Sie kriegen den Hals nicht voll: Statt den Gürtel endlich mal enger zu schnallen, hält der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland wieder die Hand auf und fordert eine Gebührenerhöhung. Eine Unverschämtheit in Anbetracht der gebotenen Gegenleistung.
Unbemerkt von der Öffentlichkeit leidet eine Gruppe in diesem Land an besonderer Existenzangst. Wer jetzt an alleinerziehende Mütter, flaschensammelnde Rentner oder Obdachlose denkt, irrt aber. Es ist nämlich der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der in Wahrheit am Hungertuch nagt. Mit mickrigen 7,9 Milliarden Euro müssen ARD, ZDF und Deutschlandradio im Jahr auskommen. Kein Wunder also, dass jetzt die Rufe nach einer Erhöhung des Rundfunkbeitrages laut werden.
Rundfunkbeitrag: Bürger als Selbstbedienungsladen?
Aktuell liegt der Beitrag bei 17,50 Euro pro Haushalt und Monat. Sollten die Bundesländer einer geforderten Gebührenerhöhung nicht zustimmen, will ARD-Vorsitzender Ulrich Wilhelm im Notfall sogar vors Bundesverfassungsgericht ziehen und klagen. Auf die Idee, dass die Öffentlich-Rechtlichen auch mal sparen könnten, kommt Wilhelm offensichtlich nicht. Anscheinend sieht der ARD-Mann, der mit einem Jahresgehalt von 367.000 Euro mehr verdient als der französische Staatspräsident, die Menschen in diesem Land als Selbstbedienungsladen.
Während der politische Streit um eine Erhöhung des Rundfunkbeitrages weitergeht, zappelt der Beitragsservice nicht lange und verschickt derweil nach einem Datenabgleich mit den Einwohnermeldeämtern knapp 3 Millionen Briefe an Bundesbürger. Damit will die ehemalige GEZ auch den letzten aufspüren, der sich der Zwangsabgabe entzieht. So viel Doppelmoral war wirklich selten: ARD und ZDF lassen keine Gelegenheit aus, um gegen US-Konzerne wie Amazon und Google zu polemisieren – wenn es aber um mögliche Gebühren-Preller geht, hat man plötzlich keine Datenschutzbedenken mehr und nimmt es achselzuckend hin, dass Millionen Bürger durchleuchtet werden.
Vielleicht sollte sich der Verfassungsschutz Hilfe vom Beitragsservice holen: Der NSU hätte sich vor dem alles sehenden Auge der Gebühreneintreiber wohl nicht verstecken können.
Zum Fremdschämen: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Deutschland
Wie gigantisch die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim öffentlichen-rechtlichen Rundfunk in Deutschland ist, zeigte unlängst Thomas Bellut: „Ohne eine Beitragsanpassung ist das Qualitätsniveau auf keinen Fall zu halten“, sagte der ZDF-Intendant zur aktuellen Debatte. Allein: Von welchem „Qualitätsniveau“ spricht Herr Bellut eigentlich? Mittlerweile sind ARD und ZDF so flach und austauschbar wie jeder Privatsender. Dass es übrigens auch anders geht, beweist ein Blick nach Großbritannien.
Zwar hat der dortige öffentlich-rechtliche Rundfunk deutlich weniger Mittel zur Verfügung, schafft es aber dennoch in schöner Regelmäßigkeit, qualitativ hochwertige Serien wie „Sherlock“, „Dr. Who“ oder „Bodyguard“ abzuliefern. Vom Nachrichtenangebot der BBC, das weltweit als Paradebeispiel für exzellenten Journalismus gilt, ganz zu schweigen. Und was bekommen wir in Deutschland für unsere 7,9 Milliarden Euro? Serien zum Fremdschämen wie „Der Bergdoktor“ oder „In aller Freundschaft“, langweilige Volksmusikfeste und natürlich das fragwürdige Berufsverständnis von Haltungs-Journalisten, die im Namen der „guten Sache“ bedenkenlos jeden publizistischen Grundsatz über Bord werfen und sich zum Erzieher der Nation aufschwingen.
Wie andere Mitglieder GIGA-Redaktion über den Rundfunkbeitrag denken:
Politik muss Gebührenerhöhung Absage erteilen
Die Politik darf nicht einknicken und muss den unverschämten Forderungen nach einer Gebührenerhöhung eine glasklare Absage erteilen. Stattdessen müssen ARD, ZDF und Deutschlandradio endlich den Gürtel enger schnallen und sparen. Das fängt bei den exorbitanten Gehältern an und endet beim Überangebot der Rundfunkanstalten. Ein Bundesland wie das Saarland, das mit 994.000 Menschen weniger Einwohner als Köln hat, braucht keine eigene Rundfunkanstalt.
Länder wie die USA zeigen auf dramatische Weise, in welche Richtung sich Gesellschaften ohne starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk entwickeln können. Gerade deshalb ist es wichtig, dass vor allem ARD und ZDF hierzulande nicht ihren Rückhalt in der Bevölkerung verlieren. 17,50 Euro im Monat sind für Millionen eine Menge Geld. Forderungen nach einer Erhöhung des Rundfunkbeitrages sollten daher nicht allzu leichtfertig erhoben werden.
Hinweis: Die in diesem Artikel geäußerten Meinungen stellen ausschließlich die Ansichten des Autors dar und sind nicht notwendigerweise Standpunkt der gesamten GIGA-Redaktion.