Knapp neun lange Jahre hat das nächste King of Iron Fist Tournament auf sich warten lassen. Warum Tekken 8 alles richtig macht, aber in einem wichtigen Aspekt schwächelt, erfahrt ihr im Test zur PS5-Version.
Bis einer weint – die Geschichte von Tekken 8
Mit Höchstgeschwindigkeit rast Jin Kazama auf seinem Motorrad durch eine dichtbesiedelte Metropole, ehe er ein Hochhaus als Sprungschanze nutzt und seinen fahrbaren Untersatz in der Luft auf einen Helikopter schleudert. Dieser kracht zu Boden, doch aus den Flammen steigt Jins Vater Kazuya Mishima empor – was für ein Intro.
Umringt von Explosionen und lodernden Flammen hauen sich die beiden Kontrahenten nicht zum ersten Mal so richtig auf die Schnauze, während ihr wild auf die Tasten hämmert. Jin muss seine Vergangenheit überwinden und Kazuya endgültig stoppen, der in klassischer Schurken-Manier jegliche Macht an sich reißen und eine Welt nach seinem Belieben erschaffen will.
Ihr steuert die Gliedmaßen von Jin sowie anderen Charakteren und spielt die Faustkämpfe in diesem ewigen Familienkonflikt nach. Die Geschichte von Tekken 8 ist unterhaltsam, komplexe Handlungsstränge und Charakterentwicklungen solltet ihr aber nicht erwarten. Im Vergleich zur Handlung diverser „Mortal Kombat“-Spiele, ist der Umfang mit 15 kurzen Kapiteln auch eher mager. An zwei bis drei Abenden habt ihr vermutlich schon den letzten Uppercut gesetzt.
Dafür ist der Story-Modus bombastisch inszeniert. Spaßige Kämpfe werden nur von aufwendigen Zwischensequenzen in Render-Grafik unterbrochen und die sogenannte „Operation Rebellion“ sorgt für Abwechslung. Hier bewegt ihr euch in einem kleinen Gebiet fort, während ihr Gegnergruppen vermöbelt und mit wenigen Schlägen auf die Bretter schickt – das erinnert etwas an Dynasty Warriors.
Erfrischende Neuerungen runden das ohnehin gute Kampfsystem ab
Fighting Games völlig neu zu erfinden, ist vermutlich unmöglich. Umso wichtiger sind spannende Neuerungen, die das Gameplay auffrischen und eine neue Meta etablieren. Davon bietet Tekken 8 einige.
Für Neulinge und Gelegenheitsspieler wird eine völlig neue Eingabemethode eingeführt, die den Einstieg immens erleichtert: der Spezialstil. Komplizierte Combos oder Spezialmoves aller Charaktere werden stark vereinfacht und auf wenige Tasten-Kombinationen begrenzt.
Drückt ihr drei Mal Dreieck, entfacht ihr bei aktivem Spezialstil eine lange Luftcombo, die ansonsten komplexe Tasteneingaben erfordert. Besonders toll: Den Spezialstil könnt ihr jederzeit im Kampf per Knopfdruck ein- und ausschalten.
Einen Nachteil hat diese vereinfachte Eingabe von Combos allerdings. Es sind nämlich nur ausgewählte Combos und Spezialmoves möglich. Wollt ihr einen Charakter meistern und alle Techniken lernen, müsst ihr früher oder später zur klassischen Arcade-Steuerung wechseln.
Tekken 8 belohnt einen aggressiven Spielstil, das unterstützt auch das neue Heat-System. Unter der Gesundheitsleiste hängt die blaue Heat-Anzeige, die ihr ein Mal pro Runde per Combo oder vereinfacht per Knopfdruck aktiviert.
Während Heat durch eure Adern fließt, fügen Treffer mehr Schaden zu – sogar bei erfolgreichem Blocken nagen Schläge und Tritte etwas am Gesundheitsbalken des Empfängers. Bevor sich die Leiste leert, aktiviert ihr den Heat-Smash. Eine mächtige Spezialattacke, die optisch nicht nur sehr eindrucksvoll inszeniert ist, sondern auch gut und gerne einen Kampf mit einem Treffer entscheidet. Der Heat-Smash ähnelt dem Rage Drive aus Tekken 7.
Als Avatar die Arcade-Hallen unsicher machen
Ein neuer Modus darf auch nicht fehlen. In Arcade-Quest erstellt ihr einen comicartigen Avatar und betretet die bunte Welt der Spielhallen. Mit eurem Lieblingscharakter tretet ihr gegen die besten Tekken-Spieler der Welt an, während ihr die Rangliste erklimmt und der Schwierigkeitsgrad zunimmt.
Arcade-Quest ist ein Offline-Modus, in dem ihr gegen die KI antretet. Zudem dient das Gameplay als Tutorial für Techniken, Combos und andere nützliche Fähigkeiten. Ein weiteres Plus für Serien-Neulinge oder eingestaubte Veteranen. Seid ihr Tekken-Experte, könnt ihr die vielen Textboxen aber auch überspringen und euch aufs Fäustewerfen konzentrieren.
