Ebenso wie nie erklärt wird, warum Cal auf einmal eine Narbe im Gesicht hat oder Greez nun einen mechanischen Arm besitzt.
Die Entdeckung von Cal, die eine Hoffnung für alle Verfolgten des Imperiums ist, ist jedoch plausibel dargestellt. Was zudem während der Story positiv heraussticht, ist die Charakterentwicklung der einzelnen Personen. Jeder besitzt eine eigene Geschichte und eine glaubwürdige Motivation, die für die jeweiligen Handlungen und Herangehensweisen verantwortlich ist.
Vor allem die innere Zerrissenheit von Cal ist sichtbar und für den Spieler spürbar. Im Verlauf der Story muss er entscheiden, wie weit er wirklich gehen will, um seine Freunde zu retten. Im Verlauf der Geschichte versteht er, dass nicht immer alles entweder schwarz oder weiß ist, sondern Graustufen existieren.
Zwar ist auch das Ende von Jedi Survivor gelungen, allerdings nimmt ein spezieller Charakter die Vorkommnisse wesentlich zu leicht hin und findet sich mit ihnen zu schnell ab, was zu idealistisch und wohlwollend dargestellt ist. Ich werde es euch nicht spoilern, aber euch wird es höchstwahrscheinlich auch auffallen, sobald ihr die Hauptstory durchgespielt habt.
Erweitertes Gameplay mit technischen Schwächen
Glücklicherweise besitzt ihr gleich zu Beginn von Jedi Survivor weiterhin einige der Machtfähigkeiten und Techniken, die Cal zum Ende des Vorgängers erlernt hatte.
Zudem ist weiterhin die Inspiration durch Soulslike-Spiele deutlich spürbar. Das zeigt sich einerseits in den Meditationspunkten, bei denen alle Gegner wieder respawnen und ihr eure Skillpunkte verteilen könnt, andererseits auch durch die Kampfmechanik selbst. Ihr könnt mit eurem Lichtschwert angreifen, blocken, parieren und müsst unblockbaren Angriffen ausweichen. Wer den Vorgänger gespielt hat, kennt die Vorgehensweise bereits. Dieses Mal fällt das Gegner-Repertoire jedoch größer aus, weswegen ihr neue Taktiken und Angriffsstrategien entwickeln müsst.
Ebenso hat sich am Metroidvania-Stil von Jedi Fallen Order nichts geändert. Planeten sind zu Beginn auch in Jedi Survivor nicht zu 100 Prozent erkundbar. Im Verlauf des Spiels schaltet ihr nach und nach neue Fähigkeiten frei, die euch nicht nur im Kampf weiterhelfen, sondern auch zuvor unerreichbare Wege eröffnen. Hierdurch lohnt sich eine Rückkehr zu bereits besuchten Planeten, da ihr neue Abschnitte der Welt entdecken könnt.
Das Gameplay von Jedi Survivor baut jedoch nicht nur auf dem ersten Teil auf, sondern erweitert es zudem noch. So besitzt ihr bereits zu Beginn von Jedi Survivor den Kampfstil „Ein Schwert“ und „Doppelklinge“. Im Verlauf des Spiels erhaltet ihr insgesamt fünf unterschiedliche Kampfstile: Ein Schwert, Doppelklinge, zwei Schwerter (welche im Vorgänger noch zeitlich begrenzt war), Blaster und Parierstange. Ihr könnt von ihnen immer zwei Stück gleichzeitig ausgerüstet haben und zwischen ihnen hin und her wechseln.
Ein Schwert dient als eine ausgewogene Kampftechnik, die in keinem Bereich sonderlich stark oder schwach ist. Die Doppelklinge dient für Crowd-Control, zwei Schwerter konzentrieren sich auf Geschwindigkeit, die Parierstange ist langsam, verfügt dafür aber über erhöhten Schaden und mit Blaster könnt ihr gleichzeitig ein Lichtschwert und eine Pistole tragen.
