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Mastodon: Erfahrungen und Tipps für Twitter-Umsteiger


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Bei Twitter geht’s drunter und drüber und so mancher denkt da über einen Umzug nach. Mastodon wird als heißer Kandidat für eine ernsthafte Twitter-Alternative gehandelt. Ich hab’s ausprobiert, erzähle euch von meinen Erfahrungen und helfe euch mit ein paar Tipps, wie ihr bei Mastodon startet – im Video und in Textform.

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Ich mache hier keine Diskussion auf, ob es sinnvoll ist, bei Twitter zu bleiben oder zu Mastodon zu wechseln. Ihr habt auf den Artikel geklickt, also werdet ihr das zumindest erwägen. Und den Rest wird Elon Musk ja vielleicht in den nächsten Tagen und Wochen erledigen.

Mastodon-Erfahrungen: Alternative oder Ersatz zu Twitter?

Mastodon ist aus meiner Sicht eine Twitter-Alternative, aber kein Twitter-Ersatz, zumindest nicht 1:1. Manches macht Mastodon besser, manches schlechter, einiges vor allem anders. Mastodon ist quelloffen, das heißt jeder kann sich die Software auf dem eigenen Server installieren – und das haben auch schon tausende gemacht.

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Auf mich macht Mastodon bislang einen chaotischen, aber liebenswerten Eindruck, ein bisschen so wie das Twitter, das ich vor 15 Jahren kennen- und lieben gelernt habe. Es ist wesentlich mehr los als ich gedacht hätte und als ich es auch von früheren Projekten kenne, die als Twitter-Konkurrenz gehandelt wurden. Zudem fühlt es sich an, als ob viele User wirklich von Twitter umgezogen sind, also auch mental.

Die Mastodon-Timeline ist chronologisch – gut so!
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Persönlich empfinde ich es als Segen, dass ich bei Mastodon eine echte chronologische Timeline habe, ohne algorithmische Vorsortierung. Ich habe in ein paar Tagen viele interessante Accounts und nette Leute gefunden, denen ich jetzt folge, das macht einfach Spaß. Ich mag, dass die Druko-Trolle (noch?) nicht dabei sind, dass der Dienst nicht auf Nutzungszeitaufblähung optimiert ist, oder mich gar auf Schritt und Tritt tracken will.

Mastodon ist dezentral, und damit robuster als Twitter. Wenn eine Instanz technische Probleme hat, funktionieren die anderen weiter. Es gibt keine zentralen Entscheidungsträger, keinen Verwertungsdruck für die Instanzenbetreibenden. Wenn mir die Regularien auf einer Mastodon-Instanz nicht gefallen oder sie zu viel technische Probleme hat, kann ich einfach die Instanz wechseln.

Außerdem ist super, dass es so viele Apps und Oberflächen gibt, die – anders als bei Twitter – Zugriff auf alle Features haben. Ein Hoch auf offene APIs, auf Open Source und das Fediverse!

Und klar, es gibt hier und da technische Probleme, die vor allem daher rühren, dass sich gerade unheimlich viele Leute neu bei Mastodon anmelden. Und man braucht ein wenig Zeit, um die technischen Basics, aber auch die Kultur bei Mastodon zu verstehen. Aber in 24 Stunden war ich zum Beispiel voll drin und hatte das Wichtigste verstanden.

Server, Instanzen und Fediverse: Was Mastodon anders macht als Twitter

Mastodon ist anders organisiert als Twitter. Es gibt nicht den einen Server in der Mitte, und auch nicht den einen Typen, der entscheidet, wie es weitergeht. Das ist gut – größtenteils.

Mehr als nur Mastodon: Das Fediverse hat unterschiedliche Anwendungen, die aber zusammen funktionieren. (© fediverse.party)

Mastodon ist Teil eines verteilten Netzwerks, des Fediverse. Darin gibt es viele sogenannte Instanzen. Das sind Server, auf denen Mastodon oder auch eine andere Fediverse-kompatible Software installiert ist – welche es gibt, kann man auf fediverse.party sehen. Mastodon ist die beliebteste, aber es gibt auch noch zum Beispiel die YouTube-Alternative PeerTube, das Fediverse-Pendant zu Instagram, Pixelfed und weitere. Cool daran ist, dass ihr auf Mastodon auch Accounts auf anderen Fediverse-Applikationen folgen könnt. Stellt euch das so vor, als ob ihr mit eurem Twitter-Account direkt einem Account bei Instagram folgen oder einen Kanal bei YouTube abonnieren könntet – mit den Fediverse-Pendants geht das.