Im Grunde ist dieser neue Modus vergleichbar mit Arcade Battles aus vergangenen Tekken-Ablegern. Die aneinandergereihten Kämpfe sind hier allerdings schöner verpackt, weil ihr die Arcade-Hallen zu Fuß erkunden und euch Gegner aussuchen könnt. Für etwas mehr Langzeitmotivation sorgen dann noch Belohnungen in Form von coolen Kleidungsstücken, Accessoires oder Frisuren, mit denen ihr euren Avatar verschönert.
Drei neue Charaktere für mehr Vielseitigkeit
Nicht unerwähnt dürfen die drei neuen Charaktere bleiben, die eine erfrischende Ergänzung zum ohnehin sehr vielseitigen Roster darstellen. Reina fällt nicht nur durch ihre leuchtenden lila Strähnen im Haar auf, sie „jugglet“ Gegner verdächtig ähnlich durch die Luft, wie es einst nur Heihachi Mishima getan hat.
Da der alte Tattergreis aufgrund von Handlungssträngen nicht mehr Teil der Charakter-Auswahl ist, bekommt ihr mit Reina also einen geeigneten Ersatz mit etwas mehr Tempo und Mobilität. Kaffeeliebhaber dürften die energiegeladene Azucena schnell ins Herz schließen, die zwischen den Kämpfen von nichts Anderem redet.
Ihre Fähigkeiten in Mixed Martial Arts machen sie zu einem gefährlichen Allrounder mit einem ausgeprägten Offensiv-Stil. Im Oktagon wäre von einem „Striker“ die Rede. Viktor, der dritte und letzte neue Kämpfer, erinnert nicht nur optisch an Snake aus Metal Gear Solid.
Auch Viktor bedient sich am sogenannten „Close Quarter Combat“ und zückt Waffen wie ein Lichtschwert oder eine Pistole, um für den einen oder anderen Überraschungseffekt im Kampf zu sorgen. Für Neulinge dürften seine Combos etwas zu komplex sein.
Viel schöner kann ein Fighting Game kaum sein
Was die Unreal Engine 5 im Einklang mit Faustschlägen, zerschmetternden Objekten und dynamischen Stages auf den Bildschirm zaubert, ist beispiellos schön. Tekken 8 läuft in 4K-Auflösung konstant mit 60 FPS – nicht ein einziger Ruckler war der Auslöser für einen ehrenlosen Gegnerkonter.
Im Regen könnt ihr quasi dabei zusehen, wie sich Schweißperlen und Niederschlag auf den detaillierten Charakter-Modellen vermischen und Stages wirken dank zerstörbarer und interaktiver Objekte sowie dynamischer Hintergründe viel lebendiger.
Bunte Treffereffekte, aufwendig inszenierte Spezialmoves und leuchtende Leisten hier und da, sorgen für ein wahres Effektfeuerwerk. Trotz der knallbunten Optik wirkt der Stil von Tekken 8 erwachsener. Das ist schwer zu beschreiben, dürfte aber auch am Aussehen der Haudegen liegen.
Warum Tekken 8 nicht perfekt ist
Tekken 8 ist sich seiner Stärken bewusst und baut diese konsequent aus. Das komplizierte Kampfsystem wird dank einsteigerfreundlichen Funktionen zugänglicher, Profis finden Motivation in neuen Spielmechaniken und altbewährte Modi wurden durch frische Neuerungen verbessert.
Bei all dem Lob gibt es allerdings auch einen Kritikpunkt, der dem starken Auftritt des Fighting Games ein paar Strafpunkte kostet. Modi wie die Story oder Arcade-Quest sind sehr spaßig, aber schlichtweg zu kurz. Wer viel und gerne Prügelspiele zockt, wird vermutlich tagelang in Online-Lobbys verbringen. Wer sich aber nicht gerne von Profis aus aller Welt vermöbeln lässt, dem wird die Langzeitmotivation fehlen.
Viel Potenzial lässt auch die Charakteranpassung liegen. Mit erspieltem Preisgeld könnt ihr Kleidungsstücke, Accessoires oder Kostüme kaufen und Kämpfer individualisieren. Das ist ziemlich unterhaltsam, leider gibt es viel zu wenige solcher Anpassungsgegenstände, die zum Großteil auch aus Vorgängern bekannt sind.
Wertung
“Die letzten Monate waren ein Freudenfest für Prügelknaben: Mortal Kombat, Street Fighter, Tekken ... alle diese Serien glänzen mit neuen Ablegern und Tekken 8 sehe ich ganz weit vorne. Das Kampfsystem von Tekken ist für mich das beste und komplexeste, trotzdem habe ich mit Street Fighter 6 mehr Zeit verbracht, was am gelungenen „World Tour“-Modus liegt. Alleine hier habe ich mich locker 50 Stunden lang geprügelt und meinen eigenen Charakter ganz nach meinen Vorzügen entwickelt. So ein fesselnder Modus fehlt mir etwas in Tekken 8. Das ist allerdings auch einer der ganz wenigen Kritikpunkte am Fighting Game von Bandai Namco. Ihr habt eine Affinität für Prügelspiele oder zockt gerne mit Freunden zu zweit auf der Couch? Dann könnt ihr bedenkenlos zugreifen und werdet ganz viel Spaß haben.”