Ihr habt in eurer Waffenauswahl also eine vergrößerte Vielfalt. Je nach Sichtweise ist es aber schade, dass ihr nicht alle Kampftechniken unbedingt nutzen müsst. Es reicht völlig aus, wenn ihr zwei Lieblingskampftechniken habt, sie hochlevelt und bei ihnen bleibt. Wie gesagt, das ist sicherlich Ansichtssache. Einige Spieler würde wahrscheinlich gerne mehr dazu gedrängt werden, Kampfstile mitten im Kampf anpassen zu müssen.
Ich für meinen Teil muss aber sagen, dass ich es eher positiv sehe, dass das Spiel mich nicht dazu zwingt. Ich perfektioniere lieber zwei meiner Kampfstile, anstatt fünf nur mittelmäßig gemeisterte Kampftechniken nutzen zu müssen. Wenn ihr zwei Kampfstile meistert, könnt ihr weiterhin jede kommende Herausforderung meistern.
Das Gameplay und die Story weisen fast keine Schwächen auf, das sieht auf der technischen Ebene unserer PS5-Vorab-Version allerdings anders aus.
Im Qualitätsmodus des Spiels kommt es auch nach dem Day-0-Patch manchmal vor, dass Texturen erst später geladen werden. Im Performance-Modus tritt bei den Charakteren, hauptsächlich bei Cal, manchmal ein Ghosting-Effekt auf, der vor allem in Kämpfen sehr störend ist. Die Probleme sind seit dem letzten Patch auf jeden Fall besser geworden, einwandfrei läuft Star Wars Jedi: Survivor bei mir trotzdem nicht.
Neben den genannten Problemen steckte ich manchmal in der Map fest, woraufhin ich das Spiel neu starten musste. Das ist glücklicherweise seit dem letzten Patch jedoch nur noch ein einziges Mal vorgekommen. Zudem kam es beim Test zu mehrfachen Abstürzen, die zwemal sogar jeweils eine Stunde Fortschritt zunichte gemacht haben. Erfreulicherweise kam es seit dem letzten Update zu keinem weiteren Absturz.
Neben den erweiterten Kampfstilen und Machtfähigkeiten erhält Cal dieses Mal auch neue Bewegungsfertigkeiten. Die Jump’n’Run-Sektionen von Jedi Survivor sind dieses Mal erfreulicherweise etwas schwerer und machen unglaublich viel Spaß.
Und Gott sei Dank gibt es jetzt endlich eine Schnellreisefunktion, Hallelujah! Hierdurch ist das Reisen und das Entdecken von neuen Orten wesentlich angenehmer als noch im Vorgänger. Als nettes Gimmick gibt es dieses Mal auch Reittiere, damit ihr die manchmal sehr weitläufigen Landschaften schneller durchqueren könnt.
Neben kosmetischen Items, mit denen ihr euer Aussehen, eure Kleidung, BD-1 und euer Lichtschwert anpassen könnt, könnt ihr neben der Hauptmission auch bei Jedi: Survivor wieder zahlreiche Nebenmissionen abschließen. Im Vorgänger ist euer Schiff „Mantis“ eure Basis. Nun dient eine Kantina auf Koboh, die von Geez geleitet wird, als eure Hauptbasis. Im Verlauf des Spiels rekrutiert ihr neue Leute und macht die Kantina zu einem bewohnbaren Ort. Hierdurch schaltet ihr neue Nebenmissionen und Dialoge frei.
Test-Fazit
Die Charaktere in Jedi Survivor, mit ihren eigenen Motivationen und deren individuellen Charakterentwickelungen, stechen positiv hervor – etwas, womit ich zu Beginn des Spiels nicht gerechnet hatte. Die Story, die Charaktere und die Antagonisten können mehr als überzeugen. Zudem ist das Gameplay stimmig und positiv erweitert worden. Neben den neu eingefügten Features, wie beispielsweise Fast-Travel, sind auch die Möglichkeiten im Kampf ausgebaut worden und Gefechte weisen hierdurch eine größere Vielfalt als beim Vorgänger auf.
Wertung
“Zum Release läuft Star Wars Jedi: Survivor zwar noch nicht einwandfrei, allerdings ist das Gameplay und die Story so gut, dass es nicht allzu stark frustriert. Jeder, der schon immer ein Jedi sein wollte, kann mit dem Spiel seine Fantasie erfüllen. Respawn Entertainment hat seine Formel gekonnt erweitert.”