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Manche Instanzen haben hunderttausende Nutzer, manche nur einen. Und die können alle untereinander kommunizieren. Das ist so ein bisschen wie bei E-Mail, entsprechend sehen auch Nutzernamen anders als bei Twitter aus, das Schema ist: @nutzername@instanz.tld. Die Instanzen werden von unterschiedlichen Leuten gepflegt und moderiert, zumeist ehrenamtlich, auch die Regeln variieren. Seinen Account legt man auf einer dieser Instanzen an und dort loggt man sich auch in Mastodon ein, bei mir zum Beispiel ist das die Seite berlin.social.

Instanzen können mehr oder weniger starke Communities in sich sein. Es gibt allgemeine Instanzen, solche für Künstler:innen, Pfadfinder:innen, Paläontolog:innen , Metal-Fans , Feuerwehrleute, Eisenbahn-Enthusiast:innen, deutsche Parteien, lokale Instanzen für Städte und Bundesländer (nrw.social, berlin.social, hessen.social) und so weiter. Auch der Bund und die EU betreiben eigene Instanzen – für Privatmenschen ist eine Anmeldung hier allerdings nicht möglich. Ihr könnt euch sogar eine eigene Instanz aufmachen, für euch persönlich, für eure Familie, den Freundeskreis oder eine größere Community. Entweder installiert ihr dafür die Software auf einem eigenen Server oder ihr nutzt dafür einen Mastodon-Hoster.

Das Wichtigste daran ist aber, dass man auch den Leuten auf anderen Instanzen folgen und mit ihnen kommunizieren kann. Wenn es einem irgendwo nicht mehr gefällt, kann man mit wenig Aufwand von einer auf eine andere Instanz umziehen kann. Ihr könnt sogar ganze Instanzen blockieren. Fiktives Beispiel: Sollte es jemals eine Instanz für Fans der Kelly Family geben, kann ich die mit zwei Klicks aus meiner Timeline kicken – gut für meine seelische Gesundheit.

So, und wenn ihr bis jetzt durchgehalten habt, hier meine Tipps zum Einstieg.

Mit Mastodon starten: So geht’s schnell und einfach

Schritt 1: Such dir eine Instanz aus

Ich würde empfehlen, am Computer anzufangen, das ist in mancher Hinsicht einfacher als am Smartphone.

Am besten finde ich fürs Finden einer passenden Mastodon-Instanz die Seite instances.social. Da könnt ihr mit wenigen Klicks eine Instanz finden, die zu euch passt. Zwei Tipps: Ich würde eher eine mit mittlerer Größe wählen, also eine mit ein paar hundert oder wenigen tausend Usern. Die großen Instanzen ächzen nämlich gerade unter dem Zustrom an Nutzern und haben hier und da technische Probleme. Bei den ganz kleinen weiß man nicht, wie lange die existieren. Aber lasst euch von der Instanz-Auswahl auch nicht paralysieren, man kann später jederzeit auch einfach die Instanz wechseln. Einfach loslegen, der Rest kommt dann schon von selbst.

Auf der Instanz-Startseite erstellt ihr euch einen Account. Kleiner Tipp dazu: Wenn die Bestätigungsmail nicht ankommt, im Spamordner schauen und ggf. ein paar Minuten warten. Nach der Erstellung solltet ihr euer Profil ausfüllen und vielleicht einen ersten Post absetzen, in dem ihr euch vorstellt. Hashtags: #NeuHier und/oder #Introduction. Das hilft anderen Leuten zu entscheiden, ob sie euch folgen sollen. Außerdem könnt ihr in den Einstellungen gleich Multifaktor-Authentifizierung aktivieren, auf diese Weise erschwert ihr möglichen Unholden den Diebstahl eures Accounts ungemein.

Es gibt auch ein paar ungeschriebene Regeln und technische Limitierungen, hier ein paar passende Tröts zum Starten. Ja, Tweets heißen bei Mastodon wirklich so, werden aber in der bald erscheinenden Version 4.0 von Mastodon in Posts umbenannt.

