Die Entwickler vom Studio Shift Up bringen mit Stellar Blade ihr erstes Konsolenspiel auf den Markt. Wir verraten euch, ob ihr Debütspiel auf der PlayStation 5 gelungen ist, oder ob sie doch besser bei Mobile-Games geblieben wären.
Hinweis: Wir haben Stellar Blade circa 30 Stunden auf der PlayStation 5 getestet. Währenddessen kam es bei uns zu vier Abstürzen. Weitere technische Probleme traten nicht auf.
Was macht den Mensch zum Menschen?
In der futuristischen Welt von Stellar Blade lebt die Menschheit in einer Kolonie im Weltraum. Ihr spielt Eve, die von der Kolonie aus auf die postapokalyptische Erde zurückgeschickt wird. Eure Mission ist es, den Planeten von den Naytibas zu befreien. Dabei handelt es sich um mächtige und mitunter groteske Kreaturen, die die menschliche Zivilisation in den Abgrund getrieben und die Erde an sich gerissen haben. Die Zukunft der Menschen steht somit auf dem Spiel und um diese zu gewährleisten, müsst ihr alle Alpha-Naytibas auslöschen.
Während der Rückeroberung lernt ihr die zerstörte Welt durch die Augen von Eve kennen, die zum ersten Mal auf der Erde ist. Schritt für Schritt erfahrt ihr, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Durch das Lüften der Geheimnisse der Vergangenheit handelt die Geschichte irgendwann nicht mehr vom Kampf gegen die Naytibas, sondern stellt zentrale Fragen wie: Was macht die Menschheit aus? Was macht den Mensch zum Menschen? Können und sollten die menschlichen Bestandteile ausgetauscht werden? Egal, ob es sich um physische Attribute oder Wesens- und Charaktermerkmale handelt.
Die Geschichte von Stellar Blade kreiert einen Vibe, der einer Fusion aus Matrix, Nier Automata und Detroit: Become Human ähnelt. Die Story gibt genügend Motivation, um sie verfolgen und eines der mehreren möglichen Enden sehen zu wollen. Allerdings schafft sie es dennoch nicht, nachhaltig zu fesseln. Das liegt vor allem daran, dass die oben genannten Fragen, die das Spiel aufwirft, niemals tiefgründig genug beantwortet und behandelt werden. Die Auflösung des Ganzen ist etwas bräsig, egal bei welchem Ende. Stellar Blade bleibt leider an der Oberfläche der Thematik.
Nichtsdestotrotz kann die Story mitunter für die eine oder andere Überraschung sorgen und bietet durchweg gute Unterhaltung. Erwartet nur keine mitreißende emotionale Reise oder eine Geschichte, die euch mit großen Augen und feuchten Handflächen auf der Sofakante sitzen lässt. Denn die größten Stärken von Stellar Blade liegen definitiv in der Action.
Eine kurze Randnotiz, da es hierzu sicherlich zu vielen Diskussionen kommt: Die dargebotene Erotik, wozu auch Kamerawinkel in Videosequenzen zählen, dienen nur einem bestimmten Zweck. Oftmals stellt sich dabei die Frage, ob das wirklich hätte sein müssen. Dass Eve einen entsprechend Körperbau hat, finde ich übrigens völlig in Ordnung. Attraktive Protagonisten sind nichts Neues und meiner Meinung nach ist daran auch nichts verwerflich. Die Auflösung der Story liefert sogar Argumente, warum Eve aussieht wie sie aussieht. Zumindest wenn ihr gewillt seid, um die Ecke zu denken. Die Argumente verrate ich jetzt allerdings nicht, da ich nichts spoilern möchte. Wie bei allem jedoch macht die Dosis das Gift. Hier und da mit Reizen zu spielen kann durchaus dazugehören und kann mitunter auch als stilistisches Mittel eingesetzt werden. Das ist in Stellar Blade jedoch genau das Gegenteil. Die Masse an nahezu NSFW-Kostümen und -Kamerawinkeln dient lediglich nur einem offensichtlichen Zweck. Steht dazu, wie ihr möchtet, aber der gebotene Fanservice ist aus meiner Sicht zu hoch angesetzt und dient keinem tieferen Sinn.
