Eine verstorben geglaubte Handy-Marke kehrt zurück und möchte als winziges „Zweit-Smartphone“ wieder einen Platz in unseren Hosentaschen erobern. Interessant … zeichnet sich da etwa ein neuer Trend abseits vom riesigen Apple iPhone XS Max und Galaxy Note 9 mit Android ab? Oder ist die Idee zum Scheitern verurteilt? Meine Gedanken dazu in der aktuellen Wochenendkolumne.
Palm – einstiger PDA- und Smartphone-Pionier und eine vergessene Alternative zu Apple und Android. Seinerzeit zuletzt von HP gekauft und kurz darauf gnadenlos liquidiert worden, kehrt jetzt als „Marken-Zombie“ zurück. Meint, das ursprüngliche Palm weilt nach wie vor im Totenreich, allein der Name kehrt im lustigen Untoten-Portfolio von TCL zurück. Die Chinesen heimsten nämlich schon zuvor die Markenrechte von Blackberry ein, die offiziell auch keine Smartphones mehr herstellen wollten und ihre Seele … ähhh … die Namensrechte an TCL für die Fertigung von Handys abtraten.
Zweit-Smartphone von Palm: Alternative zur Smartwatch?
Das neue Telefon heißt schlicht Palm und kommt mit einem 3,3-Zoll-Display und Abmessungen von 50,6 x 96,6 x 7,4 mm als echter Winzling daher. Android 8.1 versteckt sich hinter einer neuartigen Benutzeroberfläche, die verdächtig an die der Apple Watch erinnert. Wie auch die Smartwatch soll auch das neue Palm-Handy ein Begleiter fürs eigentliche, größere Smartphone werden – gleich ob iPhone oder ein Modell von der Android-Fraktion.
Der Kollege Dieter Bohn von The Verge stellt das neue Palm Phone ausführlich vor:
Ein Begleiter? Die Idee dazu kurz umrissen:
- Das neue Gerät von Palm kann als Zweitgerät für die Wochenenden angesehen werden, das große Smartphone bleibt derweil daheim.
- Die Leistungsfähigkeit ist eingeschränkt – ein Snapdragon 435 vollbringt im Jahr 2018 halt keine Wunder. Macht aber nichts, denn …
- … der Palm soll eh so wenig wie möglich verwendet werden und so für Ruhe beim Anwender sorgen. Es gibt sogar eine Funktion, mit der alle Benachrichtigungen abgeschaltet werden können.
- Die Telefonnummer teilt sich der Palm mit dem „Haupt-Smartphone“ des Nutzers – Telefonate und Nachrichten stehen also gleichermaßen auf beiden Geräten zugleich zur Verfügung.
Meine Gedanken zum Wochenende: Die Kolumne möchte Denkanstöße liefern, zur Diskussion aufrufen und den „News-Schwall“ der Woche zum Ende hin reflektieren. Eine kleine Auswahl der bisherigen Artikel der Kolumne:
- „Zu groß in der Hand“: Feministinnen kritisieren Apple
- iPhone XS (Max) mit explodierenden Preisen: Darum zockt Apple beim Handy-Speicher ab
- Apples iPad feixt sich eins: Google verliert endgültig Glauben an Android-Tablets
Klingt das noch immer interessant für euch? Moment, es wird noch „besser“…
- Der neue Palm soll rund 350 US-Dollar kosten und ab November erst mal nur in den USA verfügbar sein.
- Frei kaufen kann man ihn aber nicht, denn nur Verizon-Kunden erhalten das Gerät.
- Aber auch nur dann, wenn es zu einem existierenden Vertrag des Providers für 10 Dollar zusätzlich im Monat hinzugenommen wird.
Wow! Endlich findet mal ein Mobilfunkanbieter den eigentlichen Nutzen für eine Multicard-SIM heraus. Nicht etwa um einem Tablet oder Notebook die Option zu geben, das Internet mit demselben Vertrag des Smartphones zu nutzen. Nein, die Multicard ist fürs Zweit-Smartphone da – cool, oder?
Bald ist Halloween – die Gelegenheit für eine Auferstehung von noch mehr toten Handy-Marken:
Der erfundene Markt für das Palm-Smartphone
Sarkasmus beiseite … und direkt formuliert: Was für ein Bull**it! Der neue „Palm-Begleiter“ dient nach der aktuellen Faktenlage einzig und allein dazu, die Margen des Providers zu steigern. Der Kunde wird mit einem Problem konfrontiert, was keines ist. Möchte ich nämlich wirklich konsequent aufs Smartphone verzichten aber dennoch erreichbar sein, dann greife ich zur Smartwatch mit eSIM – eine Apple Watch Series 4 wäre da eine Option. Ist kompakter und bietet noch mehr Einsatzmöglichkeiten. Möchte ich ungestört sein, aktiviere ich einfach die passende Funktion unter Android und iOS am „Haupt-Smartphone“. Möchte ich wirklich ein Zweit-Smartphone, dann hole ich mir noch wesentlich günstigere, aber trotzdem leistungsfähigere Geräte im freien Markt. Binde mich dafür aber nicht an einen einzigen Provider beziehungsweise hol mir einfach bei Bedarf eine Multicard beim Anbieter meines derzeitigen Vertrauens.
Eine verpasste Chance für Apple und Herstellern von Android-Smartphones sehe ich beim neuen Palm also nicht, der Winzling bedient einen Markt, den so gar nicht gibt. Das eigentliche Problem ist ein ganz anderes …
So etwas hätten wir uns von Palm gewünscht – klein, aber leistungsfähig wie ein Profi, wie einst das iPhone SE:
Hier liegt die echte Chance für Apple und Android
Eine echte Innovation wäre es doch mal dagegen ein Premiumgerät mit kompakten Abmessungen und einem trotzdem ausreichend großen Display vorzustellen. Kurz und gut: Wir brauchen kein Zweit-Smartphone, sondern ein iPhone XS mit den Abmessungen eines iPhone SE. So etwas gibt’s nicht, weder bei Apple, noch bei Android. Hier hätte der neue Palm punkten können, stattdessen ist das baldige Ende dieses skurrilen Vertriebsexperimentes abzusehen – mal wieder. Schade um den einst guten Namen, der dann für die nächsten 10 Jahre erneut verbrannt ist.
Quelle: Palm
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