Schritt 2: Leuten folgen

Der Account alleine nützt natürlich noch nix, ihr wollt natürlich auch Leuten folgen, damit was los ist in eurer Timeline. Dafür hier ein paar Tipps.

Falls ihr vorher bei Twitter wart, schaut als erstes, welche von euren Twitter-Kontakten schon bei Mastodon sind. Ich selbst war überrascht, dass das bei mir bereits Dutzende waren. Dafür gibt es zum Beispiel die Services Twitodon und fedifinder. Bei beiden Diensten kann man den Twitter-Account scannen lassen und mit Usern auf Mastodon abgleichen. Wenn die Suche durchgelaufen ist, könnt ihr jeweils eine CSV-Datei mit allen gefundenen Kontakten herunterladen. Die dann in den Mastodon-Einstellungen importieren (EinstellungenImportieren und ExportierenDatenimport → Prüfen, dass Folgeliste und Zusammenfügen ausgewählt sind → Datei auswählen und Hochladen) und schon kann’s losgehen. Den Vorgang könnt ihr übrigens alle paar Tage mal wiederholen – wie gesagt, gerade wechseln viele Leute neu herüber.

Sinnvoll ist auch, bei Twitter zu posten, dass ihr jetzt auch bei Mastodon am Start seid, den Link in die eigene Bio zu packen. So finden euch nämlich auch Twitter-Follower, die in Zukunft wechseln.

Ansonsten werft mal einen Blick auf den Lokal-Tab in eurem Mastodon-Profil. Dort seht ihr die jüngsten Posts anderer Leute bei euch auf der Instanz. Unter Föderation gibt’s eine Auswahl neuer Posts im gesamten Netz, da ist für mich aber die Signal-to-Noise-Ratio etwas zu niedrig.

Was, wenn ihr beim Surfen auf interessante Accounts stoßt und denen folgen wollt? Firefox-User können sich die Erweiterung Simplified Federation installieren. Ansonsten kopiert euch den Link zum User oder Post und fügt den bei euch in die Suche ein, dann könnt ihr dem Account folgen. Ja, das ist minimal komplizierter als bei Twitter, hat aber technische Gründe und liegt an den verteilten Instanzen.

Ein Unterschied zu Twitter: Die Mastodon-Suche funktioniert nicht global, sondern nur zu Posts auf der eigenen Instanz und mit dieser Instanz verbundenen. Es gibt außerdem keine Volltext-Suche – sucht stattdessen nach Hashtags und verseht auch eure eigenen Posts mit Hashtags, um sie durchsuchbar zu machen.

Schritt 3: App installieren

Mastodon hat offizielle Apps. Weil’s aber ein offizielles API gibt, das in keiner Weise beschränkt ist wie bei Twitter und anderen Plattformen, kann man auch aus zahlreichen alternativen Apps und Oberflächen auf vielen Plattformen wählen. Ich selbst nutze für Android die App Tusky, diverse iPhone-Kollegen empfehlen Metatext. Aber es gibt da noch viel mehr Clients, auch für den Desktop und Webbrowser. Einen groben Überblick gibt es auf der offiziellen Mastodon-Site (dort runterscrollen).

Was ist mit Crossposting?

Zweifellos werden jetzt einige von euch nach Tools zum Crossposting zu Mastodon und Twitter gleichzeitig fragen. Verständlich, aber ich würde ehrlich gesagt davon abraten, die zu verwenden. So gebt ihr dem Netzwerk keine echte Chance, für euch einen eigenständigen Nutzen zu entwickeln, den Charakter des Fediverse und die Kultur von Mastodon zu erforschen. Das ist freilich meine Privatmeinung. Ein beliebtes Crosspost-Tool ist moa.party.

Viel Spaß auf Mastodon!

Ich wünsche euch viel Spaß beim Erforschen von Mastodon und dem Fediverse. Weil das alles kostenlos, quelloffen und ohne Werbung ist, denkt dran, euren Serverbetreibern und Moderatoren, falls möglich, ein paar Euro zu spenden. Mastodon selbst wird überwiegend von einem Typen gemacht, Eugen Rochko (hier im Interview mit dem Time-Magazine), der mir ziemlich stabil erscheint. Dem könnt ihr auch per Patreon etwas zukommen lassen, wenn’s euch gefällt. Ansonsten: Gebt Mastodon Zeit. Seid kreativ, seid neugierig, seid exzellent zueinander.

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