Fast einwandfreie Action, die das Herz höher schlagen lässt
Wenn ihr schon mal irgendein Soulslike gespielt habt, wisst ihr, was euch mit dem Level-Aufbau von Stellar Blade erwartet. Ihr befindet euch entweder in einer Semi-Open-World oder in einem komplex gestalteten Abschnitt, in den ihr nach und nach weiter vordringt und euch durch manuell aktivierte Checkpoints (hier Lager) euren Fortschritt sichert. Ebenso könnt ihr Wege und Abkürzungen freischalten, die euer Vorankommen leichter machen.
Die dabei gebotene Action ist die größte Stärke des Spiels. Da es keine Ausdauerleiste gibt, sind die Kämpfe von euren Reflexen bestimmt und zeichnen sich durch hohe Geschwindigkeit aus. Außerdem könnt ihr manche Kombos durch Blocken, Parieren oder Ausweichen canceln, was die Kämpfe noch schneller macht. Neue Fertigkeiten schalten sich zudem in einem angemessenen Tempo frei, sodass Gefechte nie langweilig werden und sich euer Repertoire stetig um nutzvolle Fähigkeiten erweitert.
Nichtsdestotrotz weist das Gameplay auch Mängel auf, die zeigen, dass das Entwicklerstudio in Bezug auf Konsolenspiele noch viel zu lernen hat. Darunter zählt auch die steile Anhebung des Schwierigkeitsgrades, die deutlich merkbar gegen Ende des Spiels erfolgt. Nicht jeder Spieler wird ihn mögen. Ich habe ihn zwar begrüßt, allerdings fällt der plötzliche Anstieg sehr stark aus. Er hätte durchaus geschmeidiger und gleichmäßiger in das Geschehen integriert werden können.
Wie oben bereits erwähnt, könnt ihr feindliche Angriffe auch parieren. Nach jeder Parade verlangsamt sich für einen kurzen Augenblick die Zeit. Hört sich eigentlich so an, dass die Action hierdurch leichter wird. Es ist jedoch das Gegenteil der Fall. Wenn Gegner, vor allem Bosse, viele schnelle Schläge hintereinander durchführen, bringt die Zeitverlangsamung mehr negative als positive Effekte mit sich. Da bei Paraden das Erkennen vom Rhythmus der feindlichen Attacken der Schlüssel zum Erfolg ist, erschwert die Verlangsamung euer Timing. Erfolgreiche aufeinanderfolgende Paraden fielen mir deswegen schwerer als beispielsweise bei Sekiro: Shadows Die Twice. Der Rhythmus der Angriffe wäre ohne die Verlangsamung leichter zu erfassen. Nichtsdestotrotz ist das die einzige deutliche Schwäche, die Stellar Blade in der Kampfmechanik mitbringt.
Weitere Makel stören vielleicht nicht jeden Spieler und gehören eher zu den „Quality of Life“-Features, die das Erlebnis abrunden würden. So ist die Schnellreisefunktion etwas unbeholfen. Mit ihrer Hilfe könnt ihr nämlich nicht zu allen gefundenen Lagern reisen, sondern nur zu bestimmten. Außerdem könnt ihr nicht zwischen den unterschiedlichen Regionen/Leveln hin und her reisen, sondern müsst immer erst einen Zwischenschritt zu eurem Schiff tätigen.
Ebenso gibt es in der Semi-Open-World so einige „Invisible Walls“, wo eigentlich keine sein müssten, was natürlich den Spaß an der Erkundung mindert. Zudem fühlt sich das Springen während der ersten 8 Spielstunden unpräzise und schwammig an. Sobald ihr den Doppelsprung freischaltet verbessert sich diese Mechanik zwar, aber auch danach stellt sich Eves Hopserei immer noch als Diskrepanz zu ihrer geschmeidigen Kampfkunst dar.
Test-Fazit
Stellar Blade erfüllt alle Faktoren, die ein gutes Action-Adventure haben sollte. Allerdings weist das Konsolendebüt von Entwickler Shift Up auch ein paar Mängel auf, die hätten vermieden werden können. Vor allem wenn es um Erkundung und „Quality of Life“-Features geht. Nichtsdestotrotz stillt Stellar Blade definitiv das Verlangen nach schnellen, mitreißenden und anspruchsvollen Kämpfen. Hoffentlich kommt es zu einer Fortsetzung, denn Shift Up hat nun bewiesen, dass sie großes Potential haben, um weitere Action-Hits zu liefern.
Wertung
“Ein gelungenes Konsolendebüt von Shift Up, das aber auch ein paar Fehltritte begeht. Wenn ihr Action en masse haben wollt, seid ihr bei Stellar Blade genau richtig.”